Syrien stimmt Kontrolle seiner Chemiewaffen zu
US-Präsident Obama spricht von «potenziell positiver Entwicklung». (Official White House Photo by Pete Souza)
Moskau – Syrien hat dem russischen Vorschlag zur Kontrolle seiner Chemiewaffen offiziell zugestimmt. Das sagte der syrische Aussenminister Walid al-Muallim am Dienstag in Moskau bei einem Treffen mit Parlamentschef Sergej Naryschkin. Es gehe darum, eine «US-amerikanische Aggression gegen das syrische Volk» zu verhindern, sagte al-Muallim der Agentur Interfax zufolge. Am Vortag hatte er nach einem Treffen mit Aussenminister Sergej Lawrow den Vorschlag zunächst nur «begrüsst».
Russland und Syrien arbeiten dem einflussreichen Aussenpolitiker Alexej Puschkow zufolge bereits an einem konkreten Plan. «Es ist wichtig, dass das Einverständnis von Damaskus zu den ersten Schritten jetzt endgültig gegeben wurde», teilte der Chef des Auswärtigen Ausschusses der Staatsduma mit. Russland hatte von seinem engen Verbündeten Syrien gefordert, die Chemiewaffen unter internationale Kontrolle zu stellen und ihrer Vernichtung zuzustimmen, um einen US-Militärschlag gegen das arabische Bürgerkriegsland zu verhindern.
Russland will Plan in Kürze vorstellen
Lawrow kündigte an, den Plan zur Chemiewaffenkontrolle in Kürze der internationalen Gemeinschaft vorzustellen. «Wir bereiten konkrete Vorschläge in der Form eines Plans vor, den Interessierte erhalten werden – natürlich auch die Vereinigten Staaten», sagte Lawrow. Russlands Chefdiplomat verlangte, dass die Untersuchung des mutmasslichen Chemiewaffeneinsatzes in Syrien fortgesetzt werden müsse. «Die Wahrheit muss ermittelt werden. Die Schuldigen müssen zur Verantwortung gezogen werden», betonte Lawrow.
Russland geht im Unterschied zu den USA nicht davon aus, dass der syrische Machthaber Baschar al-Assad Chemiewaffen eingesetzt hat. Nach russischer Auffassung haben radikale Islamisten den Anschlag Mitte August verübt, um damit ein militärisches Eingreifen des Westens zu provozieren – und Assad so beseitigen zu lassen. Kremlchef Wladimir Putin hat Giftgasvorwürfe an das Regime in Syrien als «Unsinn» bezeichnet.
Chance auf diplomatische Lösung
US-Präsident Barack Obama sprach am Montag (Ortszeit) in Interviews mit mehreren US-Sendern von einer «potenziell positiven Entwicklung» und einem möglichen Durchbruch. Obama betonte aber, der syrische Präsident Baschar al-Assad müsse zeigen, dass er es ernst meine. «Wir wollen keine Hinhaltetaktik.»
US-Senat verschiebt Abstimmung
Der US-Senat verschob nach den Äusserungen Obamas eine für Mittwoch angesetzte Probeabstimmung über einen möglichen Militärschlag. Er wolle dem Präsidenten mehr Zeit geben, das Volk über die Vorgänge zu informieren, sagte der demokratische Mehrheitsführer Harry Reid. Obama hatte zuvor eingeräumt, er sei derzeit nicht zuversichtlich, im Kongress die Mehrheit für einen Angriff gegen Syrien zu erhalten.
PR-Offensive Obamas
Die TV-Interviews Obamas zur besten Sendezeit im Abendprogramm waren Teil einer massiven Kommunikationsoffensive des Weissen Hauses, um den Kongress und das kriegsmüde Volk von der Notwendigkeit eines Angriffs zu überzeugen. Der Präsident plante in der Nacht zum Mittwoch (03.00 MESZ) eine Rede an die Nation. (awp/mc/pg)