Alles zu niedrig: Wachstum, Rendite und Inflation

Alles zu niedrig: Wachstum, Rendite und Inflation

Jörg Zeuner, Chefökonom VP Bank.

Zürich – Die VP Bank präsentiert ihren ökonomischen Ausblick 2012: Wachstum und Rendite, aber auch die Inflation bleibt weltweit auf tiefem Niveau. Asien ist 2012 erneut der Motor der Weltwirtschaft. Anlagechancen bieten vor allem Anleihen von Unternehmen und Schwellenländern.

Die VP Bank Gruppe erwartet einen enttäuschenden Start ins neue Jahr, führt Chefökonom Dr. Jörg Zeuner anlässlich eines Pressetermins aus. Die Eurozone dürfte sogar die niedrigen Erwartungen nicht ganz erfüllen. Erst die zweite Jahreshälfte bringt eine Besserung – zu spät für einen erneuten Anstieg der Inflation auf gesunde 2-3 % noch vor Ende 2012. Die zukünftige Zusammensetzung der Eurozone wird spätestens in der zweiten Jahreshälfte Gestalt annehmen. In der Schweiz überwiegen auch im neuen Jahr die Deflationsrisiken.

Die VP Bank empfiehlt Anlegern, sich zunächst auf Unternehmensanleihen in allen Ratingsegmenten zu konzentrieren. Die internationalen Aktienmärkte erholen sich erst nach dem erwarteten beherzten Eingreifen der Europäischen Zentralbank (EZB) in die Schuldenkrise. Renditedifferenzen zwischen den einzelnen Euroländern bleiben aber auch nach Ende der Vertrauenskrise bestehen.

Euroraum weiter in der Krise
Die VP Bank Gruppe rechnet in der Eurozone mit negativen Wachstumsraten in der ersten Jahreshälfte. Das mangelnde Vertrauen in das Krisenmanagement der europäischen Regierungen belastet die Stimmung in der Realwirtschaft und an den Finanzmärkten. Die europäischen Banken konsolidieren ihre Bilanzen, um einer staatlichen Beteiligung im Rahmen von Kapitalerhöhungen zu entgehen. Gleichzeitig nehmen die Nettokapitalzuflüsse aus dem Ausland ab.

Vielen Euroländern stehen weitere grosse Anpassungen am Arbeitsmarkt bevor. Die Reallöhne werden vielerorts sinken müssen, wenn man im Euro bleiben will. Ansonsten steigt die Arbeitslosigkeit so lange weiter, bis eine hinreichende Arbeitsproduktivität erreicht ist. Der Verkaufdruck bei italienischen Staatsanleihen erzwingt eine umfassende Lösung, vermutlich mit massgeblicher Beteiligung der EZB als «lender of last resort» und unter Umständen ohne Griechenland.

USA und Schweiz wachsen bescheiden
Die USA und die Schweiz wachsen auch 2012 schneller als die Eurozone. Die Wachstumsprognose der USA bewegt sich bei 1.5 %, jene der Schweiz bei 1.0 % – gleichauf mit Deutschland. Trotzdem stagnieren fast überall die realen Pro-Kopf-Einkommen oder sinken sogar leicht. Die Schweiz kann sich notfalls mit weiteren fiskal- und währungspolitischen Eingriffen den negativen konjunkturellen Entwicklungen in der Eurozone zum Teil entziehen. Solche Gegenmassnahmen würden auch den Leistungsbilanzüberschuss der Schweiz vor noch grösseren Kapitalzuflüssen schützen.

Weiche Landung in Asien dank Binnennachfrage
China gelingt eine weiche Landung, wobei das chinesische Wachstum 2012 im hohen einstelligen Bereich verbleibt. Vor allem der Bausektor wird aufgrund von Überkapazitäten Rückschläge hinnehmen müssen. Deutlich fallende Inflationsraten öffnen die Tür für Zinssenkungen in der gesamten Region. Zu den Wachstumslokomotiven in Asien zählen China, Indien und Indonesien.

Asien konnte in der Vergangenheit dank niedriger Lohnkosten und unterbewerteter Wechselkurse sehr erfolgreich Güter und Dienstleistungen am Weltmarkt absetzen. Die steigenden Einkommen führen jetzt zu einer höheren Konsumgüternachfrage. Die erwartete Wachstumsschwäche der Industrieländer wird den Wachstumsprozess zusätzlich in Richtung Binnenkonsum verlagern. Die VP Bank rät ihren Kunden, in Form eines Aktienkorbs an diesem Prozess zu partizipieren.

Insgesamt präsentieren sich die Schwellenländer im kommenden Jahr uneinheitlich. Während die lateinamerikanischen Volkswirtschaften in etwa auf dem Niveau des Vorjahres wachsen sollten, drohen den exportstarken osteuropäischen Ländern wirtschaftliche Rückschläge aufgrund deutlich gedrosselter Auftragseingänge aus der Eurozone.

Deflationsrisiken überwiegen weiterhin
«Die Inflation ist 2012 zu niedrig, die Gefahr einer Deflation besteht fort. Die EZB könnte sich daher ohne Weiteres einer möglichen Verkaufswelle europäischer Staatsanleihen entgegenstellen», führt Dr. Jörg Zeuner aus. In Europa, insbesondere in Deutschland, überwiegt jedoch nach wie vor die Angst vor Inflation; die Kosten eines Staatsbankrotts werden immer noch geringer eingeschätzt. Weitere Faktoren bremsen die Teuerung: Die Beschleunigung der Konjunktur in der zweiten Jahreshälfte fällt zaghaft aus; Kapazitäten bleiben frei. Daher dürften auch die Inflations-erwartungen niedrig bleiben. Fallende Hauspreise in den USA und der starke Franken sind zusätzliche Sonderfaktoren, die die Preissteigerung bremsen.

Unternehmen als Stütze der Konjunktur
Die Unternehmensgewinne wachsen auch 2012, selbst innerhalb Europas. Zwar sind vom Binnenmarkt keine Impulse zu erwarten, die europäischen Unternehmen profitieren aber von ihren internationalen Handelsbeziehungen. Rund 43 % des Umsatzes werden ausserhalb des wachstumsschwachen Europas erwirtschaftet. Die Unternehmen können das schwache Wachstum aufgrund ihrer starken Bilanzen abfedern. Die strenge Kostendisziplin wird aufrecht erhalten.

Anlageempfehlung der VP Bank
Dr. Jörg Zeuner empfiehlt Neuanlagen vor allem in Unternehmensanleihen. Die Risikoprämien versprechen im Gegensatz zu den Staatsanleihen hoher Bonität eine niedrige, aber positive Realverzinsung. Die Bilanzkennzahlen, vor allem die Liquiditätsausstattung, sprechen für ein angemessenes Rendite-Risiko-Profil. In welchem Ratingsegment sich der Anleger engagiert, sollte in Abhängigkeit der individuellen Risikobereitschaft entschieden werden.

Die Risiken am Staatsanleihenmarkt bleiben sehr hoch. Die zum Teil übertriebenen Zinsdifferenzen europäischer Staatsanleihen zu Bundesanleihen sind erst dann ein attraktiver Einstieg, wenn die Eurozone ihre Glaubwürdigkeit zurückgewonnen hat. Dann rechnet die VP Bank mit deutlichen Verlusten bei den teuren Bundesanleihen, US-Staatsanleihen und Eidgenössischen Anleihen. Aufgrund der einseitigen Zinsrisiken empfiehlt die VP Bank daher weiterhin kurze Laufzeiten. Hartwährungsanleihen vieler Schwellenländer entziehen sich den Turbulenzen an den Finanzmärkten. Der solide makroökonomische Datenkranz macht sie deshalb zur interessanten Investmentalternative zu Anleihen aus der Eurozone.

Trotz moderater Bewertungen sind die Aktienkurse in den vergangenen Jahren nicht im selben Ausmass gestiegen wie die Gewinne. Die schwache Konjunktur und die anhaltenden Unsicherheiten hinterlassen ihre Spuren. Im Verlauf des Jahres sollte an den Börsen ein verhaltener Optimismus allmählich zurückkehren. Aktien werden dann unter Umständen auch vom beherzten Eingreifen der EZB profitieren. (VP Bank/mc/pg)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert