Neue Beschattungs-Vorwürfe bei Credit Suisse

Neue Beschattungs-Vorwürfe bei Credit Suisse
CS-Hauptsitz am Zürcher Paradeplatz. (Foto: Credit Suisse)

Zürich – Die Credit Suisse untersucht einen möglichen neuen Beschattungsfall. «CS wird die in den Medien dargestellten neuen Erkenntnisse mit internen und externen Abklärungen überprüfen», sagte ein Banksprecher am Dienstag.

Auslöser der Untersuchung ist ein Artikel der «Neue Zürcher Zeitung» (NZZ). Demnach wurde der damalige Personalchef Peter Goerke im Februar 2019 drei Tage lang verdeckt überwacht. Die Umstände deuteten darauf hin, dass Credit Suisse über einen Mittelsmann den Auftrag zu dieser Beschattung gegeben habe, berichtet die Zeitung in ihrer Dienstags-Ausgabe.

Doch kein Einzelfall?
Damit geraten Konzernchef Tidjane Thiam und Präsident Urs Rohner erneut in den Fokus, nachdem sie die Überwachung eines anderen CS-Managers im Herbst als isoliertes Ereignis bezeichnet hatten.

Laut «NZZ» ist Goerke am 22. Februar mutmasslich nach Manchester geflogen. In der Zeitung war auch ein Foto abgedruckt, das Goerke auf dem Flughafen Zürich zeigen soll. Am Abend des selben Tages sei er nach Zürich zurückgekehrt und nach Hause in den Zürcher Vorort Küsnacht gefahren.

Gegen Mitternacht hätten die Beschatter die Operation mit dem Decknamen «Küsnacht», die am 20. Februar begonnen habe, beendet. Der NZZ lägen Dokumente vor, die die Überwachung belegten. Warum Goerke beschattet wurde, sei nicht bekannt. Nur vier Tage später gab Credit Suisse bekannt, dass Goerke aus der Geschäftsleitung ausscheide und Senior Advisor der Bank werde. Der Schweizer hatte bereits beim Versicherer Prudential für Thiam gearbeitet.

Privater Streit
Der Fall erinnert an ein anderes Ereignis, das nicht nur dem Ruf der Credit Suisse, sondern dem gesamten Schweizer Finanzplatz Schaden zufügte. Im September war der Chef des Internationalen Vermögensverwaltungsgeschäfts, Iqbal Khan, beschattet worden.

Dem voraus ging ein Streit zwischen Thiam und seinem möglichen Nachfolger Khan auf einer privaten Party. Danach war das Tuch zwischen den beiden zerschnitten. Khan trat Mitte des Jahres bei CS zurück und begann im Oktober beim Erzrivalen UBS.

Credit Suisse wollte offenbar verhindern, dass Khan Mitarbeiter oder Kunden zu seinem neuen Arbeitgeber mitnimmt und liess ihn beschatten. Doch nach einem filmreifen öffentlichen Streit zwischen Khan und einem der Detektive in der Zürcher Innenstadt flog der Fall auf. Die Bank gab bei der Anwaltskanzlei Homburger eine Untersuchung in Auftrag. Homburger kam zum Schluss, Thiam habe von der Überwachung nichts gewusst. Stattdessen übernahm Thiams Vertrauter, der für das operative Geschäft zuständige Pierre-Olivier Bouee, die Verantwortung und trat zurück.

Rückschlag für CS
Credit Suisse erklärte, die Homburger-Untersuchung zum Fall Khan habe keine Hinweise ergeben, dass weitere Mitarbeiter beschattet wurden. Dies gelte auch für Goerke. «Dieser Punkt ist heute, zweieinhalb Monate nach der Untersuchung von Homburger, erstmals aufgekommen.» Weiter wollte sich die Bank nicht äussern. Goerke konnte für eine Stellungnahme nicht erreicht werden.

Vergangene Woche berichtete zudem das «Wall Street Journal», eine ehemalige Managerin habe gegenüber US- und Schweizer Behörden erklärt, dass sie 2017 während einer Auseinandersetzung mit der Bank überwacht worden sei. Credit Suisse erklärte, die Vorwürfe entbehrten jeder Grundlage.

Der NZZ-Bericht ist ein Rückschlag für die Credit Suisse, die gehofft hatte, aus den negativen Schlagzeilen zu kommen. «Thiam muss wirklich deutlich machen, dass diese Dinge nicht noch einmal passieren werden», erklärte einer der Top-50-Investor. Zudem müsse die Bank im Tagesgeschäft liefern. Doch auch hier kämpft das Institut mit Gegenwind. Erst vergangene Woche ruderte Credit Suisse bei den Zielen zurück. Die Aktie, die seit Thiams Amtsantritt fast die Hälfte an Wert verloren hat, gab am Dienstag erneut nach. (awp/mc/ps)

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