Ewen Cameron Watt, CIS BlackRock Investment Institute

Ewen Cameron Watt, CIS BlackRock Investment Institute

Ewen Cameron Watt, Chief Investment Strategist bei BlackRock Investment Institute

Von Martin Raab, Derivative Partners Media AG, www.payoff.ch.

payoff im Gespräch mit Ewen Cameron Watt, Chief Investment Strategist, BlackRock Investment Institute über neue Denkanstösse für das Börsenjahr 2014, eine beherzte SNB-Politik und die Vorreiterrolle der Bank of England bei der Zinserhöhung.

payoff: Mr. Cameron Watt, auf welche Taktgeber blickt ein Anlagestratege wenn er seine Prognosen für 2014 schreibt?

Ewen Cameron Watt: Ein wichtiger Taktgeber ist und bleibt die US-Notenbank Fed – ob wir es mögen oder nicht. Dort findet in Kürze der Wechsel von Ben Bernanke an Janet Yellen statt und ich gehe davon aus, dass sie ihren Fokus mehr auf die Beschäftigungssituation legt als auf reine Inflationszahlen. An der behutsamen Abschwächung der Offenmarktankäufe, wie ja bereits von der Fed kommuniziert, wird Yellen festhalten. Zumal es langsam nichts mehr an Obligationen gibt, die die Fed ankaufen kann.

«US-Aktien und US-Treasuries haben inzwischen eine frustrierend hohe Korrelation.»

Die Verlässlichkeit, dass die US-Notenbank Fed für Liquidität sorgt, nimmt also tendenziell ab?

Die Fed wird sicher keinen Crash im Aktienmarkt provozieren oder unüberlegte Handlungen durchführen, aber dennoch sind Anleger – insbesondere in den Anlageklassen Aktien und Obligationen – gut beraten, auf schnell liquidierbare Investments zu setzen. Die Anlageklassen US-Aktien und US-Treasuries haben übrigens inzwischen eine frustrierend hohe Korrelation. Das macht es aktuell Investoren noch ein Stück schwieriger, eine echte Diversifikation im Portfolio zu haben.

Ihr Haus führt eine Art «Bubble-Meter» für US-Aktien. Wie ist der aktuelle Stand dort?

Diese Matrix vergleicht Unternehmensbewertungen und Ertragsentwicklung zur Aktienvolatilität. Derzeit ist es fast auf Niveaus wie vor der Dot-Com-Zeit angelangt. Das Verhältnis der beiden Messgrössen ist dabei entscheidend: Hohe Bewertungen kombiniert mit tiefer Volatilität kann sich schnell zu einem giftigen Cocktail entwickeln.

Wo gibt es attraktiv bewertete Märkte und Segmente ausserhalb des US-Aktienmarkts?

Verstehen Sie mich nicht falsch: Der US-Aktienmarkt kann gut und gerne noch weitersteigen – wichtig ist, dass das Gewinnwachstum nicht zu stocken anfängt. Ausserhalb der USA bietet der japanische Aktienmarkt immer noch attraktive Chancen. Anleger sollten dort aber stets ein wachsames Auge auf die weitere Entwicklung des Yen haben. Die Abwertung war Raketentreibstoff für die Hausse, sie kann aber nicht ewig weitergehen.

Für manche Anleger war der Yen-Absturz allerdings auch eine böse Performancebremse…

Das ist richtig, die Wertentwicklungen differieren teilweise erheblich. BlackRock wird daher nicht müde, auf die Wichtigkeit von währungsgesicherten Anlagen hinzuweisen.

Abseits der Währungsrisiken: Gibt es attraktive Anlagebereiche in Asien ausserhalb Japans?

Zyklische Werte, die in der letzten Zeit vielleicht auch etwas gelitten haben, würden wir hier auf jeden Fall fokussieren. Interessanterweise ist keine der grossen Volkswirtschaften im letzten Jahr mehr als 2% gewachsen. Das spricht nach wie vor für eine Beimischung von Emerging Markets Anlagen in ein ausgewogenes Portfolio. Aber man sollte sich nicht zu unüberlegten Allokationen in solche Länder hinreissen lassen. Unter Umständen drohen mancherorts lokale Währungen in den freien Fall überzugeben und sogar Kapitalverkehrskontrollen. Dennoch erwarten wir, dass die Währungsreserven der Emerging Markets auch im neuen Jahr weiter ansteigen, wenngleich nicht mehr so stark wie in den letzten Jahren.

«Die Bank of England könnte als Erstes an der Zinsschraube nach oben drehen.»

Welche Anlagestrategie empfehlen Sie für Europa?

In Europa erwarte ich nur minimales Wachstum. Das Bankensystem in den europäsichen Peripheriestaaten ächzt unter einem Berg von notleidenden Krediten im Volumen von 1.5 Billionen bis 2 Billionen Euros. Deutschland wird trotz oder vielleicht gerade wegen der neuen Regierungskonstellation die Zeche nicht bezahlen. Andere Freiwillige sieht man keine. Daher bleibt die Eurozone auch im neuen Jahr in einem ziemlich engen Korsett festgeschnürt.

Deutsche Staatsanleihen sollte man demnach besser verkaufen?

Wir schätzen Bundesanleihen, übrigens genauso wie japanische, US-amerikanische und britische Staatsanleihen, als überbewertet ein. Mehr Chancen bieten möglicherweise Unternehmensobligationen aus der Eurozone aber auch von Bond-Emittenten aus den USA.

Was erwarten Sie von der SNB in 2014?

Das lässt sich einfach beantworten: Grosse Kontinuität. Wir gehen nicht davon aus, dass die SNB ihre lockere Notenbankpolitik ernsthaft einschränkt. Auch der Euro-Peg bei 1.20 wird sehr wahrscheinlich eisern verteidigt. Beim generellen Makrobild für die Schweiz ist aber natürlich klar, dass die Schweiz der globalen Konjunktur folgen wird – vielleicht dieses Jahr noch etwas höher korreliert als im letzten Jahr.

Abschliessend: Welche Notenbank wird die Leitzinsen als erstes erhöhen?

Sehr wahrscheinlich die Bank of England. Dort tobt derzeit ein interner Grabenkampf um die besten Strategien, den durch die Regierung angeheizten Immobilienmarkt wieder behutsam abzukühlen. Ich kann mir gut vorstellen, dass wir dort die erste konkrete Reaktion an der Zinsschraube sehen werden.

Herzlichen Dank für das Interview.

Der Gesprächspartner:
Ewen Cameron Watt ist seit April 2011 Chefstratege des BlackRock Investment Institute, dem Think Tank des gleichnamigen US-Vermögensverwalters. BlackRock ist Hüterin von Anlagen im Wert von rund 4’000 Mrd. US-Dollar. Camon Watt starte seine Karriere bei SG Warburg, die vom damaligen Schweizerischen Bankverein übernommen wurde und wechselte als Chef für Emerging Markets zu Merrill Lynch in Hongkong. Ab 1999 stand er in London der Strategiegruppe des Asset-Management-Teils von Merrill vor und arbeitete mit Chief Investment Officer Bob Doll zusammen. Der Amerikaner Doll befasste sich mit grundsätzlichen Anlagefragen, Cameron Watt mit der Portfolioaufteilung. Die Arbeitsteilung blieb nach dem Kauf von Teilen von Merrill Lynch durch BlackRock bestehen, bis Bob Doll vor rund einem Jahr altershalber ausschied. Ewan Cameron Watt ist ein inzwischen weltweit bekannter Vordenker. Der Brite hat sein Büro in London, wohnt in Oxford und erlebt daher fast täglich die Höhen und Tiefen des Bahn-Pendlerlebens.

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