Moody’s: Grossbritannien könnte Top-Rating verlieren

Moody’s: Grossbritannien könnte Top-Rating verlieren

London – Die Ratingagentur Moody’s hat jetzt auch dem von der Bankenkrise gezeichneten Grossbritannien mit einer Aberkennung des Topratings gedroht. Sollte das Wirtschaftswachstum schwach bleiben und die Regierung ihre Konsolidierungsziele verfehlen, könnte die Bestnote von «Aaa» gefährdet sein, sagte Moody’s-Analystin Sarah Carlson der Nachrichtenagentur «Market News International» .

Der Internationale Währungsfonds (IWF) hatte erst am Montag die Wachstumsprognose für Grossbritannien in diesem Jahr von 1,7 auf 1,5 Prozent des Bruttoinlandesproduktes zurückgenommen. Andere Experten nahmen drastischere Kürzungen vor. Das britische Pfund fiel am Mittwoch gegenüber dem Euro und dem US-Dollar nach der Moody’s-Ankündigung deutlich zurück, erholte sich aber wieder. Moody’s hatte bereits den USA mit einer Herabstufung ihrer Kreditwürdigkeit gedroht. Trotz der Drohung bleibt aber der Ausblick für die Bonität Grossbritanniens laut Moody’s vorerst weiterhin «stabil». Damit droht offiziell noch keine Herabstufung durch die Agentur.

Sparpläne eine «politische Herausforderung»
Die schwächeren Wachstumsaussichten alleine gefährdeten noch nicht unmittelbar das Rating, sagte die Moody’s-Expertin. Sollte die Regierung jedoch bei ihren Haushaltsanstrengungen nachlassen, könnte das Rating nicht mehr angemessen sein. Die Sparpläne der Regierung für die nächsten Jahre seien sehr weitgehend und daher eine politische Herausforderung. Grossbritannien sitzt nach Angaben der Nationalen Statistikbehörde derzeit auf einem Schuldenberg von 1,1 Billionen Pfund, 76,1 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Das Haushaltsdefizit betrug zuletzt 10,1 Prozent. Das Land will in den nächsten Jahren mehr als 80 Milliarden Pfund einsparen, um die schwerwiegenden Langzeitfolgen der Finanz- und Wirtschaftskrise in den Griff zu bekommen.

Kahlschlag bei staatlichen Institutionen
Mit den Sparmassnahmen gehen aber auch zehntausende Arbeitsplätze und damit Kaufkraft verloren. Erst am Mittwoch kündigte der grösste Altenheimbetreiber in Grossbritannien die Streichung von 3000 Stellen an. Noch schlimmere Kürzungen drohen etwa bei Polizei und Kommunen. Die Regierung steht deshalb unter massivem Druck. Jüngster Hinweis darauf war zuletzt das Zurückrudern von Premierminister David Cameron bei einer geplanten Reform des Gesundheitswesens.

Sehr schwache Binnennachfrage
Das Wirtschaftswachstum Grossbritanniens wird nach Einschätzung der DekaBank nur sehr verhalten ausfallen. «Vor allem die sehr schwache Binnennachfrage dürfte die Wirtschaftsleistung belasten», sagte Volkswirt Sebastian Wanke, Grossbritannien-Experte bei der DekaBank, der Finanz-Nachrichtenagentur dpa-AFX. Der energische Sparkurs der Regierung belaste das Wirtschaftswachstum. Im laufenden und kommenden Jahr werde das Wachstum bei gut einem Prozent liegen. Wanke erwartet auch bei einer Herabstufung keine grossen Verwerfungen. Zuletzt seien Herabstufungen wie die von Japan von den Märkten kaum beachtet worden, da sie erwartet wurden.  (awp/mc/gh/upd/ps)

 

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