Moody’s sägt an deutschem Spitzenrating

Moody’s sägt an deutschem Spitzenrating

London – Die Spitzenratings von Deutschland, den Niederlanden und Luxemburg sind angesichts der brodelnden Schuldenkrise in Gefahr. Die Ratingagentur Moody’s senkte am späten Montag den Ausblick für alle drei Staaten von stabil auf negativ. Dies kann der erste Schritt auf dem Weg zu einer Abstufung der Kreditwürdigkeit sein. Bislang besitzen alle drei Länder die Bestnote von «Aaa».

Als Grund für die Überprüfung der drei Ratings nannte Moody’s die steigende Unsicherheit über den Ausgang der Schuldenkrise. Es sei immer wahrscheinlicher, dass Griechenland die Eurozone verlassen müsse, schrieben die Experten. Selbst wenn dies nicht passiere, sei davon auszugehen, dass Länder wie Spanien und Italien weitere Hilfen bräuchten. Vermutlich müssten dann die Staaten mit einer sehr guten Bonität die neuen Hilfen schultern.

Deutsches Bankensystem verwundbar
Deutschland und die anderen wirtschaftlich starken Länder der Eurozone haben den schwächeren Partnern bereits unter die Arme gegriffen. Die Hilfen könnten sich nun als Bumerang erweisen, weil sie die Haushalte zu belasten drohen und den finanziellen Spielraum für die Regierungen einschränken. Im Falle Deutschland verwies Moody’s auch auf die «Verwundbarkeit des Bankensystems». Die deutschen Kreditinstitute seien stark in den Problemstaaten engagiert und könnten Rückschläge angesichts ihrer mauen Gewinne nur schlecht abfedern. In der vergangenen Finanzkrise hatte der Staat die Hypo Real Estate auffangen müssen und war bei der Commerzbank eingestiegen.

Solides Wirtschaftswachstum, ausgeglichener Schuldenhaushalt ab 2014
«Die Aussichten für das Wirtschaftswachstum in Deutschland sind solide», betonte das Bundesfinanzministerium in einer ersten Reaktion. Deutschland erwarte ab 2014 einen ausgeglichenen Staatshaushalt. Die Kapitalisierung des Bankensektors habe sich deutlich verbessert. «Auch an den internationalen Finanzmärkten ist das Vertrauen in Deutschland hoch; dies spiegelt sich in den niedrigen Refinanzierungskosten deutscher Anleihen wider.»

Moody’s habe vor allem die kurzfristigen Risiken in den Vordergrund gestellt, «während längerfristige Stabilisierungsaussichten unerwähnt bleiben», kritisierte das Ministerium noch in der Nacht. Die genannten Risiken in der Eurozone seien auch nicht neu. Die Agentur hatte bereits im Februar den Ausblick für Österreich und Frankreich auf negativ gesetzt. Noch haben beide Länder aber ihr «Aaa». Das finnische Spitzenrating sieht Moody’s nach der Mitteilung vom Montag weiterhin ungefährdet.

Weitere Kursverluste drohen
Steigende Sorgen um eine Verschlimmerung der Schuldenkrise hatten zu Wochenbeginn allerdings für Kursrutsche an den internationalen Finanzmärkten gesorgt. Der deutsche Leitindex Dax sackte bis zum Handelsschluss am Montag um 3,18 Prozent auf 6.419,33 Punkte ab; sein US-Pendant Dow Jones fiel um 0,79 Prozent auf 12 721,46 Punkte. Der Euro setzte seine Talfahrt fort und kostete zeitweise weniger als 1,21 US-Dollar – das ist der tiefste Stand seit zwei Jahren.

Die drohende Herabstufung von Deutschland, Niederlande und Luxemburg droht, die Märkte am Dienstag weiter zu belasten. Eine schlechtere Note für die Kreditwürdigkeit kann zu steigenden Zinsen bei der Aufnahme neuer Schulden führen. Denn Investoren müssen von einer höheren Wahrscheinlichkeit ausgehen, dass sie ihr Geld nicht wiedersehen.

Deutschland gilt als sicherer Hafen
Bei Deutschland und den anderen Ländern dürfte ein Verlust des Spitzenratings allerdings in erster Linie einen erheblichen Imageschaden bedeuten. In der Regel reagieren Investoren erst, wenn zwei der drei grossen Ratingagenturen ihre Bewertung zurückgenommen haben – und selbst dann müssen die Refinanzierungskosten nicht zwingen steigen.

Innerhalb Europas gilt Deutschland als sicherer Hafen und entsprechend niedrig sind die Kreditzinsen. Auch die führende Ratingagentur Standard & Poor’s (S&P) hatte Deutschlands Topbonität zwischenzeitlich auf den Prüfstand gestellt, die Note letztlich aber nicht angetastet. Dagegen haben die USA ihre Bestnote bei S&P bereits verloren – und können sich dennoch zu sehr niedrigen Zinsen frisches Geld leihen. Ein Grund dafür ist, dass viele Investoren angesichts der Schuldenkrise in Europa nicht wissen, wohin mit ihren Milliarden. (awp/mc/pg)

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