Deutschland: Merkels Union triumphiert – FDP fliegt aus dem Bundestag

Deutschland: Merkels Union triumphiert – FDP fliegt aus dem Bundestag

Bundeskanzlerin Angela Merkel. (Foto: Bundeskanzlerin.de)

Berlin – Mit einem Traumergebnis haben CDU und CSU bei der Bundestagswahl in Deutschland triumphiert und Kanzlerin Angela Merkel ihre dritte Amtszeit gesichert. Allerdings wurde die schwarz-gelbe Koalition abgewählt, denn die FDP ist erstmals seit 1949 nicht mehr im Parlament vertreten. Nach dem vorläufigen amtlichen Endergebnis vom frühen Montagmorgen kam die CDU/CSU auf 41,5 Prozent (2009: 33,8) und legte damit um fast acht Punkte zu. Die SPD verbesserte sich ein wenig auf 25,7 Prozent (2009: 23,0).

Die FDP stürzte innerhalb von vier Jahren von 14,6 Prozent auf desaströse 4,8 Prozent ab – und damit aus dem Bundestag. Die Grünen verloren leicht auf 8,4 Prozent (2009: 10,7), die Linke verschlechterte sich auf 8,6 Prozent (2009: 11,9). Die euroskeptische Alternative für Deutschland (AfD) kam aus dem Stand auf 4,7 Prozent.

Daraus ergeben sich für CDU/CSU im neuen Bundestag laut vorläufigem amtlichen Endergebnis 311 Sitze (2009: 239), für die SPD 192 Mandate (146). Die Grünen bekommen 63 Mandate (68), die Linke 64 Sitze (76). Die bisherige Opposition liegt damit bei 319 Mandaten.

Merkels Union hat alle Trümpfe für eine Regierungsbildung in der Hand. SPD und Grüne kommen für eine Koalition in Frage, die Linke bleibt Opposition. Die Parteien werden das Ergebnis der Bundestagswahl am (heutigen) Montag besprechen.

Verschiedene Szenarien möglich
Die CSU-Spitze lehnt eine rechnerisch mögliche Koalition mit den Grünen ab. Ein solches Bündnis komme nicht in Frage, verlautete nach Gesprächen von CSU-Spitzenpolitikern in München in der Nacht aus Parteikreisen. In diesem Fall wäre nach dem Aus der FDP eine grosse Koalition zwischen Union und SPD die wahrscheinlichste Variante. Der CSU-Vorstand will am Vormittag über den Wahlausgang beraten.

Die Partei- und Fraktionsführung der Grünen sieht die Chance für ein Regierungsbündnis mit der Union äusserst skeptisch. Gesprächen würde man sich zwar nicht verweigern, aber wegen enormer inhaltlicher Differenzen wird ein Erfolg für wenig wahrscheinlich gehalten.

Das wurde nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur bei einem Treffen von Spitzenkandidaten, Fraktions- und Parteiführung in der Nacht zu Montag deutlich. Entscheidungen über mögliche personelle Veränderungen bei den Führungsleuten wurden noch nicht für diesen Montag erwartet, wie es weiter hiess.

Leicht höhere Wahlbeteiligung
Die Wahlbeteiligung legte leicht von 70,8 Prozent (2009) auf 71,5 Prozent zu. 2005 gingen 77,7 Prozent der Wahlberechtigten wählen, 2002 gar 79,1 Prozent.

Merkel sprach unter dem Jubel ihrer Anhänger von einem «Super- Ergebnis» und versicherte: «Wir werden damit verantwortungsvoll und sorgsam umgehen.» Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel zeigte sich enttäuscht: «Ja, wir haben zugelegt, aber wir haben mehr erwartet, keine Frage», sagte er und gratulierte: «CDU/CSU haben einen grossen Erfolg eingefahren.» SPD-Kanzlerkandidat Steinbrück ergänzte: «Der Ball liegt im Spielfeld von Frau Merkel. Sie muss sich eine Mehrheit besorgen.»

CSU-Chef Horst Seehofer sagte in München, seine Partei wolle eine Koalition mit der SPD «im Grunde genommen» nicht, weil ein solches Bündnis die Ausnahme sein sollte. Für die Entscheidungen im Bundesrat allerdings könne eine grosse Koalition hilfreich sein. «Aber darüber zu spekulieren ist viel zu früh.»

CDU-Vorstandsmitglied Annegret Kramp-Karrenbauer schloss Verhandlungen mit den Grünen über eine mögliche Koalition nicht aus. «Es gilt der alte Grundsatz, dass alle demokratischen Parteien untereinander auch gesprächsbereit sein sollten», sagte die Saar- Ministerpräsidentin. Grünen-Spitzenkandidat Jürgen Trittin sieht solche Gespräche aber skeptisch: «Die Wahrscheinlichkeit, dass dabei etwas rauskommt, halte ich nicht für besonders hoch.»

Merkel geniesst hohes Ansehen
Der AfD-Vorsitzende Bernd Lucke sprach von einem «ganz starken Ergebnis». FDP-Chef Philipp Rösler und Spitzenkandidat Rainer Brüderle übernahmen die politische Verantwortung für das Debakel ihrer Partei – beide deuteten ihren Rücktritt an. «Das ist das schlechteste Ergebnis, das wir bislang mit der FDP erreicht haben», sagte Brüderle. Nordrhein-Westfalens FDP-Chef Christian Lindner verlangte eine Erneuerung seiner Partei.

Die Union hat ihren Erfolg bei der Bundestagswahl nach einer ersten Analyse der Forschungsgruppe Wahlen vor allem dem hohen Ansehen Merkels zu verdanken. Sie habe das beste Kanzler-Image seit 1990, als Helmut Kohl an der Spitze der Regierung stand. Die Wertschätzung sei lagerübergreifend, schrieben die Wahlforscher: 80 Prozent attestierten der Kanzlerin demnach gute Arbeit, nur 17 Prozent bewerteten ihre Leistung als schlecht. Die CDU/CSU konnte zudem davon profitieren, dass die Deutschen das Land trotz der Euro-Krise klar besser aufgestellt sehen als 2009.

Ein klarer Sieg der Union im Bund hatte sich seit Monaten in allen Umfragen angedeutet. Zudem hatte die Bayern-Wahl vor einer Woche mit einer absoluten CSU-Mehrheit den Schwesterparteien nochmals einen Schub verschafft. Die mit 3,3 Prozent aus dem Landtag geflogene FDP versuchte mit einer massiven Zweitstimmenkampagne ein ähnlich dramatisches Scheitern im Bund zu verhindern – ohne jeden Erfolg.

Zur Wahl aufgerufen waren rund 61,8 Millionen Bürger. 34 Parteien mit 4451 Kandidaten bewarben sich in den 299 Wahlkreisen um die regulär 598 Sitze im Bundestag. (awp/mc/upd/ps)

Schreibe einen Kommentar