Raiffeisen spürt sinkende Zinsmarge im ersten Semester

St. Gallen – Die Zinssenkungen der Schweizerischen Nationalbank haben auf das Ergebnis von Raiffeisen geschlagen. Das Kommissions- und das Handelsgeschäft entwickelten sich dagegen positiv.
Insgesamt hat die zweitgrösste Schweizer Bankengruppe im ersten Halbjahr 2025 noch 555 Millionen Franken verdient, was 13,6 Prozent weniger sind als im entsprechenden Vorjahreszeitraum. Der Rückgang ist bereits der zweite in Folge, mittlerweile verdient die Bank wieder so viel wie im ersten Semester 2022.
Ähnlich gross war der Rückgang im (operativen) Geschäftserfolg mit minus 13,7 Prozent auf 670 Millionen. Trotz des Gewinnrückgangs sprach Interims-Chef Christian Poerschke am Mittwoch gegenüber den Medien von einem «positiven ersten Halbjahr» bzw. einem «guten Gewinnniveau». Am 1. Dezember wird Gabriel Brenna als Konzernchef die Geschicke der Gruppe übernehmen.
Gemäss Poerschke liegt der Gewinnrückgang im Rahmen der Erwartungen. Er widerspiegle insbesondere den Rückgang im Zinsengeschäft (-7,5%) aufgrund der Leitzinssenkungen der SNB. Es hat vor allem auch damit zu tun, dass Raiffeisen die Zinssenkungen etwas verzögert an die eigenen Kunden bzw. die Sparer weitergibt.
Gutes Wachstum in anderen Bereichen
Das Kommissions- und Dienstleistungsgeschäft (+9,1%) und das Handelsgeschäft (+8,5%) entwickelten sich dagegen positiv. Sie konnten den Rückgang aus dem Zinsgeschäft allerdings nicht kompensieren. Dieses ist zwar relativ gesehen kleiner geworden, ist mit einem Anteil von rund 70 Prozent am Gesamtertrag von knapp 1,9 Milliarden Franken aber nach wie vor das Kerngeschäft.
Raiffeisen ist nämlich weiterhin die Schweizer Hypothekenbank schlechthin mit einem ausstehenden Hypothekenvolumen von 226 Milliarden Franken per Mitte Jahr (+2,5%). Das Semesterwachstum entspricht einem Plus auf das Gesamtjahr hochgerechnet von 5 Prozent und liegt damit über dem Gesamtmarkt. Raiffeisen hat damit seinen bereits hohen Marktanteil weiter leicht ausgebaut auf mittlerweile 18,3 Prozent.
Dass das hohe Wachstum mit einem höheren Risiko einhergeht, verneint die Bankführung. Im Gegenteil: Der Anteil an Wertberichtigungen für gefährdete Forderungen liege mit 0,137 Prozent der Kundenausleihungen auf einem anhaltend tiefen Niveau und habe sich gegenüber dem Wert von Ende Vorjahr sogar noch leicht reduziert.
30’000 neue Depots
Raiffeisen will schon seit längerem das Zinsgeschäft diversifizieren und betont entsprechend auch die Fortschritte im Vorsorge- und Anlagegeschäft. Der Nettoneugeldzufluss in Wertschriftendepots sei mit 2,1 Milliarden Franken für das erste Halbjahr «anhaltend hoch» gewesen – rund 30’000 neue Depots wurden eröffnet. Die Kundeneinlagen stiegen um 5,5 Milliarden auf 220 Milliarden Franken.
Der forcierte Ausbau des Geschäfts hat aber auch zur Folge, dass die Kosten im Gegensatz zu den Erträgen gestiegen sind. Raiffeisen spricht dabei von «gezielten Investitionen» in die Kundenberatung. Insgesamt stieg der Personalaufwand um 4,0 Prozent, der Sachaufwand gar um 4,4 Prozent. Das Verhältnis aus Kosten und Erträgen (Cost-Income-Ratio) hat sich denn auch etwas verschlechtert auf zuletzt 59,2 Prozent. Dies war neben den Leitzinssenkungen der SNB somit ein weiterer Grund für den deutlichen Gewinnrückgang.
Für den weiteren Jahresverlauf bleibt Raiffeisen angesichts der wirtschaftlichen und politischen Unsicherheiten zurückhaltend, erwartet aber eine «weiterhin solide» Geschäftsentwicklung. Das heisst aber, dass der Gewinn im Gesamtjahr das Ergebnis von 2024 (1,21 Mrd) nicht erreichen wird. «Das Marktumfeld bleibt herausfordernd», so Bankchef Poerschke. Immerhin im Zinsgeschäft sieht er eine Stabilisierung der Marge und entsprechend ein leicht besseres Ergebnis als im ersten Halbjahr. (awp/mc/pg)