Kampf um Google-Steuer in EU – Aber kaum Chancen

Kampf um Google-Steuer in EU – Aber kaum Chancen
EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. (© EU, 2016)

Berlin – Die EU-Kommission und Frankreich versuchen, die hochumstrittene europaweite Digitalsteuer vor dem Aus zu retten. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker plädierte am Montag bei einer Veranstaltung der «Süddeutschen Zeitung» für eine solche Abgabe. «Wir brauchen eine Digitalsteuer – es geht nicht anders», sagte er. Auch Frankreichs Finanzminister Bruno Le Maire machte sich für die Steuer stark. Bundesfinanzminister Scholz wies auf starke Bedenken hin und schlägt weiterhin eine Verschiebung der Einführung auf 2020 vor.

Die EU-Kommission hatte im Frühjahr eine neue Steuer von drei Prozent auf Umsätze aus Digitalgeschäften in Europa vorgeschlagen. Vielen Internet-Konzernen wie Google oder Facebook wird vorgeworfen, durch Tricks zu wenig Steuern zu zahlen. Allerdings ist eine EU-weite Einigung derzeit so gut wie ausgeschlossen, da alle 28 Mitgliedsstaaten zustimmen müssen. Strikt dagegen sind unter anderem Irland und einige skandinavische Staaten. Daher will Deutschland zunächst eine Grundsatzeinigung mit Frankreich erreichen und hofft, dass Skeptiker später mitziehen. Italien, Spanien und Grossbritannien planen bereits nationale Steuern.

«Gerechteres und effektiveres internationales Steuersystem» im Fokus
Le Maire sprach in einem Interview des Handelsblatts aber ausdrücklich von einer Digitalsteuer. Entscheidungen sollten nach seinen Vorstellungen im Dezember beim Treffen der EU-Finanzminister fallen. Le Maire sieht allerdings keinen Grundsatzkonflikt mit Scholz. Es gehe beiden um ein «gerechteres und effektiveres internationales Steuersystem». «Deshalb bin ich mit Olaf Scholz entschlossen, bei einer weltweiten Mindest-Gewinnbesteuerung voranzukommen», sagte er. Frankreich hat viel politisches Kapital in die Steuer investiert. Präsident Emmanuel Macron machte deren Einführung zu einem seiner grossen politischen Projekte.

Für Scholz ist eine Mindestbesteuerung von Unternehmen die erste Wahl, um auch die Digitalkonzerne zu treffen, wie er in einem Interview mit «Spiegel-Online» deutlich machte. Dafür sollten sich die Europäer einsetzen. «Damit wäre sichergestellt, dass alle Unternehmen sich an der Finanzierung unseres Gemeinwesens beteiligen, auch die grossen Digitalunternehmen.» Daher sollte bis zum Sommer 2020 eine Lösung für eine solche Steuer innerhalb der Staaten der Industrieländer-Organisation OECD angestrebt werden. «Falls eine internationale Verständigung scheitert, sollten wir nach meiner Überzeugung auf europäischer Ebene vorangehen und ab Januar 2021 Mindeststeuersätze und eine wirksame Besteuerung digitaler Unternehmen einführen.»

Systemwechsel
Scholz sagte, durch eine Digitalsteuer, die wie von der EU-Kommission vorgeschlagen am Umsatz ansetzt, könne ein Systemwechsel in der internationalen Besteuerung eingeläutet werden. Der könnte dann in Deutschland erhebliche Verluste bedeuten. Derzeit profitiert das Exportland Deutschland davon, dass der Ansatzpunkt für die Besteuerung von Unternehmen das Land begünstigt, in dem die Unternehmen ihren Sitz und ihre Produktion haben. «Wenn (…) künftig andere Länder beginnen, auch Importe auf ihren Märkten zu besteuern, kann es in Deutschland und anderen Industrieländern zu Steuermindereinnahmen in Milliardenhöhe kommen», warnte er.

Kritik an dem Vorhaben kam bei der Veranstaltung von Gillian Tans, der Chefin der Hotelseite Booking.com. Sie sagte, eine Digitalsteuer würde die europäische Digitalwirtschaft eher zurückwerfen und sei diskriminierend, sagte Tans. Zudem sei das, was vorgeschlagen werde, viel zu kompliziert. (awp/mc/ps)

EU-Kommission

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