Microsoft kauft Handy-Sparte von Nokia

Microsoft kauft Handy-Sparte von Nokia

Nokia-CEO Stephen Elop wird als Nachfolger von Microsoft-Chef Steve Ballmer gehandelt.

Redmond – Nokia-Handys kommen künftig von Microsoft: Der Software-Riese übernimmt das Kerngeschäft des einstigen Weltmarktführers. Der Preis liegt bei insgesamt 5,44 Milliarden Euro, wie die Unternehmen am Dienstagmorgen mitteilten. Microsoft hofft, mit Nokia unter einem Dach schneller im Smartphone-Markt aufzuholen. Im Zuge der Übernahme könnte auch ein Ersatz für den scheidenden Microsoft-Chef Steve Ballmer gefunden sein. Nokia-Lenker Stephen Elop, ein früherer Microsoft-Manager, wurde bereits als Ballmer-Nachfolger gehandelt.

Gegen Mittag schnellten die Titel des angeschlagenen finnischen Telekommunikationskonzerns in Helsinki um 37,84 Prozent auf 4,08 Euro in die Höhe. Im frühen Handel waren sie sogar in der Spitze mit einem Plus von rund 48 Prozent bis auf 4,38 Euro angesprungen und hatten damit den höchsten Stand seit Februar 2012 markiert. Die Papiere waren zugleich der einsame Spitzenreiter im Stoxx Europe 600 . Der europäische Sammelindex fiel um 0,16 Prozent auf 302,45 Punkte.

Aktien von Nokia heben ab
Microsoft zahlt in bar 3,79 Milliarden Euro für das Geschäft mit Geräten und Diensten und gibt weitere 1,65 Milliarden Euro für Patentlizenzen auf zehn Jahre aus. Ausserdem wird Microsoft auf Nokias Kartendienste zurückgreifen. Die Nokia-Aktie schoss als Reaktion um über 38 Prozent auf 4,10 Euro hoch.

Mit dem Deal wird sich der Nokia-Umsatz in etwa halbieren. Rund 32.000 Mitarbeiter sollen zu Microsoft wechseln, 56 000 bleiben bei dem finnischen Unternehmen. Eine Forschungs- und Entwicklungsabteilung werde in Finnland bleiben, betonte Ballmer.

Finnen wollen sich auf das Netzwerk-Geschäft konzentrieren
Der finnische Konzern will sich künftig vor allem auf das Netzwerk-Geschäft und die Entwicklung seiner Kartendienste unter der Marke Here fokussieren. Nokia hatte jüngst den ursprünglich gemeinsam mit Siemens betriebenen Netzausrüster NSN komplett übernommen. Für Analysten ein Glücksfall. Aus Sicht des finnischen Handyherstellers sei die Transaktion vorteilhaft, da dieser eine problematische Sparte los werde. Übrig blieben hingegen eine Reihe interessanter Vermögenswerte wie das hochprofitable Patentportfolio und das neue Kronjuwel Nokia Siemens Network, so etwa Pierre Ferragu von der Investmentbank Bernstein.

Der Deal soll Anfang 2014 abgeschlossen werden, wenn die nötigen Behördengenehmigungen vorliegen. Microsoft habe das Geschäft noch nicht bei den europäischen Wettbewerbshütern angemeldet, erklärte die EU-Kommission auf Anfrage.

Angeschlagene Tech-Giganten schliessen sich zusammen
Über eine Nokia-Übernahme durch Microsoft war bereits seit einiger Zeit spekuliert worden. Die Unternehmen waren Anfang 2011 eine enge Partnerschaft eingegangen. Nokia ist der wichtigste Hersteller von Smartphones mit dem Microsoft-Betriebssystem Windows Phone. Der Windows-Konzern wird nun Software und Geräte aus einer Hand anbieten können – wie der Rivale Apple . Microsoft hatte bereits einen ersten Schritt in diese Richtung mit dem eigenen Tablet Surface gemacht, das sich jedoch schlechter als erwartet verkaufte.

Mit dem Deal schliessen sich zwei Giganten zusammen, denen massive Veränderungen in ihrem Kerngeschäft zu schaffen machen. Der finnische Konzern war lange Zeit die dominierende Kraft im Handy-Markt, verlor aber mit dem Vormarsch der Smartphones wie dem iPhone von Apple und Geräten mit dem Google -System Android massiv an Boden. Dank der starken Position bei günstigen Handys ist Nokia zwar immer noch der zweitgrösste Hersteller von Mobiltelefonen nach Samsung . Der Marktanteil von Nokias Lumia-Modellen bei den lukrativen Smartphones liegt aber im niedrigen einstelligen Prozentbereich.

Elop wird als neuer Microsoft-Chef gehandelt
Auch Microsoft hat derzeit mit einem Wandel in seinem Kerngeschäft zu kämpfen. Das Betriebssystem Windows und die Bürosoftware Office sind immer noch die wichtigsten Geldbringer des Konzerns – inzwischen werden aber immer weniger PCs verkauft, weil die Nutzer lieber zu Smartphones und Tablets greifen. Microsoft versucht, mit Hilfe von Windows Phone und seinem Tablet Surface auf diesen Zug aufzuspringen, die Marktanteile steigen aber nur langsam.

Ballmer und Elop schrieben in einem gemeinsamen Brief, mit dem Zusammengehen der beiden Unternehmen werde man das volle Potenzial des Windows-Ökosystems entfalten können. Es werde neue Telefone und Dienste geben, «die das Beste von Microsoft und das Beste von Nokia vereinen».

Ballmer hatte nach über 13 Jahren an der Microsoft-Spitze seinen Rückzug binnen zwölf Monaten angekündigt. Das Unternehmen hatte zunächst keinen Nachfolger benannt. Elop gilt unter Branchenbeobachtern als einer der möglichen Kandidaten. Er wird jetzt vom Konzernchef zum Microsoft-Manager, zuständig für die Geräte-Sparte. (awp/mc/pg)

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