WHO sieht trotz steigender Coronaviruszahlen keine Pandemie

WHO sieht trotz steigender Coronaviruszahlen keine Pandemie
Darstellung von Coronaviren.

Genf – Trotz der zahlreichen neuen Infektionen mit dem neuartigen Coronavirus Sars-CoV-2 in Italien und anderswo gibt sich die Weltgesundheitsorganisation (WHO) optimistisch. Es sei sehr ermutigend, dass die Fallzahlen in China zurückgingen, sagte WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus am Montag in Genf. Die Ausbreitung des Virus könne noch gestoppt werden. Die Zahlen aus Italien, dem Iran und Südkorea seien gleichwohl sehr beunruhigend, sagte er.

Nach WHO-Einschätzung handele es sich bislang nicht um eine Pandemie, sondern Epidemien in einzelnen Ländern. Mit Pandemie bezeichnet man die Verbreitung eines neuen Virus auf der ganzen Welt. Es gebe bislang keine unkontrollierte globale Ausweitung des Virus, sagte Tedros. Von einer Pandemie zu sprechen würde Angst schüren und es sei im Prinzip unerheblich, sagte Tedros. «Es würde kein Menschenleben retten.» Die WHO habe bereits mit der Ausrufung einer gesundheitlichen Notlage von internationaler Tragweite ihre höchste Alarmstufe verhängt. Jetzt sei es an der Zeit, sich auf alle Eventualitäten vorzubereiten. «Allein verliert jeder, zusammen können wir gewinnen», sagte Tedros.

Höhepunkt in China Ende Januar überschritten
Die WHO-Experten, die zusammen mit chinesischen Kollegen die betroffenen Provinzen in China besucht haben, seien mit wichtigen Erkenntnissen zurückgekehrt, sagte Tedros. Sie seien zu dem Schluss gekommen, dass der Ausbruch in China Ende Januar seinen Höhepunkt erreicht und überschritten habe. Die DNA des Virus habe sich nicht erheblich verändert. Die Mortalität ausserhalb von Wuhan liege bei 0,7 Prozent. Menschen mit milden Symptomen erholten sich in zwei Wochen, solche mit schweren Symptomen brauchten drei bis sieben Wochen. Ausführlicher wollte die WHO am Dienstag über die Ergebnisse berichten.

Mehrere Todesopfer in Italien
In Italien ist mittlerweile der siebte Coronavirus-Infizierte gestorben. Ein 80-jähriger Mann aus Castiglione d’Adda in der Lombardei verstarb in einem mailändischen Spital. Er war am Donnerstag wegen eines Herzinfarkts eingeliefert worden. Die Zahl der gemeldeten Infizierten stieg auf 219. Die Lombardei ist die am stärksten betroffene Region in Italien. Borreli warnte vor Panikmache – auch im Ausland. «Unser Land ist sicher, und man kann beruhigt hierher kommen.» Alle Toten in Italien waren ältere Menschen, teils auch mit Vorerkrankungen. 23 Menschen seien auf der Intensivstation.

In vielen Gegenden Norditaliens steht das öffentliche Leben praktisch still. In der Lombardei wurden zehn Gemeinden in der Provinz Lodi zu Sperrzonen erklärt. Dort kontrollieren Sicherheitskräfte, wer rein und raus darf. In Venetien wurde die Gemeinde Vo abgeriegelt. Schulen, Universitäten und Museen bleiben geschlossen. Auch der Karneval von Venedig, der bis Dienstag gehen sollte, wurde abgesagt.

Rekordanstieg der Todesopferzahl in China
In China stieg die Zahl der Toten stark. Die Gesundheitskommission berichtete am Montag in Peking von weiteren 150 neuen Covid-19-Todesfällen – so viele wie noch nie innerhalb eines Tages. Der Ständige Ausschuss des Parlaments billigte formell die Verschiebung der diesjährigen Sitzung des Volkskongresses. Der Schritt war zuvor bereits angekündigt worden. Ein neuer Termin für die ursprünglich für den 5. März geplante Plenarsitzung wurde nicht genannt, wie das Staatsfernsehen am Montag in Peking berichtete. Es ist das erste Mal in der jüngeren Geschichte der Volksrepublik, dass die Sitzung des Volkskongresses verlegt wird.

Infografik: Coronavirus - Diese Länder sind betroffen | Statista Mehr Infografiken finden Sie bei Statista

Über 3000 infizierte Ärzte und Pfleger in China
In China stieg die Zahl der Infizierten bis Montag noch um 409 auf insgesamt 77 150. Auch viele Ärzte und Pfleger haben sich angesteckt – nach Angaben von Staatsmedien mehr als 3000. Mit den 150 neuen Todesfällen sind 2592 Tote zu beklagen. Die überwiegende Zahl der Toten und Infektionen wurden aus der schwer betroffenen Provinz Hubei in Zentralchina gemeldet. Am Wochenende besuchte ein Team der Weltgesundheitsorganisation (WHO) mit chinesischen Kollegen die Provinzhauptstadt Wuhan.

Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping sprach am Vortag von der «grössten Gesundheitskrise» seit der Staatsgründung 1949. Er rief zu energischen Massnahmen zur Kontrolle der Epidemie auf. Nachdem das wirtschaftliche Leben in der zweitgrössten Volkswirtschaft stark abgebremst worden oder mancherorts sogar zum Stillstand gekommen ist, rief der Präsident nach Angaben der Staatsmedien vom Montag auch dazu auf, je nach Einschätzung der Gesundheitsrisiken vor Ort die Arbeit und Produktion langsam wieder aufzunehmen.

Grösserer Ausbruch in Südkorea
In Südkorea, wo sich gerade ein grösserer Ausbruch entwickelt, meldeten die Gesundheitsbehörden im Verlauf des Montags 231 neue Fälle von Infektionen im ganzen Land – der bisher stärkste Anstieg an einem Tag. Davon wurden allein 172 neue Fälle in der Millionen-Stadt Daegu im Südosten erfasst. Bis zum Nachmittag (Ortszeit) zählten die Behörden insgesamt 833 Menschen, die sich nachweislich mit dem Erreger Sars-CoV-2 angesteckt haben. Zudem wurden bisher sieben Todesfälle mit dem Virus in Verbindung gebracht.

Aus rund 30 Ländern und Regionen ausserhalb Festlandchinas sind mehr als 2200 Infektionen und mehr als 25 Todesfälle berichtet worden. Im Iran stieg die Zahl der gemeldeten Todesopfer auf 12. Im Nachbarland Afghanistan wurde am Montag der erste Fall einer Erkrankung bestätigt. Auch die beiden Staaten Bahrain und Kuwait auf der Arabischen Halbinsel bestätigten am Montag erste Fälle des Coronavirus. (awp/mc/pg)

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