Nahen und Mittlerer Osten bleiben weltweit am höchsten militarisiert

Nahen und Mittlerer Osten bleiben weltweit am höchsten militarisiert

(Foto: Rafael Ben-Ari – Fotolia.com)

Bonn – Mit einem Update 2012 aktualisiert das Internationales Konversionszentrum Bonn BICC den Globalen Militarisierungsindex, der die Militarisierungsgrade von 135 Ländern im Jahr 2011 untersucht und die Entwicklung von bis zu 153 Ländern seit 1990 dokumentiert. Das Update bestätigt den Trend der letzten Jahre, nach dem die Region des Nahen und Mittleren Osten weltweit am höchsten militarisiert ist. Tendenzen zu verstärkter regionaler Militarisierung zeigen sich derzeit ebenfalls vor allem in Asien und dem Kaukasus. Umfangreiche Waffenkäufe verstärken die Gefahr von regionalen Rüstungswettläufen.

Israel, Singapur, Syrien, Russland, Jordanien, Zypern, Kuwait, Aserbaidschan, Bahrain und Saudi-Arabien belegen nun die ersten zehn Plätze des Globalen Militarisierungsindexes (GMI). Die USA haben mit 689 Milliarden US-Dollar weiterhin den weltweit größten Rüstungshaushalt. Im Globalen Militarisierungsindex 2012 nehmen sie Platz 30 von insgesamt 135 Staaten ein. Der Index definiert den Militarisierungsgrad eines Landes unter anderem dadurch, wie sich die staatliche Mittelverteilung an das Militär zum Bruttoinlandsprodukt oder zu anderen gesellschaftlichen Bereichen wie z.B. den staatlichen Gesundheitsausgaben verhält.

Naher und Mittlerer Osten weit vorn
„Der Nahe und Mittlere Osten ist seit Jahren eine der brisantesten Krisen- und Konfliktregionen der Welt. Dies spiegelt auch der Index wider, der den konstant hohen Militarisierungsgrad dort nachweist“, erläutert Jan Grebe, Projektleiter am BICC. Neben Israel (Rang 1), Syrien (Rang 3), Jordanien (Rang 5), Kuwait (Rang 8), Bahrain (Rang 9) und Saudi-Arabien (Rang 10) sind auch fast alle anderen Staaten des Nahen und Mittleren Ostens innerhalb der ersten 40 Plätze des GMI zu finden. Der Iran steht z.B. an 34. Stelle. Vor dem Hintergrund politischer Umbrüche, anhaltender Unruhen in einigen Staaten sowie des Krieges in Syrien bergen die hohen Militarisierungsgrade potenziell die Gefahr, die Region weiter zu destabilisieren. „Umfangreiche Waffenkäufe, wie auch das Interesse Saudi-Arabiens und Katars am Kauf deutscher Panzer, sind Indizien für eine Dynamik des regionalen Wettrüstens“, warnt Jan Grebe.

Tendenzen zum regionalen Wettrüsten
Mit Singapur (Rang 2) befindet sich im Jahr 2011 erneut eines der höchst militarisierten Länder der Welt in Südostostasien. „Der kleine Stadtstaat weist dem staatlichen Militärapparat unverhältnismässig viele Ressourcen zu. Gründe hierfür sind seine geostrategische Lage zwischen Malaysia, Indien und Indonesien sowie die starke Verankerung des Militärs in der Gesellschaft, das eine tragende Säule in der als „Total Defense“ bezeichneten Sicherheitspolitik des Landes ist“, erläutert Jan Grebe.

China und Indien rüsten auf
Auch wenn die asiatische Region generell eher mittlere Militarisierungsgrade aufweist, fällt die Aufrüstung Chinas (Rang 82) und Indiens (Rang 71) auf, die jeweils eine regionale Führungsrolle anstreben. Mit 129 Milliarden Dollar weltweit liegt China hinter den USA auf Platz 2 der weltweiten Rüstungsausgaben – mit seit Jahren steigender Tendenz. Maritime Rüstungsanstrengungen nicht nur Chinas, sondern auch seitens Japan, Südkorea und Vietnam vor sind vor dem Hintergrund ungelöster Territorialkonflikte zu verstehen. Jüngst kam es beispielsweise zu Zwischenfällen am Scarborough-Riff (China/Philippinen) und rund um die Senkaku/Diaoyu-Inseln (Japan/China). „Noch ist offen, wie sich diese Entwicklung auf den Militarisierungsgrad einzelner Staaten und der gesamten Region auswirken wird“, fasst Jan Grebe zusammen.

Rüstungswettlauf zwischen Aserbaidschan und Armenien
Der besorgniserregende Rüstungswettlauf zwischen den beiden kaukasischen Nachbarstaaten liess Aserbaidschan auf Platz 8 in die Spitzengruppe der höchstmilitarisierten Zehn aufsteigen und Armenien immerhin auf Rang 23 rangieren. Beide Seiten forcieren den Aufbau militärischer Kapazitäten und bedienen sich einer hitzigen diplomatischen Rhetorik, was Befürchtungen über ein militärisches Wiederaufflackern des langjährigen Konflikts um Nagorno-Karabach erwachen lässt. „Zur Eindämmung des Konflikts müssten Präventionsmassnahmen verstärkt, Rüstungslieferungen gestoppt und Anstrengungen zur Abrüstung forciert werden“, fordert Jan Grebe.

Afrika südlich der Sahara: Niedriger Militarisierungsgrad keine Garantie für Frieden
Die Zentralafrikanische Republik (Rang 93), Mali (Rang 110) und Nigeria (Rang 117) verzeichnen niedrige Militarisierungsgrade. Die Lage in der Zentralafrikanischen Republik und in Nigeria ist kritisch und zeugt von einer höchst instabilen Situation. Insbesondere Mali ist ein Beispiel, dass ein schwacher und unzureichend ausgestatteter Sicherheitsapparat die innere und äussere Sicherheit nicht garantieren kann. Die staatlichen Sicherheitskräfte sind weder in der Lage, die Aktivitäten der Rebellengruppe der Tuareg einzudämmen noch in ihren Operationsgebieten die öffentliche Ordnung und innere Sicherheit wiederherzustellen, geschweige denn die Ausbreitung des Terrorismus zu verhindern.

„Diese Gemengelage deutet auf das paradox erscheinende Phänomen hin, dass manche staatliche Sicherheitsapparate nicht in der Lage sind, Gewalt und Konflikte zu verhindern, eben weil das betreffende Land eine (zu) niedrige Militarisierung zeigt“, kommentiert Jan Grebe die Ergebnisse des GMI. (BICC/mc/pg)

BICC Update 2012

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