Athen verfehlt Sparziel: Defizit höher als verabredet

Athen verfehlt Sparziel: Defizit höher als verabredet

Athen – Hiobsbotschaft aus Athen: Schuldensünder Griechenland wird das für dieses Jahr gesteckte Sparziel verfehlen. Das Defizit könne nicht wie mit der EU, dem Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Europäischen Zentralbank (EZB) verabredet auf 7,6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) gedrückt werden, gab das griechische Finanzministerium am Sonntagabend bekannt. Stattdessen würden 8,5 Prozent erwartet. Ursache sei der Konjunktureinbruch.

Ausserdem werde die griechische Wirtschaft im laufenden Jahr um 5,5 Prozent schrumpfen, heisst es in der Erklärung des Ministeriums, die der Nachrichtenagentur dpa vorlag. Für nächstes Jahr wird ein Defizit von 6,8 Prozent des BIP erwartet. Das griechische Eingeständnis des verfehlten Sparziels sei keine Überraschung, kommentierte der stellvertretende SPD-Fraktionschef Joachim Poss. «Eine stärkere Haushaltskonsolidierung ist bei einem Minus im Wirtschaftswachstum von mehr als fünf Prozent nicht zu schaffen.»

Griechischer Haushalt 2012 ohne Neuverschuldung
In Athen verabschiedete der Ministerrat am Sonntagabend den Haushalt für 2012, der erstmals ohne Neuverschuldung auskommen soll. Das Budget sieht Einsparungen von insgesamt 6,6 Milliarden Euro vor. Dies sei mit der sogenannten «Troika» – Experten von EU, EZB und IWF, die Grünes Licht für die Auszahlung einer weiteren Kredittranchen an Athen geben müssen – vereinbart worden. Um die Ausgaben zu drücken, will Athen ausserdem erstmals seit mehr als 100 Jahren Staatsbedienstete entlassen. Auch darüber beriet der Ministerrat unter Vorsitz von Ministerpräsident Giorgos Papandreou. Offizielle Erklärungen dazu gab es zunächst aber nicht.

Bis zu 30’000 Stellen sollen wegfallen
Konkret geht es um bis zu 30.000 Stellen. Wie griechische Medien übereinstimmend berichteten, sollen bis Jahresende etwa 20.000 Staatsbedienstete, die ein bis zwei Jahre vor der Pensionierung stehen, in Frührente gehen. Weitere 1.000 Stellen sollen im Zuge von Behördenschliessungen ganz wegfallen. Weitere 6.000 bis 7.000 auf Zeit beim Staat Beschäftigte sollen ebenfalls gehen. Auch 3.000 Angestellte bei Betrieben, die vom Staat abhängig sind, sollen entlassen werden. Die grössten Gewerkschaften des Landes kündigten vehementen Widerstand an, man werde mit Streiks und Demonstrationen reagieren.

Börsen auf Talfahrt
Die Börsen gingen auch wegen der Krisen-Unsicherheit auf Talfahrt: In Tokio schloss der Nikkei-Index für 225 führende Werte am Montag mit einem Minus von 1,78 Prozent bei 8.545,48 Zählern. Zwischenzeitlich war das Börsenbarometer sogar um fast 3 Prozent abgesackt. Der Dax fuhr bis zum späten Mittag ein Minus von 2,5 Prozent auf 5.365 Zählern ein. Der Euro sank auf seinen tiefsten Stand seit Mitte Januar. Im Tief kostete die Gemeinschaftswährung am Montagmorgen 1,3315 US-Dollar und damit rund einen Cent weniger als am Freitagabend.

Treffen der 17 Euro-Finanzminister
Ganz im Zeichen der Euro-Schuldenkrise steht auch das Treffen der Finanzminister der 17 Euro-Länder am heutigen Montag in Luxemburg. Über die Auszahlung der acht Milliarden Euro Kredittranche an Griechenland wird die Ministerrunde jedoch noch keine Entscheidung treffen, dafür ist ein Sondertreffen am 13. Oktober geplant. Umstritten ist aber auch noch immer die Forderung Finnlands nach Extra-Garantien für Kredite an Griechenland. Athen kann die Löhne der Staatsbediensteten und Rentner nur noch für diesen Oktober zahlen. Danach wäre das Land pleite.

EFSF im Fokus
Zentrales Thema des Luxemburger Treffens wird die Ausweitung des Krisenfonds für wackelnde Euro-Staaten EFSF sein. Die Kassenhüter dürften sich dabei über Spekulationen zu einer effektiveren Verwendung der EFSF-Mittel durch die Mobilisierung von Fremdkapital (Hebelwirkung) austauschen. Der Krisenfonds EFSF kann derzeit 440 Milliarden Euro Notkredite vergeben. An dem Treffen nimmt Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) teil. (awp/mc/upd/ ps)

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