Lufthansa steuert auf landesweiten Streik zu

Lufthansa steuert auf landesweiten Streik zu

Frankfurt – Mit unvermindertem Schub steuert die Lufthansa auf den ersten bundesweiten Streik ihrer Flugbegleiter zu. Nach zwei regionalen Streikwellen mit zusammen mehr als 500 Flugausfällen und rund 90.000 direkt und indirekt betroffenen Passagieren deutete am Mittwoch nichts auf eine Annäherung mit der Gewerkschaft Ufo hin. Diese hat für Freitag zu einem 24-Stunden-Streik an allen deutschen Lufthansa-Standorten aufgerufen.

Das Unternehmen bereitet sich mit Hochdruck auf die dritte Streikwelle der Stewards und Stewardessen vor. Erste Grundzüge des Sonderflugplans würden voraussichtlich noch am Mittwochabend veröffentlicht, kündigte Sprecher Andreas Bartels an. Von den rund 1800 Flügen am Freitag fänden rund 600 sicher statt, weil sie von Regionalpartnern geflogen werden. Die Ausfallquote bei den übrigen könne noch nicht abgeschätzt werden. Erneut sollen die Passagiere per Mail oder SMS benachrichtigt werden.

Zweite Streikwelle
Bei der zweiten Streikwelle am Dienstag in Berlin, Frankfurt und München waren mehr als 300 Flüge ausgefallen, 51.000 Passagiere mussten umgebucht werden oder konnten gar nicht fliegen. Die Airline hatte zunächst nur von 43.000 direkt betroffenen Passagieren gesprochen. Weitere rund 39.000 Fluggäste waren von streikbedingten Verspätungen betroffen.

Am Freitag werde Lufthansa voraussichtlich die Hälfte aller Flüge streichen müssen, meinte Ufo-Chef Nicoley Baublies. Danach seien zunächst keine weiteren Streiks geplant, sondern eine Denkpause, kündigte der Gewerkschafter an. Er forderte die Lufthansa erneut auf, in einer Schlichtung über alle relevanten Themen zu reden. Das lehnte Lufthansa Passage-Vorstand Peter Gerber mit dem Hinweis ab, dass sich ein Schlichter nur mit Fragen offener Tarifverträge beschäftigen könne, nicht aber mit dem Manteltarifvertrag oder unternehmerischen Entscheidungen. Damit meinte er insbesondere der von Ufo bekämpfte Plan einer internen Billigfluglinie auf dem Tarifniveau der Tochter Germanwings.

Lufthansa verzichtet auf Klage
Lufthansa verzichtet auf eine Klage gegen den Streik. Gerber nannte ein gerichtliches Vorgehen gegen den Streik «aussichtslos». Solange die Gewerkschaft sich formell auf die bestreikbaren Fragen aus dem Vergütungstarifvertrag beschränke, sei das nicht angreifbar. «So lange es bei der Vergütung bleibt, ist das sauber.» Er hoffe dennoch auf eine schnelle Beilegung des Arbeitskampfes. Wochenlange Streiks wie beim Konkurrenten British Airways entsprächen nicht der Lufthansa-Unternehmenskultur.

Gerber forderte die Gewerkschaft auf, ihre Gesprächsbereitschaft über die Einkommensstruktur der rund 18.000 Flugbegleiter zu zeigen. Dann könne man schnell wieder in Gespräche kommen. Er betonte erneut, dass mit dem vorgelegten Angebot keinem Flugbegleiter der Lufthansa etwas weggenommen werden solle. Verzichten müssten einige auf «Erwartungsbesitzstand», also noch nicht realisierte Gehaltssprünge. Für Berufsanfänger sind allerdings deutlich niedrigere Konditionen vorgesehen. Auch bei einer Abordnung an die neue Gesellschaft blieben die Flugbegleiter zu gleichen Bezügen Angestellte der Lufthansa.

Air Berlin prüft Einsatz grösserer Jets
Für den Freitag prüft Konkurrent Air Berlin bereits den Einsatz grösserer Jets, Lufthansa könnte möglicherweise Maschinen der Töchter AUA und Swiss einsetzen, wurde spekuliert. Die Deutsche Bahn stellt sich auf mehrere tausend zusätzliche Fahrgäste ein und will notfalls zusätzliche Züge bereitstellen.

Mit Verzögerungen und Ausfällen mussten Passagiere auch am Mittwoch noch leben, weil die Ausfälle vom Dienstag noch nachwirkten. Auf ihrer Internetseite veröffentlichte die Lufthansa am Mittwochmorgen eine Liste mit 27 gestrichenen Flügen von und nach Frankfurt und München, die für Mittwoch und Donnerstag geplant waren. Diese Ausfälle seien Folgen des Streiks vom Dienstag, sagte der Sprecher des Flughafens München. «Der Flugplan passt noch nicht. Einige Flugzeuge und Crews sind nicht da, wo sie sein sollen.»

Insgesamt hielt sich das Chaos in Grenzen
In München war der Streik um Mitternacht zu Ende gegangen. Der Flughafen hatte 500 Feldbetten für gestrandete Passagiere aufstellen lassen. Fast 400 Reisende, die in der Nacht nicht weiterreisen konnten, suchten auf den Liegen ein wenig Schlaf. Auf dem zweitgrössten deutschen Flughafen mussten mehr als 100 Flüge annulliert werden, in Frankfurt waren es über 200. In München strandeten insgesamt fast 1.200 Passagiere.

Insgesamt hielt sich das Chaos aber in Grenzen, wenn auch die Streiks an den beiden Drehkreuzen weltweite Folgen hatten. Die Lufthansa konnte nach eigenen Angaben 25.000 der 51.000 direkt betroffenen Fluggäste per SMS informieren und sagte Flüge frühzeitig ab. In der Folge stabilisierte sich der Betrieb am Mittwoch schneller. Lufthansa hatte einige Jets bereits am Montagabend im Ausland stehen lassen und konnte sie nun in der Nacht zum Mittwoch mit ausgeruhten Crews wieder in Richtung ihrer deutschen Drehkreuze einsetzen.

Ufo fordert fünf Prozent mehr Lohn, das Ende der Leiharbeit und Schutz gegen die Auslagerung von Jobs. Lufthansa bietet bei einer längeren Laufzeit 3,5 Prozent Lohnerhöhung, plant aber eine konzerninterne Billigtochter und will die Gehaltsstufen abflachen. (awp/mc/pg)

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