EY Luxury Client Index – Luxusbranche befindet sich weltweit am Scheideweg

Zürich – Nach jahrzehntelangem zweistelligem Wachstum erlebt der globale Luxusmarkt – 363 Milliarden Euro wert – eine deutliche Verlangsamung. Eine schwächere Wirtschaftslage und geringere Ausgaben in wichtigen Regionen wie China führten zu einem Wertverlust von 240 Milliarden US-Dollar bei europäischen Luxusaktien und zu Gewinnwarnungen in der gesamten Branche.
In der Schweiz hingegen wuchs 2024 der Luxusmarkt um 3,5% und erreichte ein Volumen von 5,4 Milliarden Franken. Luxusmode und Lederwaren gingen jedoch 2024 um 1,7% bzw. 2,9% zurück (Statista 2025).
Qualität, Nachhaltigkeit und das Markenerlebnis zählen zu den zentralen Kaufkriterien im Luxusgütersegment. Doch das Kaufverhalten verändert sich. Angesichts rückläufiger Verkaufszahlen und steigender Preise im globalen Luxusmarkt stellen sich Fragen zum Konsumverhalten der verschiedenen Generationen: Was erwarten sie – und was müssen Luxusmarken bieten, um relevant zu bleiben?
EY beleuchtet im aktuellen „Luxury Client Index“ das veränderte Konsumverhalten im Luxussegment. In der international durchgeführten Erhebung vom Frühjahr 2025 wurden über 1600 „Aspirational Luxury Clients“ befragt, darunter mehr als 100 Personen aus der Schweiz. Die Ergebnisse liefern differenzierte Einblicke in deren Werte, Erwartungen und Prioritäten.
Fabian Wehren, EY Consumer Products Sector Leader EY Switzerland & Global Account Leader, sagt zum Report mit Blick auf die Schweiz: „Qualität ist für die Luxusbranche in der Schweiz und weltweit nach wie vor von entscheidender Bedeutung. Besonders interessant für die Schweiz ist die zunehmende Tendenz zum Online-Luxus-Shopping und die Frage, wie der Luxussektor darauf reagieren muss.“
Qualität steht über allem
Mehr als zwei Drittel (71%) der weltweit befragten Konsumenten – in der Schweiz 66% – nennen Qualität als wichtigste Motivation für den Besitz von Luxusgütern. Etwas von Qualität zu besitzen ist den Befragten wichtiger als Exklusivität, Prominenz, Personalisierung und sogar der Preis. Aber auch Nachhaltigkeit gewinnt an Bedeutung. Rund ein Drittel (31%) der Befragten weltweit zählen Nachhaltigkeit zu den fünf wichtigsten Kaufkriterien – in der Schweiz liegt dieser Anteil bei 26%.
Gleichzeitig entsteht ein zunehmendes Spannungsfeld zwischen wahrgenommener Qualität und Preis. Fast zwei Drittel (62%) der international Befragten – in der Schweiz 60% – geben an, in den vergangenen zwölf Monaten auf den Kauf eines Luxusprodukts verzichtet zu haben. Ein zu hoher Preis ist dabei der Hauptgrund für den Verzicht. In diesem Kontext gewinnen flexible Zahlungsoptionen und zertifizierte Alternativen zunehmend an Bedeutung.
Junge Schweizer wollen etwas erleben
Trotz hoher Erwartungen an ein umfassendes Luxuserlebnis werden insbesondere Käufer im unteren Luxus-Preissegment häufig vernachlässigt. So berichten 59% der international Befragten mit jährlichen Ausgaben unter 5000 Euro (in der Schweiz 63%), in den vergangenen zwölf Monaten kein einziges „Markenerlebnis“ erfahren zu haben. Und das, obwohl weltweit unter allen Befragten 83% (Schweiz: 65%) angeben, ein solches Erlebnis würde sie zu einem erneuten Kauf motivieren. In der Schweiz steht dem zudem ein vergleichsweise hoher Anteil von 23% „neutral“ gegenüber – weltweit sind es lediglich 11%.
Eine klare Mehrheit von 70% der Befragten (Schweiz: 66%) wäre grundsätzlich bereit, für ein exklusives Markenerlebnis zu bezahlen. Besonders ausgeprägt ist dieser Trend in China (84%) sowie unter Angehörigen der Generation Z (weltweit: 79%). In der Schweiz zeigt sich ebenfalls eine hohe Zustimmung in dieser Altersgruppe – mit fast neun von zehn Befragten (89%) aus der Generation Z.
Zukunftspotenzial durch neue Geschäftsmodelle
Der Markt für zertifizierte gebrauchte Luxusprodukte birgt weltweit grosses Potenzial. Dies gilt auch für die Schweiz aber etwas weniger ausgeprägt. So würden 54% der international Befragten gebrauchte Luxusartikel direkt von einer Marke oder einem offiziellen Händler („Maison“) kaufen – vorausgesetzt, es gibt Garantien für Echtheit und Qualität. In der Schweiz wäre ebenfalls knapp die Hälfte (46%) dazu bereit.
Auch alternative Modelle wie Miete oder Abonnements für limitierte Editionen stossen auf wachsendes Interesse: Sowohl weltweit als auch in der Schweiz kann sich rund die Hälfte der Befragten (42%) vorstellen, solche Angebote gelegentlich zu nutzen.
Digitale Chancen: KI stärkt die Kundenbindung
Während der Einkauf von Luxusgütern in stationären Markengeschäften weltweit weiterhin dominiert (75% der letzten Käufe fanden im Geschäft statt) und auch in der Schweiz mit 53% nach wie vor eine wichtige Rolle spielt, gewinnen digitale Schnittstellen zunehmend an Bedeutung. Besonders KI-gestützte Funktionen wie personalisierte Produktempfehlungen oder virtuelle Produktvorschauen werden sowohl in der Schweiz als auch international als zentrale Mehrwerttreiber im Onlinekauf wahrgenommen. Fabian Wehren von EY Schweiz sagt abschliessend: „Die Ergebnisse der Umfrage zeigen deutlich, wie zentral das Markenerlebnis für Konsumenten geworden ist. Gerade in der Schweiz, wo Luxusgüter überdurchschnittlich oft online gekauft werden, besteht Nachholbedarf in der digitalen Customer Experience. Um langfristig erfolgreich zu bleiben, muss die Branche verstärkt in innovative Technologien wie KI-gestützte Einkaufserlebnisse und neue Geschäftsmodelle investieren.“ (EY/mc/hfu)