Türkische Lira gerät wieder unter Druck

Türkische Lira gerät wieder unter Druck

Istanbul – Nach mehreren Tagen der Erholung hat die türkische Landeswährung Lira am Freitag wieder stark an Wert verloren. Zum Mittag gab die Währung im Verhältnis zum US-Dollar bis zu knapp acht Prozent nach. Auch zum Euro ging es ähnlich stark bergab. Nach einem rasanten Kursverfall am Freitag und Montag hatte sich die Währung zuletzt wieder erholt. Inzwischen sorgen aber neue Drohungen aus den USA für Verunsicherung.

US-Finanzminister Steven Mnuchin hatte am Donnerstag bei einem Kabinettstreffen im Weissen Haus gesagt, dass man weitere Sanktionen gegen die Türkei vorbereitet habe für den Fall, dass der amerikanische Pastor Andrew Brunson, der wegen Terrorverdachts in der Türkei festgehalten wird, nicht schnell auf freien Fuss gesetzt werde. Die USA hatten vergangene Woche aus Frustration über mangelnde Fortschritte in der Brunson-Affäre Zölle für einige türkischen Produkte stark angehoben. Die Türkei schlug am Mittwoch mit 22 Sanktionen gegen US-Produkte zurück.

Eine Krise mit vielen Facetten
Der politische Streit zwischen den USA und der Türkei gilt als kurzfristiger Auslöser der aktuellen Lira-Krise. Die langfristigen Gründe liegen allerdings tiefer. Sie reichen von der hohen Auslandsverschuldung türkischer Unternehmen über zweistellige Inflationsraten bis hin zu dem auf Staatskrediten fussenden Wirtschaftsaufschwung. Als besonders schwerwiegend gilt zudem der Angriff von Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan auf die Unabhängigkeit der nationalen Notenbank.

Anleger führten den erneuten Druck auf die Lira am Freitag auch darauf zurück, dass bei den Anlegern Hoffnungen schwinden, die Notenbank könnte vor dem Wochenende noch weitere Massnahmen zur Krisenbekämpfung vornehmen. Bislang verringerten die Währungshüter Reserve-Anforderungen an bestimmte Währungsgeschäfte und boten heimischen Banken zusätzliche Refinanzierungsgeschäfte sowie Möglichkeiten zum Leihen von Fremdwährungen an. Von einer offiziellen Zinsanhebung liessen sie jedoch die Finger – womöglich aus Rücksicht auf Erdogan, der sich immer wieder lautstark gegen hohe Zinsen ausgesprochen hatte.

Allerdings erwirkte die Notenbank quasi eine verdeckte Zinsanhebung, indem sie seit dem Wochenbeginn den Geschäftsbanken keine Finanzierung mehr zum einwöchigen Hauptleitzins anbot. Daher müssen die Banken auf den sogenannten Übernacht-Zins ausweichen, der höher ist als der Hauptleitzins. (awp/mc/pg)

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