Wenn ein Film das Denken verändert: «Pandora’s Promise»

Wenn ein Film das Denken verändert: «Pandora’s Promise»

Steward Brand, Ikone der amerikanischen Umweltbewegung, Autor von «The Whole Earth Catalog»

Zürich – Kaum ein Thema vermag die Gesellschafts-Debatte so fundamental in «Gut» und «Böse» zu spalten wie die Atom-Energie. Nach Three Mile Island, Tschernobyl und Fukushima werden die Todesfälle als Folge von Reaktor-Unfällen in Millionenhöhe prognostiziert. Zudem hat die militärische Verwendung der Atomtechnologie das Thema nachhaltig negativ geprägt. Eine Prämisse, die auch für Robert Stone’s «Pandora’s Promise» im Vordergrund stand. Umso überraschender das Ergebnis seines Dokumentarfilms: Atom-Energie ist eine der sichersten Energiequellen, und auf dem Weg zu einer umweltbewussten Gesellschaft unverzichtbar.

Von Helmuth Fuchs

Die überzeugendsten Argumente in Stone’s Film sind die Protagonisten, alles frühere Kritiker oder Gegner der Atomenergie, die sich heute für die Nutzung der Nuklear-Energie einsetzen, unter ihnen:

  • Stewart Brand, eine Ikone der amerikanischen Umweltbewegung, Autor von «The Whole Earth Catalog».
  • Mark Lynas, bekannter britischer Autor («High Tide: The Truth About Our Climate Crisis»), Journalist und Umweltaktivist.
  • Michael Shellenberg, amerikanischer Umweltaktivist, Gründer «The Breakthrough Institute»

Allen ist gemeinsam, dass sie nach einer intensiven Auseinandersetzung mit dem Thema, dem Studium der statistisch verfügbaren Informationen aus unverdächtigen Quellen wie der UNO oder der WHO und eigenen Recherchen und Beobachtungen an den Orten der tragischsten Unfälle wie Tschernobyl oder Fukushima ihre Position geändert haben und sich heute für die Verwendung der nuklearen Energie aussprechen.

Abfallproblem
Eines der zentralen Argumente der Kernkraft Gegner ist die nach wie vor ungelöste Frage der Entsorgung der atomaren Rückstände. Hierzu beleuchtet der Dokumentarfilm zwei Aspekte:

  1. Im Vergleich zu jeder anderen heute im grösseren Stil eingesetzten Energiequelle hinterlässt die Atomenergie eine vernachlässigbar geringe Menge an Rückständen. Die gesamten Rückstände der atomaren Verbrennungsprozesse der USA bis zum heutigen Tag finden Platz in einem Kubus mit der Fläche eines Fussballfeldes und der Kantenhöhe von drei Metern.
  2. Im Vergleich zu jeder anderen Energieform belastet die Atomenergie die Umwelt nur minim. Beim eigentlichen Verbrennungsprozess fällt kein CO2 an, die Atmosphäre wird nur unwesentlich aufgeheizt.

In den USA wurde zudem vor rund zwanzig Jahren ein Reaktortyp entwickelt, der die atomaren Rückstände nochmals massiv verringerte und das Risiko einer Kernschmelze durch eine unterbrochene Kühlung eliminierte. Das Projekt zum Bau eines IFR (Integral Fast Reactor) des Argonne National Laboratory in Illinois stand kurz vor der Fertigstellung, als nach der Wahl von Bill Clinton 1992 von der Regierung aus politischen Gründen der Stopp des Projektes beschlossen wurde. Eine im Jahre 2001 durchgeführte umfassande Studie von verschiedenen amerikanischen Universitäten im Auftrag des Verteidigungsministeriums kam zum Schluss, dass IFR das beste Design aller Reaktorentwürfe der vierten Generation aufweist.

Energiebedarf der sich entwickelnden Länder
Während in den entwickelten Ländern intensiv darüber diskutiert wird, wie der wachsende Energiebedarf gebremst werden kann (zum Beispiel «Die 2000 Watt Gesellschaft» in der Schweiz), wächst der Energiebedarf in den massgebenden Schwellenländer explosionsartig. Da die Lebensqualität (Gesundheit, Bildung, Arbeit) in direktem Zusammenhang mit der verfügbaren Energie steht, ist in den kommenden Jahrzehnten eine Reduktion des Energieverbrauches in der Entwicklung von Schwellenländern zu entwickelten Ländern illusorisch. Am Beispiel Chinas zeigt sich, dass hier nur die Wahl getroffen werden kann zwischen den Quellen der Energie (Kohle oder Atomkraft).

Auch in Europa wählen einzelne Länder im Umgang mit ihrer Energie-Gewinnung völlig unterschiedliche Wege. Frankreich hält fest am Atomstrom, was zu relativ tiefen Kosten und wenig Umweltbelastung im Normalbetrieb führt. Deutschland hat den Weg des Ausstiegs aus der Atomenergie gewählt. Da Sonnen- und Windenergie die entstehende Lücke nicht decken können, kommen vermehrt Kohle und Atomstrom aus dem Ausland zum Einsatz. Die Folge davon ist ein erhöhter CO2-Ausstoss und die Abhängigkeit von ausländischer Energie.

Denkbarrieren durchbrechen
Stone’s Dokumentarfilm stellt wichtige Fragen und gibt überraschende Antworten und Einblicke. Auch als Atomenergie-Skeptiker kommt man nicht darum herum die Bedürfnisse der sich entwickelnden Länder, die stetige Zunahme des Energiebedarfes, die Umweltbilanz der wichtigsten Energiequellen, die unmittelbaren und mittelbaren Risiken für die Bevölkerung und die tatsächlichen Opfer der Energiegewinnung zu gewichten und dann eine Entscheidung für die kommenden Generationen zu treffen.

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