Weisses Haus kündigt Verfügung Trumps an wegen Streit um Twitter und Co

Weisses Haus kündigt Verfügung Trumps an wegen Streit um Twitter und Co
US-Präsident Donald Trump.

Washington – Nach Donald Trumps Empörung wegen des ersten Faktenchecks eines seiner Tweets hat das Weisse Haus eine Verfügung des US-Präsidenten zu Online-Plattformen angekündigt. Laut Medienberichten könnte Trump dabei den umfassenden rechtlichen Schutz der Dienste ins Visier nehmen – einen Grundpfeiler, der Facebook, Twitter und YouTube in ihrer heutigen Form erst möglich gemacht hat. Trump hatte zuvor gedroht, soziale Medien zu regulieren oder ganz zu schliessen, wenn sie «konservative Ansichten» unterdrückten.

Offizielle Angaben zum Inhalt der Präsidenten-Verfügung gab es zunächst nicht. Eine Sprecherin des Weissen Hauses sagte am Mittwochabend (Ortszeit) auf Trumps Rückflug von Cape Canaveral nach Washington Angaben mitreisender Journalisten zufolge lediglich, Trump werde an diesem Donnerstag eine Verfügung zu sozialen Medien unterzeichnen.

Twitter unterzieht Trump-Tweet einem Faktencheck
Hintergrund ist, dass der Kurznachrichtendienst Twitter – Trumps bevorzugte Plattform – erstmals einen Tweet des Präsidenten einem Faktencheck unterzogen hatte. Trump hatte in seiner Twitter-Nachricht behauptet, dass Briefwahl Wahlbetrug Vorschub leiste, was der Faktencheck als irreführend einordnete. Trump warf Twitter daraufhin vor, sich in die US-Präsidentschaftswahl im November einzumischen.

Die «Washington Post» berichtete unter Berufung auf einen Entwurf der Verfügung, das Wirtschaftsministerium solle die Telekommunikations-Aufsicht FCC dazu aufrufen, den Geltungsbereich einer als «Section 230» bekannten Regelung zu prüfen.

Gemäss der Regelung, die Teil eines Gesetzes von 1996 ist, werden Online-Dienste nicht für von Nutzern veröffentlichte Inhalte wie Kommentare und Videos haftbar gemacht. Zugleich erlaubt die «Section 230» den Plattformen, gegen bestimmte Inhalte oder Nutzer vorzugehen. Andere Medien berichteten ähnlich unter Berufung auf ungenannte Quellen. Das «Wall Street Journal» schrieb unter Berufung auf Experten, dass die Verfügung schnell vor Gericht angefochten werden dürfte.

Der Entwurf sieht den Berichten zufolge zudem vor, die unter anderem für Verbraucherschutz zuständige Aufsichtsbehörde FTC mit der Prüfung von Beschwerden über politische Voreingenommenheit zu betrauen. Zudem sollen Bundesbehörden dazu verpflichtet werden, ihre Ausgaben für Werbung in sozialen Medien zu überprüfen. FCC und FTC sind unabhängige Behörden.

Trump schrieb am Mittwochabend auf Twitter, grosse Technologiekonzerne unternähmen alles, was in ihrer Macht stehe, um vor der Präsidentschaftswahl im kommenden November Zensur auszuüben. «Wenn das geschieht, haben wir unsere Freiheit nicht mehr. Das werde ich niemals zulassen!» Trump bemüht sich im November um eine zweite Amtszeit.

Twitter-Chef Dorsey lässt sich nicht beirren
Twitter-Chef Jack Dorsey übernahm die Verantwortung, nachdem der zuständige Manager des Kurznachrichtendienstes von Trump-Anhängern online massiv angegriffen worden war. «Es gibt jemanden, der letztendlich für unsere Handlungen als Unternehmen verantwortlich ist, und das bin ich. Bitte lassen Sie unsere Mitarbeiter aus dem Spiel.»

Man werde weiterhin «auf falsche oder umstrittene Informationen» über Wahlen weltweit hinweisen. Das mache Twitter nicht zum «Schiedsrichter über die Wahrheit», twitterte Dorsey mit Blick auf eine entsprechende Äusserung von Facebook-Chef Mark Zuckerberg. Twitter versah unterdessen auch Tweets des chinesischen Aussenamtssprechers mit Spekulationen über den Ursprung des Coronavirus mit einem Faktencheck-Hinweis.

Zuckerberg hatte zuvor in einem Interview des Trump wohlgesonnenen Senders Fox News gesagt, Facebook fahre eine andere Linie als Twitter. «Ich glaube einfach fest daran, dass Facebook nicht der Schiedsrichter über die Wahrheit bei allem sein sollte, was die Leute online sagen.» Das ist seit Jahren der Kurs von Facebook, obwohl es bei dem Online-Netzwerk auch viele Faktenchecks gibt. Facebook lässt jedoch grundsätzlich keine Faktenchecks bei Äusserungen von Politikern zu – obwohl das Online-Netzwerk dafür stark kritisiert wurde. Fox News zeigte zunächst nur wenige Sätze aus dem Zuckerberg-Interview, so dass unklar blieb, ob er sich nicht differenzierter äusserte.

Mehr als 80 Followers
Dem US-Präsidenten folgen auf Twitter mehr als 80 Millionen Menschen – ein über Jahre aufgebautes Publikum, das er nicht schnell zu einem anderen Dienst übertragen kann. Dem Kurznachrichtendienst wurde wiederholt vorgeworfen, nicht gegen falsche, irreführende oder beleidigende Tweets Trumps vorzugehen. Zuletzt sorgte für Kritik, dass Trump auf Twitter eine Verschwörungstheorie über einen vermeintlichen Mord anheizt, obwohl der Witwer des Opfers inständig darum bittet, das zu unterlassen.

Trump wollte am Mittwoch in Cape Canaveral dem ersten bemannten Flugtest einer US-Raumkapsel seit knapp neun Jahren beiwohnen. Wegen schlechten Wetters wurde der Start auf Samstag verschoben. (awp/mc/ps)

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