«Lex China»: Deutsche Regierung plant höhere Übernahme-Hürden

«Lex China»: Deutsche Regierung plant höhere Übernahme-Hürden

Berlin – Chinesische Investoren greifen nach deutschen Unternehmen – in sensiblen Bereichen sollen milliardenschwere Übernahmen nun deutlich erschwert werde. Derzeit befinde sich eine Reform der Aussenwirtschaftsverordnung in der Abstimmung mit den anderen Ministerien, teilte ein Sprecher von Deutschlands Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) am Dienstag in Berlin mit. Wenn ein Investor aus einem Nicht-EU-Staat an bestimmten Unternehmen Anteile erwerben will, soll es künftig ab einem geplanten 15-Prozent-Anteil eine strenge Investitionsprüfung geben. Bisher liegt der Wert bei 25 Prozent.

Ziel ist, dass die Bundesregierung frühzeitiger mitreden kann, ob legitime Sicherheitsinteressen Deutschlands betroffen sein könnten. «Natürlich wollen wir, dass Unternehmen weiterhin in Deutschland investieren», sagte Minister Altmaier der Zeitung «Die Welt». Aber Achtsamkeit dort, wo Sicherheitsinteressen berührt seien, gehöre auch zur sozialen Marktwirtschaft.

Für die Prüfverfahren kommen bei Interesse ausländischer Investoren unter anderem folgende Bereiche in Frage: Telekommunikation, IT-Sicherheit, Kraftwerke, Stromnetze, Trinkwasser- und Lebensmittelversorgung, Zahlungsverkehr, Wertpapier- und Derivatgeschäfte, Krankenhausinformationssysteme, Luftverkehr, Schienenverkehr, See- und Binnenschifffahrt und der Softwarebereich.

Zuletzt hatte die versuchte Übernahme eines der vier grossen Stromnetzbetreiber Schlagzeilen gemacht: Die Bundesregierung verhinderte mit einem ungewöhnlichen Schritt einen solchen Einstieg Chinas in die deutsche Stromversorgung. Die Staatsbank KfW wird nun einen Anteil von 20 Prozent am Übertragungsnetzbetreiber 50Hertz erwerben und sticht damit den chinesischen Staatskonzern SGCC aus.

«Schutz kritischer Infrastruktur»
Es gehe um den Schutz kritischer Infrastruktur, begründete die Regierung diesen Schritt. Bürger und Wirtschaft erwarteten eine zuverlässige Energieversorgung. Durch den Aufstieg Chinas verfügen Investoren über das notwendige Kapital, um sich in lukrative ausländische Unternehmen einzukaufen – die Verschärfung soll auch verhindern, dass immer mehr Wissen und Patente abfliessen.

Geplant ist daher auch, dass nach «erfolgter Erwerbsprüfung bei weiteren Hinzuerwerben nochmalige Prüfverfahren möglich sind». Zum Beispiel ein erstes Prüfverfahren beim geplanten Erwerb von 30 Prozent der Stimmrechte und ein weiteres Prüfverfahren, wenn 20 weitere Prozent erworben werden sollen und damit die kritische Grenze von 50 Prozent erreicht wird. Generell will die Bundesregierung bei allen «verteidigungsrelevanten Unternehmen, kritischen Infrastrukturen oder im Bereich bestimmter anderer ziviler sicherheitsrelevanter Technologien» die Prüfschwellen verschärfen.

Der Bundesverband der Deutschen Industrie forderte ein Vorgehen mit Augenmass, um Investoren nicht abzuschrecken. «Deutschland ist auf ein offenes Investitionsklima angewiesen. Das Kapital wird heute zunehmend von den dynamischen Wachstumsmärkten der Schwellenländer angezogen», sagte BDI-Hauptgeschäftsführer Joachim Lang. «Eine Absenkung der Prüfschwelle muss auf sensible sicherheitsrelevante Bereiche beschränkt werden und sich strikt am Schutz der nationalen Sicherheit orientieren.» Ausländische Investitionen seien wichtig für den Standort Deutschland. «Fast drei Millionen Arbeitnehmer arbeiten hierzulande für Unternehmen in ausländischer Hand», sagte Lang.

Die IG Metall hatte schon vor Wochen angesichts der Einkaufstour chinesischer Investoren bei deutschen Hightech-Firmen eine zügige und wirksame Gegenstrategie gefordert. «Die zunehmenden Übernahmen deutscher Unternehmen in Schlüsselindustrien können gefährlich werden», sagte Wolfgang Lemb, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der Gewerkschaft, der Deutschen Presse-Agentur. «Dahinter steckt eine strategische Ausrichtung Chinas. Das darf man nicht unterschätzen.» Nötig seien aber ausserdem massive industriepolitische Anstrengungen in Deutschland und Europa.

In Afrika und Lateinamerika sind chinesische Unternehmen seit Jahren auf dem Vormarsch. Auch der Leiter des Programms internationale Beziehungen beim China-Forschungsinstitut Merics, Mikko Huotari, mahnte zuletzt Gegenmassnahmen an: «China kann uns überrollen. Das haben wir bei der Solarenergie gesehen. Das ist ein Muster, das sich jetzt vielfach auch in anderen Industrien – wie beispielsweise in der Robotik-Branche wiederholen kann.»

Interesse vor allem an Schlüsseltechnologien
Unternehmen aus der Volksrepublik sind vor allem an Schlüsseltechnologien wie Robotik, Maschinen- und Anlagenbau oder Biomedizin interessiert. Ziel Pekings ist es, bis Mitte des Jahrhunderts in sämtlichen wichtigen Industriesparten die technologische Weltführung zu übernehmen. Am meisten Aufsehen erregte bislang 2016 die milliardenschwere Übernahme von Kuka, einem führenden Hersteller von Industrierobotern, durch den Midea-Konzern. (awp/mc/ps)

Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi)

 

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