Deutschland und Frankreich ziehen Eurozone aus Rezession

Deutschland und Frankreich ziehen Eurozone aus Rezession

Wiesbaden / Luxemburg – Angetrieben vom Konjunkturmotor Deutschland hat die krisengeplagte Eurozone nach anderthalb Jahren Misere den Weg aus der Rezession gefunden. Auch der grosse Nachbar Frankreich hat im zweiten Quartal überraschend deutlich um 0,5 Prozent zum Vorquartal zugelegt, nachdem die Wirtschaft zuvor im Winter zweimal in Folge geschrumpft war.

Da die Wirtschaftsleistung in Krisenländern wie Spanien (minus 0,1 Prozent) und Italien (minus 0,2 Prozent) gleichzeitig weniger stark zurückging als zuletzt, konnte der Euroraum insgesamt erstmals seit sechs Quartalen wieder leicht um 0,3 Prozent zum Vorquartal wachsen, wie das Europäische Statistikamt Eurostat am Mittwoch in Brüssel berichtete.

Euroländer überwinden längste Rezession ihrer Geschichte
Damit haben die Euroländer die längste Rezession ihrer noch jungen Geschichte überwunden. Überraschend deutlich konnte dabei das Euro-Krisenland Portugal das tiefe Tal der Rezession verlassen: Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) wuchs um 1,1 Prozent und damit so rasant wie kein anderes Land der Eurozone.

Doch die entscheidenden Impulse lieferten Europas grösste Volkswirtschaften, die zusammen fast die Hälfte des BIP der Eurozone erwirtschaften. «Zu verdanken ist das Plus dem starken Wachstum in Deutschland und Frankreich», sagte Christoph Weil von der Commerzbank .

Deutschland liefert Löwenanteil
Dabei habe Deutschland den Löwenanteil geliefert, erklärte Dekabank-Experte Andreas Scheuerle. Denn die grösste Volkswirtschaft des Währungsraums war im zweiten Quartal nach einer ersten Schätzung des Statistischen Bundesamts um 0,7 Prozent gewachsen und damit so stark wie seit Anfang 2012 nicht mehr. «Die Lokomotive der Eurozone steht damit wieder unter Dampf», sagte Scheuerle.

Positive Impulse für die deutsche Wirtschaft kamen vor allem aus dem Inland: Sowohl die privaten als auch die öffentlichen Haushalte konsumierten mehr als im Vorquartal. Wie erwartet zogen zudem die Investitionen deutlich an. Das dürfte insbesondere an Nachholeffekten liegen: In dem ungewöhnlich langen und kalten Winter musste ein grosser Teil der Bauproduktion zurückgestellt werden. Etwas überraschend trug der Aussenhandel ebenfalls zum Wachstum bei. «Die deutsche Wirtschaft hat ein beeindruckendes Comeback hingelegt», befand Unicredit -Ökonom Alexander Koch.

Strategie der EZB
Insgesamt erwirtschaftete der Euroraum im Frühjahr zwar noch 0,7 Prozent weniger als ein Jahr zuvor. Aber das Minus im Jahresvergleich wird kleiner. Ökonom Christian Schulz vom Bankhaus Berenberg begründet die Konjunkturbelebung vor allem mit Strategie der Europäischen Zentralbank: «Seit die EZB im vergangenen Sommer ihr Sicherheitsnetz aufgespannt hat, ist das Vertrauen wieder gewachsen.»

Allianz-Ökonomin Ann-Katrin Petersen erwartet, dass der Euroraum im zweiten Halbjahr auf Wachstumskurs bleibt, und mehr Länder die Rezession hinter sich lassen. Mit grossen Sprüngen sei aber noch nicht zu rechnen: «Wir halten an unserer Prognose für das Gesamtjahr von minus 0,3 Prozent fest.» 2014 werde sich das Wachstum beschleunigen und für leichte Beschäftigungszuwächse sorgen. Zuletzt hatte auch der EZB-Präsident Mario Draghi Anzeichen «einer gewissen Verbesserung» erkannt: «Alles in allem dürfte sich die Konjunktur im Eurogebiet stabilisieren und langsam erholen.»

Portugal überrascht positiv
EU-Währungskommissar Olli Rehn begrüsste die Rückkehr des Aufschwungs in Europa, warnte aber auch: «Es gibt keinen Grund zu irgendeiner Selbstzufriedenheit.» Er hoffe, dass niemand die Krise für beendet erkläre, schrieb Rehn in seinem Blog. Das Wachstum sei nach wie vor gering, und die Durchschnittswerte verdeckten grosse Unterschiede zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten. Die EU-Kommission halte aber an der Vorhersage eines milden Aufschwungs in der zweiten Jahreshälfte fest.

Während Portugal positiv überraschte, fiel die Wirtschaftsleistung im krisengeschüttelten Zypern im Vergleich zum zweiten Quartal 2012 um 5,2 Prozent und damit stärker denn je. Auch die griechische Wirtschaft schrumpfte binnen Jahresfrist um 4,6 Prozent. Auch deshalb trat DGB-Vorstandsmitglied Claus Matecki auf die Euphoriebremse: «Überzogene Jubelmeldungen über ein Ende der Krise sind … nicht angebracht.» Das mickrige Wirtschaftswachstum im Euroraum werde die katastrophal hohe Arbeitslosigkeit nicht senken. (awp/mc/upd/ps)

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