SGKB Investment views: Rezessionsängste und trotzdem Aktien auf dem Höchst – kann das wirklich sein?

SGKB Investment views: Rezessionsängste und trotzdem Aktien auf dem Höchst – kann das wirklich sein?
Thomas Stucki, Chief Investment Officer bei der St.Galler Kantonalbank. (Foto: SGKB)

St. Gallen – Die Anzeichen, dass der wirtschaftliche Aufschwung in den USA nach zehn Jahren ein Ende haben könnte und im nächsten Jahr eine Rezession ansteht, mehren sich. An den Aktienmärkten spürt man davon aber nicht viel. Die meisten grossen Aktienindizes haben in diesem Jahr 20% zugelegt und befinden sich auf oder nahe ihrem Höchststand. Vor einem Jahr war das noch anders. Wenn jemand das Wort Rezession auch nur andeutete, brachen die Aktienkurse sein.

Für die Fed in New York beträgt die Wahrscheinlichkeit einer US-Rezession im nächsten Jahr 35%. So hoch war dieser Wert in ihrem Modell letztmals 2007. Der vorausschauende Einkaufsmanagerindex ISM für die US-Industrie ist mit 47.8 Punkten deutlich unter die Marke von 50 Punkten gefallen, welche die Grenze zwischen Expansion und Schrumpfung bedeutet. Das Wachstum in China ist im dritten Quartal weiter gesunken und beträgt nur noch 6.0%. Die Eurozone, allen voran Deutschland, ächzt ebenfalls unter den Auswirkungen des Handelsstreits. Ein stabiler Pol ist dagegen der Arbeitsmarkt. In den USA werden zwar nicht mehr so viele Stellen geschaffen wie in den Vorjahren, aber die Arbeitslosenrate ist mit 3.5% aussergewöhnlich tief, was den privaten Konsum stützt. Zudem sind die Zinsen deutlich tiefer als früher während der Abschwächungsphase. Die Geldpolitik der Fed ist alles andere als restriktiv und wird Ende Oktober mit der allseits erwarteten weiteren Zinssenkung noch expansiver.

Andere Ausgangslage bei den Zinsen
Damit sind wir beim grössten Unterschied zum Vorjahr, als die Angst vor der Rezession ein Börsenbeben auslöste. Damals gingen die Finanzmärkte davon aus, dass die Zinsen deutlich ansteigen und dadurch zu einer Belastung für die Konjunktur werden. Entsprechend steil war die Zinskurve. Aktuell gehen die Erwartungen in die andere Richtung und es wird für die nächsten Jahre nicht mehr mit höheren Zinsen gerechnet. Entsprechend tief sind die Zinsen auch für Obligationen mit längeren Laufzeiten. Der Handelsstreit von Donald Trump war im letzten Jahr noch neu und hat Ängste ausgelöst. Mittlerweile hat man sich an ihn gewöhnt. Er ist dadurch für die Wirtschaft nicht weniger schädlich, aber neue Wendungen in die eine oder andere Richtung beeinflussen die Finanzmärkte nur noch während einer kurzen Zeit.

Die Zinssenkungen der Fed werden ihre positive Wirkung auf die Wirtschaft entfalten. Im Handelsstreit wird der Druck sowohl in China als auch in den USA grösser, sich auf eine gesichtswahrende Minimallösung zu einigen und ihn dann zumindest bis nach den Präsidentschaftswahlen in den USA ruhen zu lassen. Die Chancen stehen deshalb gut, dass die US-Wirtschaft nach einem schwachen zweiten Halbjahr 2019 im nächsten Jahr wieder stärker wird und ein Absturz in eine Rezession vermieden werden kann.

Dividendenrendite im Fokus
Da bei den Obligationen in den nächsten Jahren nicht viel zu verdienen ist, wird der Druck auf die renditeorientierten Anleger immer stärker, ihr Aktienportfolio aufzustocken. Die Dividendenrendite vieler Aktien ist mittlerweile höher als die Rendite auf High Yield Anleihen. Es macht deshalb Sinn, im Portfolio Kreditrisiken gegen Aktienrisiken zu tauschen. Diese sind zwar höher, bieten aber neben einer vergleichbaren Ausschüttungsrendite zusätzlich die Möglichkeit von Kursgewinnen. Die Kursschwankungen bei den Aktien werden hoch bleiben. Da der konjunkturelle Absturz aber ausbleibt, werden die Aktien über die nächsten Jahre einen angemessenen Ertrag abwerfen. Dabei muss man nicht den nächsten High Flyer suchen, sondern auf ein gut diversifiziertes Portfolio mit Aktien von profitablen Unternehmen mit einer stabilen Dividendenpolitik setzen. (SGKB/mc/ps)

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