Deutsche Konjunktur brummt – Überschuss in der Staatskasse

Deutsche Konjunktur brummt – Überschuss in der Staatskasse

Berlin / Wiesbaden – Die deutsche Wirtschaft wächst so stark wie zuletzt vor fünf Jahren – und spült Milliarden in die öffentlichen Kassen. Davon profitiert neben Ländern, Gemeinden und Sozialkassen vor allem der Bund, wie das Statistische Bundesamt am Donnerstag in Berlin berichtete.

Prompt weckte der Überschuss des Bundes Begehrlichkeiten: Während Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) mit dem Plus von 6,2 Milliarden Euro Schulden abbauen will, pocht der Koalitionspartner SPD auf zusätzliche Investitionen und – wie auch CSU-Politiker und Ökonomen – auf Entlastungen der Bürger.

Privater Konsum als Stütze
Unter dem Strich legte Europas grösste Volkswirtschaft 2016 nach vorläufigen Zahlen der Statistiker um 1,9 Prozent zu. Als entscheidende konjunkturelle Stütze – mit mehr als der Hälfte der gesamten Wirtschaftsleistung – erwies sich abermals der Konsum der privaten Haushalte, der 2016 wie im Vorjahr um 2,0 Prozent zulegte. Vielen Verbrauchern sitzt das Geld locker, weil Sparen kaum noch mit Zinsen belohnt wird. Die niedrige Inflation erhöht die Kaufkraft zusätzlich – auch wenn die Teuerung im Dezember wegen gestiegener Energiepreise anzog.

Dank der robusten Konjunktur, florierender Einnahmen und der rückläufigen Arbeitslosigkeit kann der deutsche Staatshaushalt nun schon im dritten Jahr in Folge einen Überschuss verbuchen. Im Konzert der grossen Länder der Eurozone steht die Bundesrepublik damit allein auf weiter Flur.

Überschuss in öffentlichen Kassen
Nach Berechnungen der Statistiker belief sich der Überschuss der öffentlichen Kassen insgesamt auf 19,2 Milliarden Euro. Das entspricht 0,6 Prozent des BIP, nach 0,7 und 0,3 Prozent in den beiden Vorjahren.

Die Zahlen der Behörde weichen allerdings von denen des Bundes ab: Demnach entfällt allein auf den Bund ein Überschuss von mehr als zehn Milliarden Euro. Der höhere Wert ist Folge unterschiedlicher Berechnungsmethoden. So beziehen die Statistiker auch die für 2016 zusätzlich beschlossenen 3,5 Milliarden Euro für Kommunalinvestitionen in das Plus des Bundes ein.

Schuldentilgung im Fokus
Eigentlich müsste der Überschuss des Bundes automatisch in die bereits gebildete Rücklage von 12,8 Milliarden Euro zur Finanzierung der Flüchtlingskosten fliessen. Stattdessen sollte das zusätzliche Geld zur Schuldentilgung genutzt werden, hiess es in Schäubles Ministerium. Jetzt sei weder die Zeit für eine Steuerdebatte noch für neue Begehrlichkeiten an anderer Stelle.

Die Schuldentilgung sei die sinnvollste Massnahme und ein Signal an internationale Partner. Der Bund steht mit gut 1,27 Billionen Euro in der Kreide. «Da schadet es auch nicht, einmal damit anzufangen, ‹was zu tilgen», hiess es. SPD-Chef Sigmar Gabriel konterte per Kurznachricht: «Geld, das die Bürger erwirtschaftet haben, darf der Finanzminister nicht horten.»

Konjunktur gewann zum Jahresende an Schwung
Ein deutlich stärkeres Wirtschaftswachstum gab es zuletzt 2010 (plus 4,1 Prozent) und 2011 (plus 3,7 Prozent) – damals musste sich die deutsche Wirtschaft allerdings aus der tiefen Rezession des globalen Krisenjahres 2009 emporarbeiten.

Zum Jahresende gewann die Konjunktur noch einmal an Tempo. Nach ersten Schätzungen der Wiesbadener Statistiker stieg das BIP in den letzten drei Monaten 2016 im Vergleich zum Vorquartal um ungefähr ein halbes Prozent. Die Vorquartale waren schwächer ausgefallen.

Arbeitsmarkt läuft ebenfalls gut
Zudem ist die Lage auf dem Arbeitsmarkt historisch günstig. 2016 wurde die deutsche Wirtschaftsleistung im Jahresschnitt von knapp 43,5 Millionen Erwerbstätigen erbracht, rund 429 000 mehr als im Jahr davor. «Das ist der höchste Stand seit der deutschen Wiedervereinigung», sagte der Präsident des Statistischen Bundesamtes, Dieter Sarreither. (awp/mc/ps)

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