Rula Ipsaryaris, Head Client Solutions Switzerland & Liechtenstein bei Aviva Investors, im Interview

Rula Ipsaryaris, Head Client Solutions Switzerland & Liechtenstein bei Aviva Investors, im Interview
Rula Ipsaryaris, Head Client Solutions Switzerland & Liechtenstein bei Aviva Investors

Von Helmuth Fuchs

Moneycab: Frau Ipsaryaris, Impact Investing, ESG-Ziele (Umwelt-, soziale- und Corpo­rate-Governance-Ziele) und Nachhaltigkeit werden für AnlegerInnen zumindest theoretisch immer wichtiger. Menschen wollen mit ihrem Geld nicht nur Renditen erzielen, sondern vermehrt auch Gutes tun. Wie reagiert Aviva Investors auf diese Entwicklung?

Rula Ipsaryaris: Das eine schliesst das andere nicht aus. Die Geschäfts- und Anlageargumente für ein verantwortungsvolles Handeln sind heutzutage schwer anzufechten. Unternehmen, die ihre Geschäfte in einer respektvollen und nachhaltigen Art und Weise führen, werden im Laufe der Zeit wahrscheinlich erfolgreicher sein als andere, was ihnen und der Gesellschaft zugutekommt.

«Wir können die Welt nicht ändern, wenn wir uns abwenden. Wir müssen versuchen, die Welt zu verbessern.»

Rula Ipsaryaris, Head Client Solutions Switzerland & Liechtenstein bei Aviva Investors

Aviva Investors kämpft an vorderster Front. Investieren ist für uns keine Modeerscheinung, im Gegenteil – es ist Teil unserer DNA. Seit fünf Jahrzehnten nutzen wir unsere Stimme, um positive Änderungen hervorzurufen.

Welches sind die wichtigsten Kriterien, die Sie bei der Erstellung von ESG-unterstützenden Produkten anwenden?

Wie bereits erwähnt ist die Integration von ESG in unseren Anlageentscheidungen in allen Anlageklassen nicht verhandelbar.

Aviva Investors fokussiert sich auf drei Nachhaltigkeits-Themen – diese sind «Climate / Earth and People» und die entsprechend definierten Sustainable Development Goals (SDGs). Unsere Nachhaltigkeits-Strategien schliessen Unternehmen aus, die dem entsprechenden Ziel schaden (avoid harm), unterstützen Lösungsanbieter (invest in solutions) und entscheidend ist, dass unser Ansatz auch darauf abzielt übergangsfördernde Unternehmen (support transition) zu erfassen.

Wir können die Welt nicht ändern, wenn wir uns abwenden. Wir müssen versuchen die Welt zu verbessern. Deshalb halten wir es für sehr wichtig, einen weiter gefassten Blick auf den Übergang zu werfen.

Genau so wichtig, wie das Anbieten von ESG-konformen Produkten ist die Kontrolle, ob diese Produkte auch wirken und die Einbettung in die Compliance-Strukturen. Wie ist hier der Stand in der Schweiz, wo stehen wir hier im internationalen Wettbewerb?

Reporting und Transparenz sind natürlich hier sehr wichtig. Da trennt sich der Spreu vom Weizen.

Die Offenlegungsverordnung der EU über nachhaltigkeitsbezogenen Offenlegungspflichten im Finanzdientleistungssektor (SFDR Sustainable Finance Disclsore Regulation) ist seit diesem Jahr in Kraft. Sie ist Teil des EU-Aktionsplans für eine nachhaltiges Finanzwesen, mit dem unter anderem die Ziele des Pariser Klimaabkommens erreicht werden können. Oberstes Ziel ist die Transparenz.

«Es ist so, dass schon seit vielen Jahren vor allem Vorsorgeeinrichtungen von Städten und Kantonen einen Fokus auf Nachhaltigkeit gelegt haben. Versicherungen wie wir sind ebenso Vorreiter, wenn es um Nachhaltigkeit geht.»

Im internationalen Vergleich gehört die Schweiz zu den wichtigsten Finanzmärkten. Sie ist weltweit einer der bedeutendsten Standorte für die Betreuung von Kundenvermögen. Die Umsetzung von Nachhaltigkeitsaspekten im Finanzsektors sowie die SFDR Richtlinien sind deshalb ebenso wichtig für unseren Finanzplatz.

Zusätzlich hat die Schweiz verschiedene Initiativen lanciert, wie z.B. Swiss Sustainable Finance (SSF) die sich zum Ziel gesetzte hat, die Position der Schweiz auf dem globalen Markt für nachhaltige Finanzen zu stärken.

Beim Thema Impact Investing hat sich gezeigt, dass sich vor allem Jüngere und Frauen mit dem Thema auseinandersetzen. Wie sieht da bei Ihrer Kundschaft und den ESG-Themen aus und wie beeinflusst das Ihren Marktauftritt?

«Gefühlt» nehme ich persönlich das auch so wahr. Es ist jedoch so, dass schon seit vielen Jahren vor allem Vorsorgeeinrichtungen von Städten und Kantonen einen Fokus auf Nachhaltigkeit gelegt haben. Versicherung wie wir sind ebenso Vorreiter, wenn es um Nachhaltigkeit geht. Die «Corona» Krise hat auch dazu beigetragen, dass der Klimawandel und soziale Ungerechtigkeit stärker wahrgenommen wird.

Unser Marktauftritt wird durch unsere Nachhaltigkeits-Themen «Climate / People / Earth» beeinflusst. Diese Themen betreffen uns alle.

Die Aviva Versicherung hat ihr gesamtes Geschäft als Folge des Brexits umstrukturiert, um die europäischen Kunden innerhalb der EU weiterhin bedienen zu können. Welchen Einfluss hat dies auf Ihr Geschäft in der Schweiz?

Für uns in der Schweiz hat sich diesbezüglich nicht wirklich etwas geändert. Aviva Investors hat sich den entsprechenden rechtlichen Anforderungen angepasst.

Versicherungen stehen in der Kritik, die Hersteller von fossilen Energien in ihrem Geschäft zu unterstützen. Aviva hat sich als erste Versicherungsgesellschaft weltweit dazu bekannt, das “CO2 Netto Null bis 2040”-Ziel zu unterstützen. Wie wirkt sich das auf die Anlagestrategie von Aviva Investors aus?

Wir betrachtet den Klimawandel als die grösste systemische Herausforderung für die Gesellschaft, die globale Wirtschaft sowie Unternehmen. Wir sind auch der Ansicht, dass nicht zu handeln katastrophale und weitreichende Folgen haben dürfte – auch für die Kapitalmärkte und die Bewertung von Vermögenswerten.

Anfang Februar dieses Jahres habe wir unser Engagement-Programm zum Klimawandel veröffentlicht. Dieses Programm fokussiert sich auf die von Aviva Investors bestehenden Investitionen bei 30 wichtigen Unternehmen und Emittenten von Kohlenstoffdioxid (CO2).

Wir erwarten von diesen 30 Unternehmen, dass sie bis zum Jahr 2050 Netto-Null-Emissionen nach sogenannten Scope-3-Vorgaben erreichen sowie robuste Übergangspläne aufstellen, um ihr Engagement für sofortige Massnahmen anlässlich des Klimawandels vorzuweisen.

Das Programm soll insgesamt zwischen einem und drei Jahren laufen, abhängig von den individuellen Umständen des Unternehmens, und dabei klare Eskalationsmassnahmen für Unternehmen beinhalten, die nicht reagieren oder etwa nicht schnell genug handeln. Aviva Investors hat sich dazu verpflichtet, Unternehmen, welche die Klimaerwartungen nicht erfüllen, vollständig zu veräussern. Diese Massnahmen sollen für alle Aktien- und Anleiheinvestments des Unternehmens gelten.

Nebst einigen spezialisierten Fintechs haben auch Grossbanken begonnen, spezielle Anlagen im Bereich der Nachhaltigkeit aufzulegen. Da Sie Banken auch als Kunden gewinnen möchten, sind diese sowohl potentielle Kunden als auch Konkurrenten. Wie gehen Sie damit um, wo legen Sie die Schwerpunkte bei der Entwicklung des Geschäftes in der Schweiz?

Es braucht alle Marktteilnehmer um eine nachhaltige Welt zu schaffen, deshalb begrüssen wir, dass auch unsere Kunden diesen Weg gehen. Wir in der Schweiz vertreiben unsere Produkte, bieten jedoch auch massgeschneiderte Lösungen an, da wo unsere Kernkompetenz liegen.

«Die Märkte sollen die Ziele des Pariser Abkommens unterstützen, anstatt sie zu untergraben.»

Auch möchten wir globale Geldanlageprinzipien besser auf Netto-Null-Ziele ausrichten. Wir haben Vorschläge und Empfehlungen an die G7- und G20-Staaten formuliert. So soll das globale Finanzsystem die Klimakrise effektiv und geschlossen angehen.

Die Empfehlungen sind das Ergebnis aus Gesprächen innerhalb einer globalen Koalition Gleichgesinnter – darunter Vermögensverwalter, Beratungsfirmen, Business Schools, Industrieverbände und Stiftungen – die sich für die Schaffung einer Internationalen Plattform für Klimafinanzierung « International Platform for Climate Finance (IPCF)» ausspricht. Das Konzept wurde erstmals von Aviva Investors im Jahr 2020 vorgeschlagen.

Das Ziel: Globale Kapitalströme in nachhaltige Wirtschaftsbereiche umlenken. Die Märkte sollen die Ziele des Pariser Abkommens unterstützen, anstatt sie zu untergraben. Im Rahmen der Ergebnisse der Gespräche der International Platform for Climate Finance schlagen wir ausserdem vor, die Kernprinzipien der Finanzinitiativen der Vereinten Nationen zu aktualisieren. Diese müssten besser mit den Netto-Null-Zielen übereinstimmen – und sicherstellen, dass sie vollständig zu der Erreichung der Ziele des Pariser Abkommens beitragen.

Nachdem die Motivation für die Gründung einer internationalen Plattform für Klimafinanzierung und deren Rolle innerhalb einer global koordinierten Strategie und Antwort zur Finanzierung des Pariser Abkommens umrissen wurde, konzentrieren sich die Empfehlungen von Aviva Investors auf konkrete Massnahmen, um das Konzept umzusetzen.

Die Themen rund um die ESG-Ziele gehören kaum zur traditionellen Finanzausbildung. Wie stellen Sie sicher, dass hier die Kunden trotzdem kompetente Gesprächspartner bei Aviva Investors finden?

Wir haben mehr als 25 ESG Spezialisten mit verschiedenen Kernkompetenzen, die als Ansprechpartner jederzeit unseren Kunden zur Verfügung stehen, ebenso unser ESG Investment Directors Team. Natürlich werden wir an der Front auch fortwährend entsprechend geschult.

Auch bieten wir Webcasts, Whitepapers und unsere «AIQ Investment Thinkings» über unsere Ansichten zu wesentlichen Themen, die die Investitionsmärkte weltweit beeinflussen an. Alles ist auf unserer Website verfügbar.

In der Automobil-Industrie ist es üblich, dass die Hersteller viele Komponenten von Zulieferern beziehen. Ist das ein Modell, das Aviva Investors ebenfalls für Banken und Pensionskassen anbietet (white labelling)?

Wie erwähnt, Aviva Investors bietet auch massgeschneiderte Lösungen an, da wo wir unsere Kernkompetenz haben.

Zum Schluss des Interviews haben Sie noch zwei Wünsche frei. Wie sehen die aus?

Dass ich irgendwann mal sagen kann, ich hab auch ein kleines Bisschen dazu beigetragen, dass unsere Welt besser geworden ist.

Dass wir «Corona» in Griff kriegen und nicht vergessen, dass all das was wir früher als selbstverständlich genommen haben, eben nicht selbstverständlich ist.


Rula Ipsaryaris bei LinkedIn

Aviva Investors


Das Interview entstand mit Unterstützung des Fundplat «Mountain Talks» Summit

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