Strauss-Kahn: «Die Wahrheit wird ans Licht kommen»

Strauss-Kahn: «Die Wahrheit wird ans Licht kommen»

Der Ex-IWF-Chef während der Anhörung vergangene Woche vor der Haftrichterin in New York.

New York – Dominique Strauss-Kahn hat in einem verbitterten Schreiben an die Mitarbeiter des Internationalen Währungsfonds (IWF) die Vorwürfe der versuchten Vergewaltigung scharf zurückgewiesen. «Ich bestreite in der am stärksten möglichen Form die Anschuldigungen, denen ich mich jetzt gegenübersehe.»

Dies heisst es in einem von CNN am Montag veröffentlichten Brief des vergangene Woche zurückgetretenen IWF-Chefs an seine Ex-Mitarbeiter. «Ich bin zuversichtlich, dass die Wahrheit ans Licht kommen wird und ich entlastet werde.» Strauss-Kahn soll ein Zimmermädchen unter anderem zum Oralsex gezwungen haben und steht derzeit in New York unter schärfstem Hausarrest. Die Mitteilung falle ihm «so schwer wie kaum eine andere» in seinem Leben, schrieb der Franzose, und drückte seine «tiefe Trauer und Enttäuschung, Sie unter solchen Umständen verlassen zu müssen» aus. Er trete mit grösstem Bedauern zurück. «Ich kann nicht akzeptieren, dass der Fonds – und Ihr, liebe Kollegen – meinen persönlichen Alptraum teilt. Deshalb muss ich gehen.» Der 62-Jährige beendet das etwa eine Seite lange Schreiben nach einigen Segenswünschen mit einem schlichten «Dominique».

Nachfolge: Lagarde als europäische Favoritin
Unterdessen geht beim Währungsfonds die Suche nach einem Nachfolger weiter. Der könnte nach Ansicht des deutschen FDP-Fraktionschefs Rainer Brüderle auch ein Deutscher sein. Namen gab es von ihm aber nicht: «Mir fallen viele ein, aber ich nenne keinen.» Als Favoritin für einen gemeinsamen europäischen Vorschlag gilt die französische Finanzministerin Christine Lagarde. «Sie ist ohne Frage eine starke Kandidatin», sagte Brüderle. Das kann der Direktor des Instituts zur Zukunft der Arbeit (IZA), Klaus Zimmermann, nicht nachvollziehen. Lagardes wirtschaftspolitische Vorstellungen liefen «den Interessen Deutschlands zuwider», sagte Zimmermann dem «Handelsblatt Online». Er warf Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mangelnden Einsatz für einen deutschen Kandidaten vor. Deutschland habe mit Altkanzler Gerhard Schröder, Ex-Finanzminister Peer Steinbrück, Ex-Bundesbankchef Axel Weber und dem Chef der Osteuropa-Bank EBWE, Thomas Mirow, eine Reihe erfahrener Persönlichkeiten, «die man ins Spiel bringen könnte».

Mexiko will Zentralbankchef ins Amt heben
Brüderle sagte, es sei richtig, dass Europa den Posten erneut für sich reklamiere, weil der IWF tief in die Euro-Rettung eingebunden sei. Auch die meisten IWF-Kredite würden nach Europa vergeben. «Insofern ist die Besetzung der IWF-Spitze schon von einer besonderen Bedeutung.» Allerdings will der grosse IWF-Kreditnehmer Mexiko seinen Zentralbankchef Agustín Carstens in das Amt heben. Carstens, der sowohl beim IWF als auch in der Weltbank in herausragender Funktion tätig gewesen sei, verfüge über alle Voraussetzungen, um den IWF zu führen, sagte Mexikos Finanzminister Ernesto Cordero.

«Strauss-Kahn bereit für einen langen Kampf»
Unterdessen melden französische Medien, dass sich auf der Kleidung des Zimmermädchens, das Strauss-Kahn zum Oralsex gezwungen haben soll, Spermaspuren gefunden hätten. Das gelte auch für den Teppich des Hotelzimmers. Strauss-Kahns Anwälte durchforsten derweil das Vorleben der 32-Jährigen, die erst vor wenigen Jahren aus dem westafrikanischen Guinea in die USA gekommen war. Wenn sie für Aufenthaltserlaubnis oder Sozialwohnung gelogen hat, könnte das ihre Glaubwürdigkeit erschüttern. Strauss-Kahn sei bereit für einen langen Kampf, sagte einer seiner Anwälte.

Kaution von sechs Millionen Dollar
Nach der Anklage wegen versuchter Vergewaltigung ist Strauss-Kahn in New York zum Paria geworden. Die Bewohner eines Wolkenkratzers in der betuchten Upper East Side rebellierten, als sie hörten, dass er seine Zelle gegen ein Penthouse bei ihnen eintauschen wollte. Der Franzose war am Freitag gegen eine Kaution von sechs Millionen Dollar von der Gefängnisinsel Rikers Island im New Yorker East River entlassen worden. Dort sass er mit 14.000 Schwerverbrechern und Untersuchungshäftlingen hinter Gittern. Inzwischen steht der ehemalige Wirtschafts- und Finanzminister (1997 bis 1999) unter Hausarrest, muss eine elektronische Fussfessel tragen und wird wegen Fluchtgefahr rund um die Uhr von bewaffneten Sicherheitsbeamten überwacht. Das kostet im Monat 200.000 Dollar – zu zahlen vom Angeklagten. (awp/mc/ps)

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