Griechisches Parlament billigt umstrittenes Spargesetz

Griechisches Parlament billigt umstrittenes Spargesetz
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (Bild: © Bundesministerium der Finanzen, Ilja C. Hendel)

Kurzbesuch des deutschen Finanzministers Schäuble in Athen. (Foto: Bundesministerium der Finanzen, Ilja C. Hendel)

Athen – Bei seinem ersten Besuch in Athen seit Ausbruch der Krise hat Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble Griechenland für die Fortschritte im Kampf gegen die Staatspleite gelobt. Athen habe «grosse Schritte bei der Konsolidierung seiner Wirtschaft» gemacht, sagte der CDU-Politiker am Donnerstag unmittelbar nach der nächtlichen Verabschiedung der heftig umstrittenen neuen Spargesetze im griechischen Parlament. Diese sehen vor allem Massenentlassungen von Staatsbediensteten vor.

Die Griechen gingen durch schwierige Zeiten, es gebe aber keinen anderen Weg, betonte Schäuble vor der Deutsch-Griechischen Handelskammer in Athen. Bei seinem Besuch traf er auch Regierungschef Antonis Samaras und seinen Amtskollegen Ioannis Stournaras. Schäubles Kurzbesuch fand aus Sorge vor Protesten unter strengen Sicherheitsvorkehrungen statt. Denn Schäuble wird von vielen Griechen als Sparkommissar angeprangert.

15’000 Staatsbedienstete vor Entlassung
In der Nacht zum Donnerstag hatte die Regierung ein weiteres bahnbrechendes Sparpaket im Parlament nur mit ganz knapper Mehrheit durchpauken können. Nach zweitägiger teils stürmischer Debatte genehmigten die Abgeordneten Gesetze, die der Regierung die Entlassung von 15 000 Staatsbediensteten ermöglichen. Der Abbau der überbordenden Verwaltung gehört zu den Voraussetzungen für weitere Milliarden-Hilfskredite der internationalen Geldgeber.

Kein Schuldenschnitt
Einen Schuldenschnitt lehnte Schäuble erneut ab. Er bat seine Diskussionspartner «dieses Gespräch (Schuldenschnitt) nicht fortzusetzen». Es sei nicht zu ihrem Vorteil. Die Debatte über einen weiteren Schuldenschnitt hält seit Wochen an. Anlass sind Hochrechnungen des Internationalen Währungsfonds (IWF), wonach sich trotz Fortschritten beim griechischen Sparprogramm 2014 zusätzlicher Hilfsbedarf in Milliardenhöhe abzeichnet.

Verständnis für Unmut der Griechen
Gegen das neue Sparprogramm hatte es bis zuletzt heftige Proteste gegeben. Schäuble hatte am Mittwochabend in den ARD-Tagesthemen Verständnis dafür gezeigt, dass viele Griechen gegen die Auflagen der Geldgeber demonstrieren. «Ich kann gut verstehen, dass viele Griechen so empfinden», sagte er. Viele Menschen dort dächten über die Geldgeber, «die sind schuld, dass wir diese Sparmassnahmen machen müssen». Dem sei aber nicht so, sagte der Finanzminister. «Wir helfen den Griechen ja, auch Europa insgesamt.» Auch sei er nicht «die Obertroika».

Wachstumsfonds für KMU
Weiter haben sich Deutschland und Griechenland auf den Aufbau eines Wachstumsfonds zur Unterstützung von Unternehmen in dem Krisenland geeinigt. Zum Abschluss seines Kurzbesuchs in Athen unterzeichnete Schäuble eine entsprechendes Vereinbarung mit der griechischen Seite. Diese sieht nach Angaben von Schäubles Ministerium vor, dass kleine und mittlere Unternehmen aus dem Fonds mit günstigeren Krediten versorgt werden können. Eine Grössenordnung wurde nicht genannt. Zuvor war von insgesamt 500 Millionen Euro die Rede.

Die KMU leiden besonders unter der rasanten Wirtschaftstalfahrt. Ein schmaler Lichtblick scheint sich nun aufzutun. Griechenlands Wirtschaftsminister Kostis Chatzidakis geht davon aus, dass 2013 das letzte Rezessionsjahr für das gebeutelte Euro-Krisenland sein werde, wie er dem «Handelsblatt» (Donnerstag) sagte. Auch Schäuble zeigte sich zuversichtlich, dass die Wirtschaft bald wieder auf Wachstumskurs kommt. «Wir arbeiten Seite an Seite dafür», sagte er. Allerdings warnte er, dass die Krise in der Eurozone noch nicht überwunden sei. Der deutsche Finanzminister forderte die Regierung auf, die Privatisierungen fortzusetzen.

Finanzminister beklagt Kapitalverlagerung von Süd nach Nord
Sein Amtskollege Stournaras sagte, alle Mitglieder der Eurozone müssten ihre Finanzen in den Griff bekommen. Sorgen bereite aber der kontinuierliche Abfluss von Kapital vom Süden hin zum Norden. Mit den Sparprogrammen beweise Griechenland «seinen Glauben an die Europäische Idee». Was Griechenland jetzt brauche, sei Liquidität. Diese werde auch mit der Rekapitalisierung der Banken des Landes geschaffen.

Die griechische Presse reagierte unterschiedlich auf den Besuch Schäubles: Die linke Zeitung «Eleftherotypia» zeigte auf ihrer Titelseite den Untergang der griechischen Wirtschaft, ausgelöst durch die harten Sparprogramme. «Herr Schäuble, hier ist ihr Werk: Bruttoinlandsprodukt minus 20,5, Einzelhandel minus 18 Prozent, Bauwesen minus 67 Prozent», titelte das Blatt. Und die Arbeitslosigkeit habe inzwischen 27 Prozent übertroffen. Die konservative Presse berichtete dagegen sachlicher über den Besuch Schäubles.

Die griechische Opposition hatte Schäuble in den vergangenen Monaten wiederholt scharf angegriffen. Viele Griechen sehen den CDU-Politiker als unerwünscht in ihrem Land an. Für den Nachmittag war eine Demonstration gegen Schäuble an einem kleinen Platz in Athen geplant. Die Polizei hat im gesamten Stadtzentrum die Demonstrationen verboten. Überall wurde kontrolliert. Schäuble wollte Abend wieder abreisen. (awp/mc/pg)

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