Damian Hallenbarter, Leiter Banking bei Inventx, im Interview

Damian Hallenbarter, Leiter Banking bei Inventx, im Interview
Damian Hallenbarter, Leiter Banking bei Inventx, im Interview (Bild: Inventx)

Von Helmuth Fuchs

Moneycab: Herr Hallenbarter, nach 22 Jahren bei der Schwyzer Kantonalbank, zuletzt in der Geschäftsleitung verantwortlich für “Digitalisierung & Services», sind Sie seit 1. März bei der Inventx zuständig für den Bereich Banking. Was hat Sie zum Wechsel bewogen, wie unterscheiden sich die Kulturen der beiden Unternehmen?

Damian Hallenbarter: Nach 15 Jahren in der Geschäftsleitung und mit knapp 50 stellte sich mir die Frage, ob ich noch weitere 10 bis 15 Jahre «more of the same» tun will. Für mich war die Antwort schnell klar: Ich möchte – geprägt von meiner Leidenschaft, das Banking durch geeignete Digitalisierung nachhaltig zu transformieren – nochmals eine neue Challenge annehmen, welche bei einem auf die Finanz-Community spezialisierten Digitalisierungsdienstleister etwas breiter gefasst ist als bei «nur» einer Bank. Wenn man von einer dynamischen Bank herkommt, sind die Kulturen nicht so verschieden. Das IT-Umfeld ist digital wohl etwas vorwärts gerichteter und bei sich ändernden Technologien ganz nah am Puls.

Ein Thema, das Sie weiter begleiten dürfte, ist das Open Banking. Wie beurteilen Sie den Schweizer Weg im europäischen Vergleich, wo nutzen Sie Open Finance-Ansätze für Ihre Kunden?

Ich schätze den Schweizer Weg der Selbstregulierung auch im Kontext des Open Banking sehr. In Europa wird in der Regel alles von Amtes wegen verordnet; dies entspricht grundsätzlich nicht meinem Naturell und liberalen Gedankengut. Wenn der Staat immer alles regulieren muss, funktioniert es am Schluss nicht besser, hierzu gibt es genügend Beispiele – nicht nur im Banking. Die Schweizer Bankenszene ist hervorragend aufgestellt, um die für Banken und Kunden richtigen Open-Finance-Angebote zur Verfügung zu stellen.

«Wenn der Staat immer alles regulieren muss, funktioniert es am Schluss nicht besser, hierzu gibt es genügend Beispiele – nicht nur im Banking.» Damian Hallenbarter, Leiter Banking bei Inventx, im Interview

Die Inventx sieht sich in diesem Kontext als «Enablerin», die den Finanzinstituten mit ihren Beratungs-, Integrations- und Infrastrukturleistungen den Zugriff auf diese Angebote erleichtert: Über unsere ix.OpenFinancePlatform und unseren API-Hub erhalten unsere Kundinnen und Kunden Zugang zu branchenübergreifenden Services wie etwa bLink von SIX und müssen die erforderlichen Infrastrukturen nicht selber aufbauen oder betreiben.

Im eigenen InventxLab erforscht und erprobt die Inventx Technologien «der nächsten Geländekammer». Welches sind die aktuell spannendsten Zukunftsideen und Lösungsansätze für das Banking und welche technologischen Umsetzungen sind absehbar?

Ein hochaktuelles Thema sind sicherlich sämtliche Anwendungsfälle rund um AI. AI hilft dem Menschen – dem Kundenberater einer Bank oder Versicherung ebenso wie der Endkundin oder dem Endkunden – dabei, Fehler zu vermeiden, ganzheitlicher zu denken und so schneller zu richtigen oder besseren Entscheiden zu kommen und Risiken zu minimieren. Die Unterstützung geht quer durch die Bankenprozesslandkarte von der Beratung bis zur Abwicklung End-to-End und schafft somit Effizienz und Effektivität.

«Mit unserer «Quantencomputing Ökosystem-Map» geben wir den Kundinnen und Kunden Orientierung im Hinblick auf Technologien, Use Cases und den Zugängen dazu.»

Zudem arbeiten wir schon heute an Anwendungsszenarien für Quantencomputing. Mit unserer «Quantencomputing Ökosystem-Map» geben wir den Kundinnen und Kunden Orientierung im Hinblick auf Technologien, Use Cases und den Zugängen dazu. Ein brennendes Thema, mit dem wir uns schon heute beschäftigen, ist die quantumsichere Verschlüsselung. Denn neben allen Vorteilen, die die potenzierte Rechenleistung mit sich bringt, geraten zugleich die gängigen Verschlüsselungstechnologien in Gefahr.

Zu diesen sowie weiteren Innovationstreibern wird unser InventxLab an der diesjährigen ix.perience, dem Banken- und Versicherungsforum der Inventx, mit einem Referat und Informationsständen aktuelle Einblicke geben.

Die Angebotspalette von Inventx für Banken reicht von Multi-Cloud Lösungen über Kernbankensysteme bis zu digitalen Arbeitsplätzen, von Consulting bis zum Betrieb. Wo wollen Sie in den kommenden Jahren den Schwerpunkt legen, wo soll das grösste Wachstum stattfinden?

Die Schwerpunkte legen die Kunden, wir unterstützen sie bei ihrer digitalen Transformation. Damit dies gelingt, müssen wir die Wertschöpfungskette der Banken und die damit verbundenen Opportunitäten kennen. Hier kann ich meinen Erfahrungsschatz zum beiderseitigen Nutzen Kunde-Inventx einsetzen. Technologie kann nur helfen, wenn man das darunterliegende Business versteht.

Die Basis für die digitale Transformation bildet ein stabiler, performanter und sicherer Betrieb. Ist dies gegeben, kann man spannende neue Projekte angehen. Hierbei spielen im aktuellen Umfeld Multi-Cloud-Lösungen, der Move der Finnova-Banken auf finnova.neo, aber auch neue, moderne und gemanagte Arbeitsplätze – Digital Workplaces – eine zentrale Rolle. Daneben bin ich überzeugt, dass Sicherheit eine noch wichtigere Rolle einnehmen wird. Hier investieren wir zurzeit sehr stark in die Zukunft.

Das Schreckensszenario jeder Bank dürfte eine erfolgreiche Cyberattacke auf ihre Daten und Systeme sein. Wie kann die Inventx hier ihre Kunden schützen?

Wir tun alles, was derzeit State-of-the-art ist, um solche Attacken abzuwehren. Inventx verfolgt eine ganzheitliche Cybersecurity-Strategie nach dem Zero-Trust-Ansatz. In unserem ix.CyberResilienceCenter arbeiten Analysten und Sicherheitsexperten daran, Attacken zu erkennen, abzuwehren bzw. durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz präventiv zu verhindern. Dabei ist Geschwindigkeit ein wesentlicher Faktor.

Die Bedrohungsszenarien, aber auch die Regulierungen – insbesondere mit Inkrafttreten des FINMA-Rundschreibens zum Management operationeller Risiken und zur Sicherstellung der Resilienz von Banken – sind mittlerweile so komplex, dass kleinere und mittlere Banken gar nicht mehr die personellen, technologischen und finanziellen Ressourcen haben, sich im Alleingang zu schützen. Für sie bieten wir Security als Managed Service mit umfassender branchenspezifischer Kenntnis, der hochautomatisiert und daher weniger fehleranfällig ist – bei dazu noch planbaren Kosten. Ergänzend kann jederzeit qualifizierte Unterstützung bei der Incident-Response-Planung oder der Durchführung von Audits und anderen Massnahmen im Rahmen der Cyber-Security-Strategie geleistet werden.

Die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS verändert den Schweizer Finanzplatz nachhaltig. Wie sieht Ihre Strategie aus, welche sind die aus Ihrer Sicht wichtigsten Entwicklungen des Finanzplatzes, wo sehen Sie die grössten Chancen der Schweiz im internationalen Wettbewerb?

Inventx ist klar in der Schweiz für die Schweiz aufgestellt. In diesem Kontext gibt es meiner Ansicht nach zwei zentrale Themen, die wir mit gezielten technologischen Mitteln unterstützen können: Einerseits betrifft dies den immer grösser werdenden Reg-Tech-Bereich; hier können wir mit Hilfe von z. B. Big Data, Datenvisualisierungstechniken, Cloud-basierten Services, Blockchain-Technologien sowie künstlicher Intelligenz dazu beitragen, compliant zu sein.

«Potenzial steckt für uns in der Unterstützung bei der zunehmenden Regulierung und bei der Implementation Risiko-mitigierender Massnahmen durch den zielgerichteten Einsatz moderner Technologien.»

Andererseits gilt es in der Verarbeitung wie auch in der Beratung AI unterstützend und gewinnbringend im Sinne einer Assistenz einzusetzen.

Kurz zusammengefasst: Potenzial steckt für uns in der Unterstützung bei der zunehmenden Regulierung und bei der Implementation Risiko-mitigierender Massnahmen durch den zielgerichteten Einsatz moderner Technologien.

Die digitale Transformation verändert auch den Finanzsektor grundlegend (Chatbots, digitale Berater, automatisiertes Trading, künstliche Intelligenz und selbstlernende Algorithmen in allen Bereichen). Wie verändert dies die Inventx selbst, wo werden Mitarbeitende überflüssig, wo entstehen neue Stellen?

Es ist wie bei früheren grundlegenden Entwicklungsschritten der Menschheit: Repetitive und einfache Aufgaben werden zunehmend durch Technologie ersetzt. Gleichzeitig werden grosse Rechen- und Analyseleistungen von mächtigen Systemen übernommen. Der Mensch wird aber nach wie vor eine zentrale Rolle spielen. Einerseits im Banking an der Kundenschnittstelle und andererseits bei all der Technologie als «Plausibilisierer» und «Verifizierer» der künstlich-intelligent erzeugten Resultate. Die Ansprüche an die Berufsbilder der Zukunft werden steigen.

«In unserem ix.CyberResilienceCenter arbeiten Analysten und Sicherheitsexperten daran, Attacken zu erkennen, abzuwehren bzw. durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz präventiv zu verhindern. Dabei ist Geschwindigkeit ein wesentlicher Faktor.»

Wir bei der Inventx sind ständig daran, uns den sich ändernden Ansprüchen zu stellen und uns permanent à jour zu halten. Unser InventxLab treibt Ko-Innovation in unserer Kunden-Community voran. Darüber hinaus fungiert es auch als Enabler nach innen, indem es die Mitarbeitenden für den Einsatz neuer Technologien und die Ko-Kreation mit unseren Kundinnen und Kunden befähigt. Dies geschieht durch unsere regelmässig stattfindenden ix.InnovationDays oder durch spezifische interne Wissenstransfer-Formate.

Inventx übernimmt übrigens auch in hohem Masse die Weiterbildungen der Mitarbeitenden und sieht sich als «Talente-Aggregator» für unsere Community.

Bei Ihren Kunden finden sich kleine und grosse Banken, Kantonal-, Regional- und Privatbanken. Was sind die wichtigsten Bedürfnisse und Lösungswünsche von Kundenseite, wo besteht der grösste Bedarf in nächster Zukunft?

Alle unsere Kunden haben einen gemeinsamen Nenner: Sie wollen ihren Kundinnen und Kunden ein optimales Kundenerlebnis bieten – ob vor Ort auf der Bank bzw. in der Versicherungsfiliale oder durch ein durchgängiges Multikanalangebot im Self-Service resp. in der Co-Bedienung. Für den Betrieb der Infrastrukturen und die Ausweitung des digitalen Angebots sind die grossen Themen der Zukunft sicherlich Security, der Weg in die Cloud und AI. Es braucht Strategien und konkrete Roadmaps, wie man als Bank mit diesen Weichenstellungen umgehen will. Das sind initial nicht nur technische, sondern auch Governance- und Unternehmensstrategiefragen. Aufgrund unserer breiten Erfahrung können wir unsere Kunden von der ersten Idee bis zu deren Umsetzung und Betrieb bestens beraten und begleiten.

Welche Projekte haben für Sie bei Inventx im Jahr 2024 die höchste Priorität, welche sind die technisch herausforderndsten?

Zentral ist für mich, meinen Erfahrungsschatz, den ich mitbringe, und die Erkenntnisse, die ich derzeit gewinne, in optimaler Weise zusammenzuführen und den Bankingbereich der Inventx für die Zukunft fit zu halten. Technologie ist ein Enabler für die Innovationskraft und Future-Fitness der Schweizer Banken und die Basis der digitalen Lösungen. Aber es geht nicht um Technologie um der Technologie willen. Die Menschen – deren Bedürfnisse im Back- und Frontoffice der Banken und auf Endkundenseite sowie auch unsere eigenen Mitarbeitenden – stehen bei mir klar im Fokus. Insofern ist für mich prioritär, dass wir in unserer Community gemeinsam gewinnbringende Lösungen finden, die die Banken voranbringen und die die Inventx weiter als Digitalisierungspartner erster Wahl im Markt positionieren.

Zum Schluss des Interviews haben Sie zwei Wünsche frei, wie sehen die aus?

Abgesehen von der persönlichen Gesundheit für alle Beteiligten, welche die Basis für alles darstellt, ist mir ein zentrales Anliegen, die richtigen Skills für die Zukunft bei Inventx zu entwickeln und Mitarbeitende wie Kundinnen und Kunden davon zu begeistern. Und zweitens, dass unsere Kunden von Cyberangriffen verschont bleiben – weil sie jederzeit auf uns und unsere Cybersecurity-Expertise vertrauen können.


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