Die soziale Kluft in der EU wird grösser

Die soziale Kluft in der EU wird grösser

Warteschlange vor einem Arbeitsamt in Madrid.

Gütersloh – Kinder und Jugendliche sind die grössten Verlierer der europäischen Wirtschafts- und Schuldenkrise. In der EU sind rund 26 Millionen Kinder und Jugendliche von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht. Das sind 27,9 Prozent aller unter 18-Jährigen. Geringe Zukunftsperspektiven haben auch die 5,4 Millionen jungen Menschen, die sich weder in Beschäftigung noch in Ausbildung befinden. Eine Kluft bei der sozialen Gerechtigkeit verläuft in Europa insbesondere zwischen Nord und Süd sowie zwischen Jung und Alt. Dies ist das Ergebnis des Social Justice Index, mit dem die Bertelsmann Stiftung jährlich untersucht, wie sich soziale Gerechtigkeit in den 28 EU-Staaten entwickelt. Deutschland belegt in diesem Index Rang 7.

Allein in Spanien, Griechenland, Italien und Portugal ist die Zahl der Kinder und Jugendlichen, die von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht sind, seit 2007 um 1,2 Millionen von 6,4 auf 7,6 Millionen gestiegen. Sie leben entweder in Haushalten mit weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens, leiden unter schweren materiellen Entbehrungen oder wachsen in quasi-erwerbslosen Haushalten auf.

Auch in der Altersgruppe von 20 bis 24 Jahren befinden sich viele EU-Bürger in prekären Situationen. Von ihnen sind 5,4 Millionen (17,8 Prozent) weder in Beschäftigung noch in Ausbildung. In 25 Mitgliedstaaten der EU hat sich ihre Zahl seit 2008 teils erheblich erhöht, nur in Deutschland und Schweden hat diese Altersgruppe in den vergangenen Jahren an Perspektive gewonnen. Die negativste Entwicklung hingegen verzeichneten die südeuropäischen Länder: In Spanien kletterte der Anteil der 20- bis 24-Jährigen, die weder in Beschäftigung noch in Ausbildung sind, von 16,6 auf 24,8 Prozent, in Italien sogar von 21,6 auf 32 Prozent.

Kluft zwischen den Generationen wächst
In der längerfristigen Beobachtung wächst europaweit auch die Kluft zwischen den Generationen. Während der Anteil der von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedrohten Kinder im EU-Durchschnitt seit 2007 von 26,4 auf 27,9 Prozent gestiegen ist, hat sich der entsprechende Anteil in der Bevölkerungsgruppe ab 65 Jahren von 24,4 auf 17,8 Prozent verringert. Hauptgrund: Im Laufe der Krise sind die Renten und Altersbezüge der älteren Menschen nicht beziehungsweise nicht so stark geschrumpft wie die Einkommen der jüngeren Bevölkerung.

Verschärft wird die gegensätzliche Entwicklung zwischen Jung und Alt durch drei europaweite Trends: Steigende Verschuldung der öffentlichen Haushalte belastet vor allem die jüngeren Generationen; Zukunftsinvestitionen in Bildung oder Forschung und Entwicklung stagnieren; und alternde Gesellschaften erhöhen den Druck auf die Finanzierbarkeit sozialer Sicherungssysteme. Der Schuldenstand der EU-Staaten etwa hat sich im Verhältnis zu deren Wirtschaftsleistung im Durchschnitt von 63 Prozent im Jahre 2008 auf inzwischen 88 Prozent erhöht. (Bertelsmann Stiftung/mc/pg)

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