Griechenland: Parlament billigt Sparprogramm

Griechenland: Parlament billigt Sparprogramm

Ministerpräsident Giorgos Papandreou.

Athen – Das griechische Parlament hat sich für drastisches Sparen und gegen den Staatsbankrott entschieden. Bei der weltweit mit Spannung beobachteten Abstimmung unterstützten 155 der insgesamt 300 Abgeordneten in Athen den strengen Sparkurs der Regierung. 138 stimmten dagegen, 5 enthielten sich, 2 nahmen an der Abstimmung nicht teil, wie Parlamentspräsident Filippos Petsalnikos bekanntgab.

Damit machte Griechenland den Weg für weitere internationale Milliardenhilfen nahezu frei. Denn am Donnerstag muss Papandreou noch ein Ausführungsgesetz zum Sparpaket durchs Parlament bringen. In Athen kam es derweil erneut zu gewalttätigen Ausschreitungen. Eine Mehrheit für das sozialistische Regierungslager war bis zuletzt nicht sicher, weil einzelne Abgeordnete mit einem Nein gedroht hatten. Am Ende hielt sich jeweils ein Politiker der Regierung und einer der Opposition nicht an die Parteilinie. Für das Paket votierten 154 der 155 Abgeordneten der regierenden Sozialisten und eine Abweichlerin der konservativen Nea Dimokratia.

EU begrüsst Zustimmung
In einer ersten Reaktion zeigte sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) erleichtert über die Entscheidung aus Athen. «Das ist eine wirklich gute Nachricht heute», sagte Merkel am Mittwoch bei einer Finanzmarkt-Konferenz der Unionsfraktion in Berlin. Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) sprach von einem «Lichtblick, nicht nur für Griechenland, sondern für ganz Europa». Auch die Europäische Union begrüsste die Zustimmung des Parlaments in Athen. Nötig sei nun noch ein «Ja» der Abgeordneten zu dem Ausführungsgesetz des Sparprogramms am Donnerstag, teilten EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy und EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso in einer gemeinsamen Erklärung in Brüssel mit. Nach ihrer Einschätzung entfernt sich Griechenland mit dem Parlamentsvotum von dem Katastrophenszenario einer Staatspleite. «Das war ein Votum der nationalen Verantwortung.»

Lob auch seitens IWF
Der IWF hat die Billigung des drastischen Sparprogramms im griechischen Parlament begrüsst. «Das sind gute Nachrichten», sagte der kommissarische IWF-Chef John Lipsky am Mittwoch in Washington. Er betonte, dass damit nicht nur der Weg frei sei für unerlässliches Einsparungen, sondern vor allem für «strukturelle Veränderungen» der griechischen Wirtschaft. Nun müsse Griechenland das Programm umsetzen. Dann sei das Land auf einem erfolgreichen Weg der Stabilität, die positive Auswirkungen auf die globale Wirtschaft haben könnte.

Athen wartet auf nächste Milliarden-Tranche
Regierungschef Giorgos Papandreou will bis 2015 gut 78 Milliarden Euro einsparen. Das ist Voraussetzung für neue Milliardenhilfen, ohne die Griechenland schon in den nächsten zwei bis drei Wochen pleite wäre. Das Land wartet auf die nächsten 12 Milliarden Euro aus dem seit 2010 laufenden 110-Milliarden-Programm von EU und Internationalem Währungsfonds (IWF). Ausserdem soll ein neues Hilfspaket im Umfang von bis zu 120 Milliarden Euro am kommenden Wochenende von den EU-Finanzministern beschlossen werden. Während der Debatte in Athen bezeichnete Papandreou das drastische Sparprogramm für Griechenland als Chance für einen Neubeginn. «Europa hat uns das Vertrauen ausgesprochen, aber nicht für das Griechenland von gestern, sondern für das neue Griechenland», sagte der sozialistische Regierungschef vor der Abstimmung. Finanzminister Evangelos Venizelos bezeichnete die Verabschiedung des Sparprogramms als eine «patriotische Pflicht».

Ausschreitungen während der Debatte
Vor dem Parlament kam es während der Debatte erneut zu Ausschreitungen von militanten Gegnern des Sparprogramms. Die Beamten gingen mit Schlagstöcken und Tränengas gegen die Demonstranten vor. Nach Medienberichten wurden Dutzende verletzt. Das Zentrum Athens glich einer belagerten Stadt. Die Polizei hatte mehrere Zufahrtsstrassen zum Parlament gesperrt. Auch in anderen Städten des Landes demonstrierten Menschen gegen das Sparprogramm. Die Gegner argumentieren, dass Athen bereits mit seinem ersten Sparprogramm gescheitert sei und das neue Vorhaben die Lage des Landes noch weiter verschlimmern werde.

Landesweite Streiks fortgesetzt
Bereits am Dienstag und in der Nacht zum Mittwoch hatten sich Autonome vor dem Parlament Strassenschlachten mit den Sicherheitskräften geliefert. Nach Angaben der Polizei wurden 42 Gewalttäter festgenommen. Mehr als 300 Menschen wurden – überwiegend leicht – verletzt, darunter 38 Polizisten. Die Gewerkschaften setzten am Mittwoch aus Protest gegen das Vorhaben ihre landesweiten Streiks fort. In Athen fuhren keine Züge und Busse. Ministerien und staatliche Unternehmen sowie viele Banken wurden ebenfalls bestreikt. Die Fähren hatten eigentlich fahren sollen, aber Streikposten blockierten in Piräus und anderen Häfen die Anlegestellen, so dass die Schiffe nicht ablegen konnten.

Euro büsst nach Entscheidung Teil seiner Gewinne ein
Die Finanzmärkte reagierten zurückhaltend auf die Entscheidung aus Athen: Der Dax verteidigte aber immerhin die Gewinne aus dem frühen Handel grösstenteils. Zuletzt lag der deutsche Leitindex mit einem Plus von 1,73 Prozent bei 7.294,14 Punkten. In der Spitze war der Dax zuvor in Erwartung eines positiven Votums der Parlamentarier in Athen sogar bis auf 7.320,30 Punkte geklettert. Der Euro reagierte mit leichten Kursverlusten auf die Zustimmung des griechischen Parlaments zum neuen Sparprogramm. Nach der Abstimmung fiel die Gemeinschaftswährung auf 1,4410 Dollar. Im Mittagshandel war der Euro noch auf ein Tageshoch von 1,4447 Dollar gestiegen. (awp/mc/ss/upd/ps)

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