Robo-Advisor erobern Portfolio von Kleinanlegern

Robo-Advisor erobern Portfolio von Kleinanlegern

Berlin – In den Staaten schon lange am Markt werden Robo-Advisor gerade für deutsche Anleger interessant. Die smarten Finanzalgorithmen wollen die bisherigen Aufgaben eines Fondsmanagers übernehmen und dabei noch besser sein.

Ob deutsche Robo-Advisor etwas taugen und für welchen Anlagetypen sie von Interesse sein können, hat das Testportal robo-advisor.de angeschaut.

Was genau macht ein Robo-Advisor?
Ein Robo-Advisor verwaltet automatisiert und ohne Zutun eines Menschen Portfolios bestehend aus ETFs. Die 13 vom Portal robo-advisor.de getesteten deutschen Anbieter verwalten bis dato ungefähr 500 Millionen Euro an Kundengeldern. Im Vergleich dazu managen die beiden größten Anbieter in den USA (Betterment und Wealthfront ) rund 10 Milliarden Euro. Der Trend zur Automation für Kleinanleger kommt in Deutschland also grade erst an. Um Gelder bei einem Robo-Advisor anzulegen, muss der Anleger zunächst zwei Fragen beantworten.

  1. Anlagedauer: Wie lange soll investiert werden?
  2. Risikoneigung: Wie viel Risiko will der Anleger eingehen?

Mit diesen zwei Variablen kann der Algorithmus anfangen zu arbeiten und beginnt, in ETFs zu investieren. Wählt der Anleger ein höheres Risiko und eine kurze Laufzeit, wird eher in Aktien investiert. Möchte der Anleger eher Sicherheit und das Geld lange investieren, kauft der Algorithmus vermehrt Staatsanleihen ein, die weniger anfällig für Ausfälle sind. Durch die Durchmischung verschiedener Anteile an ETFs im Portfolio, kann der Robo-Advisor Schwankungen und Kurseinbrüche gut abfangen – zu mindestens wenn es sich um einen aktiven Robo-Advisor handelt. “Für mich macht ein Robo-Advisor nur dann Sinn, wenn er aktiv umschichtet: das kann ein kleiner Privatanleger nämlich nicht leisten”, erklärt Nikolas Vogt vom Evergreen-Verlag, welche die Seite robo-advisor.de betreiben.

So unterscheidet man bisher zwischen Aktiven und Passiven. Ein passiver Robo-Advisor entwirft einmal das Portfolio und fasst es in der Regel erste nach einem Jahr an, um es den Ausgangsvariablen wieder anzupassen. Wirklich arbeiten oder verwalten tun passive damit nicht. Ein aktiver Robo-Advisor hingegen agiert da schon mehr und überprüft regelmäßig die Zustände der Märkte. Sind die Abweichungen zur Risikoneigung zu groß, greift der Algorithmus entsprechend ein und nimmt ein Rebalancing auf den entsprechenden Positionen vor.

Welche Gebühren fallen bei der Nutzung an?
Da ein Robo-Advisor ohne menschliches Zutun auskommt, fallen die Ausgabeaufschläge weg, die sonst durch einen Fondsmanager verursacht werden. Dennoch verursacht auch ein Robo-Advisor Kosten. Diese setzen sich aus den Gebühren für die Bank bzw. den Ankauf der ETFs und die Nutzung des Anbieters selbst zusammen. So betragen die Gebühren in Deutschland im Schnitt 0,86%, wovon 0,25% auf ETF-Gebühren und 0,61% auf Robo-Advisor-Gebühren abfallen. Gesenkt werden, können vor allem die Gebühren, die vom Anbieter aufgerufen werden. So betragen Robo-Advisor-Gebühren bei den zwei größten Anbietern in den USA gerade einmal 0,25%, was wohl daran liegt, dass die Akzeptanz und Sichtbarkeit in den USA deutlich höher ist. Robo-Advisor existieren dort schon seit acht Jahren – in Deutschland bedarf es noch Überzeugungsarbeit und reichlich Marketing.

„Die Kosten zur Kundengewinnung sind hoch. Gerade deutsche Kunden sind besonders skeptisch; sie müssen aufwändig überzeugt werden. Die Ursprungsidee, mit wenig Beratung und geringen Werbekosten ein möglichst niedriges Gebührenniveau zu schaffen, ist im deutschen Markt besonders schwer umsetzbar“, konstatiert Nikolas Vogt.

Ob sich die aktiven Algorithmen lohnen, wird die Zeit zeigen, da Robo-Advisor in Deutschland bisher noch recht neu sind, um eine langfristige Prognose über ihre Performance abgeben zu können. Gefühlt lohnen sich aktive Robo-Advisor gegenüber passiven jedoch mehr, da sie ständig die Märkte beobachten und wachsam sind – genau das ist es ja, was der Anleger will, um Schaden und Ausfälle zu vermeiden. Somit ist es fraglich, ob ein rein passiver Robo-Advisor zu den jetzigen Kosten überhaupt eine Zukunft haben kann.

Wie bewerten Robo-Advisor das Risiko?
Zukunftsfähig werden und das Vertrauen der Anleger gewinnen, könnten die cleveren Algorithmen durch ein ausgereiftes Risikomanagement, was Schaden vom Vermögen abwendet. So konnte der deutsche Anbieter Scalabe Capital (der auch von robo-advisor.de) in 2016 eine ordentliche Performance abliefern und hat bei Verlusten der Märkte entsprechend positiv reagiert; die Ausfälle waren in der ersten Jahreshälfte geringer, als der Markt sie hinnehmen musste, oder die Strategie lag sogar im Plus.

Scalable Capital nutzt dabei die Risikokennzahl Value at Risk (VaR), um durch das Markttiming entsprechend auf die Verlustwahrscheinlichkeit reagieren zu können. Da der Anleger vor Eröffnung eines Portfolios seine Risikoneigung festlegt und damit angibt, wieviel Verlust er hinnehmen würde, greift der Algorithmus ausgleichend ein, sobald eine Verlustschwelle von z.B. 5, 10 oder 20 Prozent mit einer 95%igen Wahrscheinlichkeit überschritten wird. Dabei werden Positionen im Portfolio so umgeschichtet, dass weniger risikoreiche Anlageklassen eingekauft und risikoreiche verkauft werden. Die Software nutzt dabei historische Daten wie z.B. die Votalität oder Rendite und berechnet sie rekursiv mit einer Monte-Carlo-Simulation aktueller Daten. Läuft diese Simulation gegen den zuvor bestimmten Grenzbereich, wird umgeschichtet. Der ebenfalls empfohlene Anbieter Whitebox nutzt das Risikomaß Conditional Value at Risk (CVaR), was zusätzlich zur Verlustwahrscheinlichkeit noch die Verlusthöhe angibt.

Aussicht und Prognose
Da der Zugang zu smarten Finanzalgorithmen stetig leichter und günstiger wird, kann davon ausgegangen werden, dass auch Banken zukünftig immer öfter Robo-Advisor-Dienste integrieren werden. So bietet das Banken-Startup Number26 schon jetzt in der App an, Geld direkt in Portfolios zu stecken und von einem Algorithmus verwalten zu lassen. Der Vorgang ist nicht komplizierter als eine Überweisung. Wer sein Geld aber einfach nur in ein Portfolio steckt und es dann für ein Jahr liegen lässt, nutzt die Möglichkeiten digitaler Anlageberater nicht voll aus. So empfiehlt das Expertenportal robo-advisor.de die aktiven Robo-Advisor von Whitebox und Scalabe Capital. Als Alternative zu passiven Robo-Advisor gibt es ETF-Sparpläne. Hier muss der Anleger zwar selbst die Positionen auswählen und sich mit dem Markt ein wenig beschäftigen, spart aber auf jeden Fall die Gebühren für den cleveren Algorithmus. EV/mc/hfu)

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