US-Börsenaufsicht wirft Ratingagenturen Fehler vor

US-Börsenaufsicht wirft Ratingagenturen Fehler vor

Carlo di Florio, Chef-Inspektor US-Börsenaufsicht SEC.

New York – Die US-Börsenaufsicht SEC hat die Arbeit der einflussreichen Ratingagenturen kritisiert. Den Wächtern über die Kreditwürdigkeit unterliefen mitunter Fehler etwa in methodischer Hinsicht, aber auch bei der internen Kontrolle des Rating-Prozesses und der Bewältigung von Interessenkonflikten, heisst es in dem am Freitag (Ortszeit) veröffentlichten ersten Jahresbericht zu zehn Ratingagenturen.

Die SEC räumte darin ein, dass es bereits einige Verbesserungen gegeben habe. Dennoch erwartet die Behörde, dass die Agenturen die Bedenken ernst nähmen und rechtzeitig darauf reagierten. Einzelne Agenturen, bei denen die SEC Probleme sieht, werden in dem Bericht nicht genannt. Die Börsenaufsicht halte es für wirksamer, mit jeder der betreffenden Agenturen direkt zu sprechen, zitierte die «Washington Post» am Samstag Carlo di Florio von der für Inspektionen zuständigen SEC-Abteilung. Der Bericht, der den Zeitraum 1. Dezember 2009 bis 1. August 2010 erfasst, enthält auch wenige Details, die Vorwürfe sind zumeist vage formuliert, und oft werden Wörter wie «anscheinend» oder «möglicherweise» benutzt.

Bessere interne Kontrollen gefordert
Generell mahnt die SEC bessere interne Kontrollen zur Vermeidung von Interessenkonflikten und von undichten Stellen vor der Veröffentlichung von Entscheidungen über ein Rating an. So heisst es etwa in dem Report, dass bei einer Agentur ein «Schlüsselanalyst» eine wichtige Rolle bei der Bewertung eines Unternehmens gespielt haben könnte, in die er selbst investiert habe. Bei einer anderen grösseren Agentur seien möglicherweise Informationen über ein bevorstehendes Rating vorab an einzelne herausgegeben worden.

Bislang keine «bedeutenden Regulierungsmängel»
Die Börsenaufsicht listet auch einen Fall auf, in dem eine der grösseren Firmen ihre Rating-Methodik bei einer beträchtlichen Zahl bestimmter Wertpapiere «fehlerhaft» angewendet habe. Die SEC äussert sich insbesondere besorgt über die Verzögerung «bei der Entdeckung, Offenlegung und Behebung des Fehlers» und über das «Ausmass, in dem Marktanteil- und Geschäftserwägungen» dabei eine Rolle gespielt haben könnten». Insgesamt, so die SEC, habe es anscheinend bei allen untersuchten Firmen in einigen Fällen Fehler bei den Ratingprozeduren gegeben. Die Aufsicht stufe zwar keine der aufgelisteten Probleme als «bedeutende Regulierungsmängel» ein, «aber könnte das in der Zukunft tun».

(Zu) blindes Vertrauen?
Ratingagenturen bewerten die Bonität von Staaten und Unternehmen sowie die Ausfallwahrscheinlichkeit von Wertpapieren. Viele Investoren vertrauen ihrem Urteil nahezu blind. Politiker und Finanzaufseher hatten die Ratingagenturen immer wieder scharf kritisiert. Sie hätten die Zeichen für den Niedergang des US-Immobilienmarktes ignoriert. Versuche, die Ratingagenturen für ihre Fehleinschätzungen zur Rechenschaft zu ziehen, scheiterten indes. Die Agenturen stellen sich auf den Standpunkt, sie hätten Meinungen abgegeben und keine Kaufempfehlungen ausgesprochen. Erst jüngst waren die Ratingagenturen wieder in die Kritik geraten, weil sie in der Schuldenkrise in Europa und den USA reihenweise die Kreditwürdigkeit von Ländern herabstuften. Das verteuert für die betroffenen Staaten die Aufnahme frischer Kredite. Hier beschweren sich wiederum Politiker, dass die Ratingagenturen zu hart durchgreifen würden. (awp/mc/ps)

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