Millionen demonstrieren in Spanien und Portugal gegen Sparpolitik

Millionen demonstrieren in Spanien und Portugal gegen Sparpolitik

Grösste Demonstration in Portugal seit dem Ende der Diktatur.

Madrid – Mehr als eine Million Menschen haben in Portugal und Spanien gegen die harten Sozialkürzungen zur Rettung des Euro demonstriert. In Portugal forderten die Demonstranten am Samstag den Rücktritt der Mitte-Rechts-Regierung, in Spanien eine Volksabstimmung über die Sparpolitik. Doch während in der portugiesischen Regierung Zweifel am eigenen Kurs wachsen, will Madrid die Massnahmen sogar noch verschärfen.

Alleine in Portugal beteiligten sich nach Medienschätzungen mehr als eine Million Menschen an den Kundgebungen in 40 Städten. Die Zeitung «Público» sprach am Sonntag von der grössten Demonstration seit dem Ende der Diktatur 1974. Die Protestmärsche standen unter dem Motto «Zum Teufel mit der (Geldgeber-)Troika! Wir wollen unser Leben». «Eine brutale rote Karte» für die Regierung von Pedro Passos Coelho, titelte das Massenblatt «Correio da Manha». In Aveiro 200 Kilometer nördlich von Lissabon setzte sich ein Demonstrant in Brand. Er wurde dabei schwer verletzt.

«Marsch auf Madrid»
Zum «Marsch auf Madrid» strömten nach Angaben der Veranstalter am Samstag mehrere Hunderttausend Menschen in die spanische Hauptstadt. Die Regierung sprach von 65’000 Demonstranten. Zu der Kundgebung unter dem Motto «Sie wollen unser Land ruinieren. Das müssen wir verhindern!» hatten rund 150 Organisationen aufgerufen. Sie warfen dem konservativen Ministerpräsidenten Mariano Rajoy vor, mit «antisozialen und autoritären» Massnahmen alle Wahlversprechen zu brechen. Sondereinheiten der Polizei hinderten etwa 200 Protestler daran, zum Sitz der regierenden Volkspartei vorzurücken.

Erhöung der Sozialabgaben Auslöser der Proteste
Auslöser der Proteste in Portugal war die geplante Erhöhung der Sozialabgaben von 11 auf 18 Prozent für Arbeitnehmer. Gleichzeitig soll der Anteil der Arbeitgeber von 23,75 auf 18 Prozent sinken. Demonstranten in Lissabon bewarfen die Vertretung des Internationalen Währungsfonds (IWF) mit Tomaten und Böllern.

Die oppositionelle Sozialistische Partei hatte der portugiesischen Regierung am Donnerstag ihre Unterstützung entzogen. Sozialistenchef António Seguro drohte mit einem Misstrauensantrag, falls die Regierung trotz 15,7 Prozent Arbeitslosigkeit am Sparkurs festhalte. Auch in der Koalition der liberalen Sozialdemokraten (PSD) von Ministerpräsident Passos Coelho mit dem rechtskonservativen CDS regte sich in den vergangenen Tagen Widerstand gegen die neuen Massnahmen.

Portugal erhält ein Jahr mehr Zeit
Portugal hatte bisher bei der Sanierung der Staatsfinanzen Erfolg. Im August räumte das Finanzministerium des ärmsten Landes Westeuropas aber ein, man werde wegen der Rezession das für 2012 festgelegte Haushaltsdefizit-Ziel ohne zusätzliche Kürzungen nicht erreichen. Die Troika aus EU, IWF und Europäischer Zentralbank (EZB), die Portugal 2011 mit einem 78-Milliarden-Euro-Paket half, gab dem Land daraufhin ein Jahr mehr Zeit für die Haushaltssanierung.

Spanische Regierung zeigt sich unbeeindruckt
Anders als in Portugal zeigt sich die spanische Regierung von den Protesten unbeeindruckt. Wirtschaftsminister Luis de Guindos erklärte bei einem Treffen der Eurogruppe in Nikosia: «Die Opfer, die gebracht werden müssen, sind absolut unumgänglich.» Er kündigte sogar weitere Einschnitte für die kommenden Wochen an, um das Haushaltsdefizit zu drücken.

Der spanische Gewerkschaftsbund UGT droht mit einem Generalstreik, sollte die Regierung ihren Sparkurs nicht ändern. Der konkurrierende Gewerkschaftsbund CCOO beschuldigte Ministerpräsident Rajoy, den Wohlfahrtsstaat vernichten zu wollen. Die Organisatoren des Marsches auf Madrid fordern eine Volksabstimmung darüber, ob die Regierung Nothilfe für die spanische Wirtschaft beantragen soll. Ihrer Ansicht nach hat sich die Lage in Griechenland, Irland und Portugal durch die Hilfsauflagen verschlimmert. (awp/mc/pg)

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