EZB erhöht Zinsen im Euroraum trotz Bank-Turbulenzen deutlich

EZB erhöht Zinsen im Euroraum trotz Bank-Turbulenzen deutlich
EZB-Präsidentin Christine Lagarde. (Bild: Sanziana Perju / ECB)

Frankfurt – Die Euro-Währungshüter stemmen sich mit der sechsten Zinserhöhung in Folge gegen die nach wie vor hohe Teuerung im gemeinsamen Währungsraum. Die Europäische Zentralbank (EZB) hebt den Leitzins erneut um 0,50 Prozentpunkte auf nun 3,5 Prozent an. Das beschloss der Rat der Notenbank am Donnerstag in Frankfurt.

Viele Volkswirte hatten damit gerechnet, dass die EZB an dem in Aussicht gestellten kräftigen Zinsschritt festhält, trotz der Unsicherheit im Bankensektor nach dem Kollaps mehrerer kleinerer US-Banken und Sorgen um die Schweizer Grossbank Credit Suisse . Die EZB betonte: «Der Bankensektor des Euroraums ist widerstandsfähig: Kapital- und Liquiditätspositionen sind solide.»

EZB erwartet geringere Inflation und stärkeres Wachstum
Die EZB geht in diesem Jahr von einer geringeren Inflation und einem stärkeren Wirtschaftswachstum in der Eurozone aus als vor drei Monaten erwartet. Die Notenbank wies am Donnerstag aber auch darauf hin, dass die Vorhersage bereits Anfang März erstellt worden seien, bevor es zu den jüngsten Turbulenzen an den Finanzmärkten kam.

Die Notenbank rechnet in diesem Jahr im Schnitt mit einer Inflationsrate von 5,3 Prozent. In ihrer Dezember-Prognose war die EZB von 6,3 Prozent ausgegangen. Für 2024 sagt sie eine Teuerungsrate von 2,9 Prozent (Dezember-Prognose 3,4 Prozent) voraus. Für 2025 wird eine Rate von 2,1 Prozent (2,3 Prozent) erwartet.

Höhere Teuerungsraten schmälern die Kaufkraft von Verbraucherinnen und Verbrauchern, sie können sich für einen Euro weniger leisten. Steigende Zinsen können hohen Teuerungsraten entgegenwirken, weil sich Kredite verteuern und das die Nachfrage bremst. Stark steigende Zinsen können allerdings Banken unter Druck setzen, wie sich jüngst am Kollaps der Silicon Valley Bank (SVB) in den USA zeigte.

Wachstum von 1 Prozent in 2023 erwartet
Die Wirtschaft im Euroraum wird nach der neuesten EZB-Vorhersage in diesem Jahr um 1,0 Prozent wachsen und damit stärker als die im Dezember noch vorhergesagten 0,5 Prozent. Im kommenden Jahr soll das Bruttoinlandsprodukt um 1,6 Prozent (1,9) zulegen. Für 2025 wird ebenfalls ein Zuwachs der Wirtschaftsleistung um 1,6 Prozent (1,8) erwartet. Der Anstieg fällt damit geringer aus als in den Projektionen vom Dezember erwartet.

Weltweite Finanzkrise unwahrscheinlich
Experten halten eine weltweite Finanzkrise wie nach dem Zusammenbruch der Lehman-Bank vor rund 15 Jahren aktuell aber für unwahrscheinlich. Bundesfinanzminister Christian Lindner betonte, das deutsche Kreditwesen – private Banken, Sparkassen, genossenschaftliche Institute – sei stabil. «Und dafür sorgen wir auch weiter», sagte er am Mittwochabend in der ARD-Sendung «Maischberger».

Der sogenannte Einlagensatz, den Kreditinstitute erhalten, wenn sie Geld bei der EZB parken, steigt nach der Entscheidung des EZB-Rates vom Donnerstag auf 3,00 Prozent. Seit der Kursänderung der EZB im Juli profitieren Sparer von steigenden Zinsen für Tages- und Festgeld. Allerdings mindert die hohe Inflation die Erträge. (awp/mc/pg)

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