Finanzmärkte in Unruhe – Schwellenländer-Währungen im freien Fall

Finanzmärkte in Unruhe – Schwellenländer-Währungen im freien Fall

Argentiniens Staatspräsidentin Cristina Kirchner.

Buenos Aires – Die Schwellenländer sind am Freitag an den Finanzmärkten massiv unter Druck geraten. Ausgehend von Argentinien und der Türkei, wo die Kurse der Landeswährungen ihren freien Fall fortsetzten, nahm die Nervosität deutlich zu. Die europäischen Aktienbörsen gerieten tiefer ins Minus. Anleger flohen in sichere Anlagen wie Staatsanleihen und Währungen grosser Industrieländer sowie Gold.

Als Auslöser der Verunsicherung gelten Wachstumssorgen, politische Unwägbarkeiten und die Furcht vor einer weiteren Billiggeld-Drosselung der US-Notenbank Fed. Das Fass zum Überlaufen brachten laut Händlern jedoch die jüngsten Turbulenzen in Lateinamerika und der Türkei. Die Sorgen um das angeschlagene Argentinien werden immer grösser. Die türkische Lira fällt von einem Rekordtief zum nächsten.

Argentinien knickt ein
Buenos Aires knickt nach und nach unter dem Druck der Finanzmärkte ein: Argentiniens Regierung will ihre Devisenkontrollen offenbar aufgeben – ab kommender Woche sollen Dollarkäufe erlaubt werden. Das sagte Kabinettschef Jorge Capitanich am Freitag in Buenos Aires. Der Peso hatte zuvor die heftigsten Kursverluste seit dem wirtschaftlichen Kollaps im Jahr 2002 erlitten.

Weil der Notenbank die Devisenreserven für Stützungskäufe auszugehen drohen, hatte sie am Donnerstag bereits die Dollarkopplung gelöst und den Wechselkurs deutlich abgewertet. Das kommt laut Händlern einer Kapitulation vor den Märkten gleich, kurz zuvor hatte Staatspräsidentin Cristina Kirchner einen solchen Schritt noch ausgeschlossen. Der Peso hat seit Jahresbeginn 17 Prozent an Wert eingebüsst – so viel wie keine andere Währung der Welt.

‹Fragile Five› unter Druck
Am Devisenmarkt gerieten neben Argentinien vor allem die sogenannten «Fragile Five» – Brasilien, Indien, Indonesien, Südafrika und die Türkei – ins Visier der Investoren. Auch der russische Rubel und der mexikanische Pesos erlitten deutliche Kursverluste. Am Anleihemarkt brachte die Verunsicherung neben den fragilen Schwellenländern auch die angeschlagenen Staaten der Eurozone zurück auf die Verkaufslisten. In Portugal, Griechenland, Spanien und Italien zogen die Risikoprämien zweistellig an.

Die europäischen Aktienmärkte haben am Freitagnachmittag ihre Tagesverluste deutlich ausgeweitet. Der Dax knüpfte an den schwächeren Trend vom Vortag an. Der deutsche Leitindex verlor am frühen Nachmittag 1,28 Prozent auf 9508,07 Punkte – damit steht auch im bisherigen Jahr ein knapper Verlust zu Buche. Zwischendurch war der Index auch unter die Marke von 9500 Punkten gerutscht. Händler verwiesen auf Vorsicht der Marktteilnehmer nach dem Abfluss von Kapital aus Schwellenländern.

Sichere Anlagen profitieren
Profiteure der Nervosität waren sichere Anlagen: Bundesanleihen stiegen deutlich im Kurs. Der richtungsweisende Euro-Bund-Future legte bis zum Mittag um ein halbes Prozent auf 142,75 Punkte zu, die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihe fiel deutlich auf 1,65 Prozent. Die Feinunze Gold (etwa 31 Gramm) verteuerte sich um mehr als fünf Dollar auf 1269 Dollar und erreichte damit den höchsten Stand seit zwei Monaten.

«Die starke Verunsicherung an den Anleihe-, Aktien- und Währungsmärkten von grossen Schwellenländern stützt die Nachfrage nach sicheren Anlageformen», sagte Rainer Sartoris, Volkswirt beim Bankhaus HSBC Trinkaus. Die zuletzt schwächeren Konjunkturdaten aus China hätten die Risikoneigung stark gedämpft. An diesem Freitag hätten die Nachrichten aus Argentinien die Märkte zusätzlich beunruhigt. (awp/mc/pg)

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