Macron fordert mit weitreichenden EU-Plänen Berlin und Brüssel heraus

Macron fordert mit weitreichenden EU-Plänen Berlin und Brüssel heraus
Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron.

Paris – Frankreichs Präsident Emmanuel Macron will die Europäische Union bis 2024 komplett umbauen, um die Gemeinschaft international krisenfester und schlagkräftiger zu machen. Für die Eurozone fordert der Staatschef eine Haushaltsrevolution: das gemeinsame Währungsgebiet brauche ein eigenes Budget, das auf längere Sicht auch mit einer eigenen Steuer finanziert werden könnte. «Haben wir keine Angst, gehen wir voran», sagte der 39-Jährige am Dienstag vor Studenten in der Pariser Sorbonne-Universität.

Widerspruch gegen seines weitgehenden Pläne ist programmiert. Die FDP, die nach der Bundestagswahl als potenzieller Koalitionspartner gilt, lehnt einen Eurozonenhaushalt ab. Auch das Thema «EU-Steuer» sorgte in Brüssel bisher stets für erregte Debatten.

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker begrüsste Macrons Rede. «Ja, wir brauchen jetzt ein enger vereintes, stärkeres und demokratischeres Europa», teilte Juncker via Twitter mit. Gebraucht werde ein Fahrplan, eine offene Diskussion aller Ideen und eine Entscheidung vor der nächsten Europawahl 2019. Juncker lobte Macrons Rede als «sehr europäisch» und schrieb: «Europa braucht Mut.»

Europäisches Verteidigungsbudget
Macron forderte ein europäisches Verteidigungsbudget und eine gemeinsame Interventionstruppe. Diese soll zum Beginn des kommenden Jahrzehnts geschaffen werden.

Der französische Staatschef schlug Deutschland eine noch engere Partnerschaft vor – es könnte einen neuen Élyséevertrag zum 55. Jahrestag am 22. Januar 2018 geben. «Wir werden über alles reden», kündigte der Staatschef an. Er brachte dazu auf längere Sicht gemeinsame Regeln für Unternehmen ins Spiel. Der Élyséevertrag war am 22. Januar 1963 von dem damaligen Bundeskanzler Konrad Adenauer und dem französischen Staatspräsidenten Charles de Gaulle geschlossen worden und begründet die deutsch-französische Freundschaft.

Türe für Grossbritannien offen halten
Grossbritannien, das 2019 aus der Union ausscheiden will, könnte in einer reformierten EU wieder seinen Platz finden, meinte der seit Mai amtierende Macron, der mit einem explizit proeuropäischen Programm die Wahl gewonnen hatte. Andererseits schlug er vor, die 73 freiwerdenden britischen Sitze im Europaparlament bei der Europawahl 2019 über eine europaweite Wahlliste zu vergeben. «Wir können entscheiden, dass diese 73 Abgeordneten die europäische Antwort sein können auf den Brexit», sagte Macron.

Ziel von Macrons Rede war es, Frankreich wieder in der europäischen Debatte zu verankern. Das mit einer hohen Arbeitslosigkeit kämpfende Land war lange mit der Wirtschaftskrise beschäftigt und ist immer noch ein Brüsseler Defizitsünder. Macron hatte zugesichert, sich an europäische Budgetregeln zu halten und das – oft als verkrustet kritisierte – Land zu reformieren.

Aus den grossen Fraktionen des Europaparlaments kam Rückendeckung für die Pläne Macrons. «Wir brauchen mutige Initiativen und den klaren politischen Willen, Europa zu reformieren», kommentierte der Fraktionschef der Europäischen Volkspartei, der CSU-Politiker Manfred Weber, auf Twitter. «Beginnen wir jetzt mit der Diskussion.» Der Fraktionschef der Liberalen, Guy Verhofstadt, schrieb: «So muss es sein! Lasst uns Europa voranbringen!» (awp/mc/ps)

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