Thyssenkrupp streicht nach Milliardenverlust weitere 5000 Stellen

Thyssenkrupp streicht nach Milliardenverlust weitere 5000 Stellen
Martin Merz, Vorstandsvorsitzende Thyssenkrupp, gibt ihr Amt ab. (Foto: ThyssenKrupp)

Essen – Der kriselnde Industriekonzern Thyssenkrupp setzt angesichts hoher Milliardenverluste weiter den Rotstift an: Bei der Vorlage der Bilanz für das vergangenen Geschäftsjahr 2019/20 kündigte das Unternehmen die Streichung weiterer tausender Stellen an. Für das neue Geschäftsjahr erwartet das Unternehmen weitere Verluste.

«Wir befinden uns mitten im grössten Restrukturierungsprozess seit Bestehen von Thyssenkrupp. Dazu gehört auch ein weiterer Stellenabbau, daran führt leider kein Weg vorbei», sagte Personalvorstand Oliver Burkhard am Donnerstag bei der Zahlenvorlage in Essen. So sollen zusätzlich 5000 Arbeitsplätze in den kommenden drei Jahren wegfallen. Betriebsbedingte Kündigungen schloss Burkhard dabei nicht aus – sie sollen jedoch das letzte Mittel sein. Thyssenkrupp hatte bereits im Frühjahr 2019 den Abbau von 6000 Stellen angekündigt, von denen 3400 bereits gestrichen wurden.

Im vergangenen Geschäftsjahr (per 30. September) rutschte der mitten im Umbau befindliche Konzern tief in die roten Zahlen. Dabei liefen vor allem das Stahl- sowie das Zuliefergeschäft schwach, nachdem im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie die Nachfrage vor allem aus der Automobilindustrie eingebrochen war. «Die Corona-Pandemie ist eine gewaltige Belastungsprobe für Thyssenkrupp», sagte Konzernchefin Martina Merz. Der Umsatz brach im fortgeführten Geschäft um 15 Prozent auf rund 28,9 Milliarden Euro ein, der Auftragseingang nahm mit 17 Prozent ebenfalls erheblich ab.

Ohne das mittlerweile verkaufte Aufzuggeschäft musste der Konzern einen bereinigten operativen Verlust (Ebit) im fortgeführten Geschäft von 1,6 Milliarden Euro hinnehmen. Dabei hätten sich die Geschäfte im vierten Quartal stabilisiert, hiess es. Im Vorjahr war noch ein Minus von 110 Millionen Euro angefallen. Thyssenkrupp hatte zuvor einen Fehlbetrag von 1,7 bis 1,9 Milliarden avisiert. Das Stahlgeschäft steuerte mit einem Verlust von fast 1 Milliarde Euro den grössten Teil zum Minus bei.

Nettoverlust von 5,5 Milliarden Euro
Dazu musste der Konzern bis zum Geschäftsjahresende insgesamt rund 3 Milliarden Euro auf das Stahl- sowie das Automobilzuliefergeschäft abschreiben – im fortgeführten Geschäft verbuchte der Konzern damit einen Nettoverlust von 5,5 Milliarden Euro, nach einem Minus von knapp 1,2 Milliarden im Vorjahr. Die Bilanz aufpolieren konnte Thyssenkrupp durch den Verkauf des Aufzuggeschäfts, aus dem dem Unternehmen 15 Milliarden Euro zuflossen. Dies führte zu einem Nettogewinn der Gruppe von knapp 9,6 Milliarden Euro. Eine Dividende will Thyssenkrupp angesichts der hohen Verluste im fortgeführten Geschäft nicht zahlen. «Auch vor dem Hintergrund der bestehenden operativen Herausforderungen ist für eine Dividende in diesem Jahr kein Raum», hiess es vom Konzern.

Dank des Verkaufserlöses konnte Thyssenkrupp seine Schulden abbauen und wies zum Geschäftsjahresende ein Nettofinanzguthaben von 5,1 Milliarden Euro aus. im Vorjahr kam der Konzern noch auf entsprechende Verbindlichkeiten von 3,7 Milliarden Euro. Mit flüssigen Mitteln und freien zugesagten Kreditlinien von insgesamt 13,2 Milliarden Euro verfüge Thyssenkrupp «über eine sehr gute Liquiditätssituation.»

«Die nächsten Schritte können schmerzhafter werden als die bisherigen»
Konzernchefin Merz will den Umbau nun vorantreiben. Dabei betonte die Managerin: «Die nächsten Schritte können schmerzhafter werden als die bisherigen. Wir werden sie dennoch gehen müssen.» Thyssenkrupp sei noch nicht da, «wo wir hin müssen».

Eine Grundsatzentscheidung für das besonders in Bedrängnis befindliche Stahlgeschäft soll im Frühjahr gefällt werden. Dabei will sich Thyssenkrupp weiter alle Optionen offen halten. Auf dem Tisch liegt bislang ein unverbindliches Übernahmeangebot des britische Konkurrenten Liberty Steel. Für den Anlagenbau gebe es verschiedene indikative Gebote, die geprüft würden. Für den Bereich Infrastructure werde ein Verkauf vorbereitet. Bei Grobblech steige dagegen die Wahrscheinlichkeit für eine Schliessung, da sich kein Interessent mehr im Bieterprozess befände.

Es liege noch «ein gutes Stück Weg vor uns», so Merz. «Wir werden noch weiter in den ‹roten Bereich› gehen müssen, ehe wir Thyssenkrupp zukunftsfähig aufgestellt haben», kündigte sie an. Die gestärkte Bilanz gebe den Spielraum für die weiteren Schritte.

Weiterhin rote Zahlen in Aussicht gestellt
Für das kommende Jahr strebt Thyssenkrupp eine «erhebliche Verbesserung» des bereinigten Ebit an. Dennoch wird der Konzern weiter rote Zahlen schreiben – das Management geht von einem Verlust im mittleren dreistelligen Millionen-Euro-Bereich aus. Dabei rechnet Thyssenkrupp mit weiteren Umbaukosten, die einen mittleren dreistelligen Millionen-Euro-Betrag ausmachen dürften, so dass unter dem Strich ein Fehlbetrag von mehr als 1 Milliarde Euro stehen dürfte. Beim Umsatz geht Thyssenkrupp dabei wieder von einem Wachstum im niedrigen bis mittleren einstelligen Prozentbereich aus. Dies sei jedoch von der Erholung der Automobilmärkte abhängig. (awp/mc/ps)

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