60 Flugabsagen nach Streik bei Germanwings – neuer Ausstand angedroht

60 Flugabsagen nach Streik bei Germanwings – neuer Ausstand angedroht
Ein Teil der Germanwings-Flotte bleibt mindestens bis Neujahr am Boden.

Köln / Frankfurt – Der verhärtete Tarifkonflikt zwischen Lufthansa und der Flugbegleitergewerkschaft Ufo hat die Reisepläne Tausender Passagiere durchkreuzt. Wegen des Streiks der Ufo fielen bis Montagmittag rund 60 Flüge der Lufthansa-Gesellschaft Germanwings aus. Der dreitägige Ausstand soll nach bisherigem Stand bis zum Neujahrstag, 24.00 Uhr, dauern. Die Gewerkschaft Ufo drohte aber bereits mit neuen Arbeitsniederlegungen, sollte dies nötig sein.

Die Auseinandersetzung könnte noch länger dauern, erklärte Ufo-Vize Daniel Flohr. «Wir können das kurzfristig verlängern», sagte er im ZDF-«Morgenmagazin». Sollte die Gewerkschaft am Ende der drei Tage glauben, «dass es mehr davon braucht», werde sie zu weiteren Streiks aufrufen. Die Lufthansa-Billigtochter Eurowings, für die Germanwings Flüge abwickelt, reagierte mit Unverständnis und verwies darauf, dass der Grossteil des Flugbetriebs regulär erfolgen könne.

Zürich nur marginal betroffen
Insgesamt sollen an den drei Streiktagen 180 Flüge ausfallen. Die Airline betonte, dass die meisten Eurowings-Flieger – mehr als 1000 von 1200 geplanten – in dem Zeitraum abheben. Viele Passagiere seien auf andere Verbindungen umgebucht worden oder nutzten die Bahn. Das Fachportal «AviationNetOnline» sprach indes von grösseren Streikfolgen: Bis Montagmittag seien 70 Verbindungen abgesagt worden und weitere als verspätet deklariert, so dass die Zahlen noch steigen dürften. So fielen auch zwei Verbindungen zwischen Köln und Zürich aus. Derzeit gebe es keine weiteren Annulationen, sagte eine Sprecherin des Flughafen Zürichs.

Von Flugabsagen betroffen war am ersten Streiktag besonders der Flughafen Köln/Bonn, wie aus einer Übersicht auf der Internetseite von Eurowings hervorging. Stornierungen gab es am Montag zudem in Berlin (Tegel), Düsseldorf, München und weiteren Städten. Am grössten deutschen Airport Frankfurt am Main wurden hingegen keine Flüge abgesagt. Im Frankfurter Winterflugplan seien keine Verbindungen von Germanwings vorgesehen, sagte ein Sprecher der Betreibergesellschaft Fraport.

Gecancelt wurden auch manche internationale Verbindungen, etwa nach Wien und Zürich. Die Auswirkungen der Streiks vor Ort waren überschaubar. Selbst am Airport Köln/Bonn war die Lage ruhig, lange Schlangen am Service-Schalter gab es nicht. Erfahrungsgemäss informierten sich die meisten Passagiere vorab und kämen gar nicht erst zum Flughafen, sagte eine Flughafensprecherin.

Germanwings ist mit rund 30 Flugzeugen und etwa 1400 Mitarbeitern für Eurowings unterwegs, davon 800 in der Kabine. Die Gesellschaft soll mit dem Eurowings-Flugbetrieb verschmolzen werden. Nur 30 der rund 140 Eurowings-Flugzeuge sind für Germanwings im Einsatz. Das Management gebe den Mitarbeitern keine klare Perspektive für die Zukunft des Flugbetriebs, hatte Ufo-Vize Daniel Flohr kritisiert.

Konflikt dauert schon länger
Lufthansa und Ufo liegen seit längerem im Clinch. Dabei geht es nicht nur um Tariffragen, sondern auch um die Anerkennung der Ufo als Gewerkschaft. In dem Konflikt hat es einen Warnstreik bei vier Lufthansa-Töchtern sowie einen zweitägigen Streik bei der Kerngesellschaft Lufthansa gegeben. Hier waren im November rund 1500 Flüge mit rund 200 000 betroffenen Passagieren ausgefallen.

Offizieller Grund für den aktuellen Streik sind Regelungen zur Teilzeit. Ufo fordert einen eigenen Tarifvertrag Teilzeit für die Germanwings. Den grössten Anteil des Kabinenpersonals machen Frauen aus, die mitunter aus familiären Gründen von Voll- in Teilzeit wechseln wollen. Diesen Wünschen schob Germanwings in einigen Fällen einen Riegel vor, was zu Unmut auf der Arbeitnehmerseite führte.

Eurowings bietet die Gültigkeit von Regelungen der Lufthansa für die Tochter. «Der Teilzeitvertrag der Lufthansa ist nachweislich der beste, den es in der Industrie gibt», sagte ein Eurowings-Sprecher. Dass die Gewerkschaft ihn ablehnt, zeige, dass es nicht mehr um sachliche Themen gehe, «sondern um andere Themen, auch um persönliche Themen.»

Airline erachtet Streikgründe als unverhältnismässig
Die Airline hält den Anlass für den Streit für unverhältnismässig. 2019 seien «nahezu alle» Teilzeit-Wünsche der 800 Flugbegleiter und Flugbegleiterinnen erfüllt worden, nur 11 Anträge seien «aus operationellen Gründen» nicht gewährt worden, so das Unternehmen.

Die Ufo wiederum pocht auf die grundsätzliche Klärung von Teilzeit-Regelungen im Sinne der Belegschaft. Sie lehnt es ab, den Lufthansa-Teilzeit-Tarifvertrag den Mitarbeitern «aufs Auge» zu drücken, da dieser wesentliche Schwächen habe – so seien einige darin enthaltene Teilzeit-Modelle nur befristet, argumentiert die Ufo.

In dem Tarifstreit für die Kabinenbeschäftigten hatten sich Ufo und die Airline einen heftigen Streit über die Tariffähigkeit der Gewerkschaft geliefert. Jüngst hatten die Parteien versucht, mit Hilfe der prominenten Schlichter Matthias Platzeck und Frank-Jürgen Weise zumindest einen Fahrplan für anstehende Schlichtungsgespräche zu vereinbaren. Die Ufo sieht das nun als gescheitert an. Anfang Januar gibt es aber einen weiteren Gesprächstermin.

Ufo könnte bei vier weiteren Flugbetrieben der Lufthansa zum Streik aufrufen oder für neue Tarifforderungen auch bei der Kerngesellschaft. Mögliche Neue Streiks will Ufo nach dem 2. Januar verkünden. (awp/mc/ps)

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