Alessandro Ofner, CEO & Co-Founder Microcaps, im Interview

Alessandro Ofner, CEO & Co-Founder Microcaps, im Interview
Alessandro Ofner, CEO & Co-Founder Microcaps. (Foto: zvg)

von Patrick Gunti

Moneycab.com: Herr Ofner, zuerst der ZKB Pionierpreis Technopark 2020, nun die Auszeichnung mit dem de Vigier-Award. Herzliche Gratulation dazu. Was bedeuten die Auszeichnungen für die Microcaps AG und Sie persönlich?

Alessandro Ofner: Zuallererst ist es eine riesige Ehre, mit zwei der renommiertesten Startup-Preisen in der Schweiz ausgezeichnet zu werden. In beiden Fällen bestand die Jury ja aus bekannten und erfolgreichen Persönlichkeiten im Technologiebereich. Deren positive Bewertung zeigt uns vor allem den Glauben in unser riesiges Potenzial, unsere Technologie und unser Team. Des Weiteren hilft uns natürlich der Geldpreis sowie die Anerkennung als Gütesiegel bei unserer momentanen Finanzierungsrunde.

Erklären Sie uns doch zuerst, um was es sich bei Mikrokapseln handelt und welche Funktion sie haben.

Mikrokapseln werden überall verwendet, wo kleine Mengen an Wirkstoffen zum einen vom Umfeld beschützt, und zum anderen irgendwohin transportiert werden müssen. Nehmen sie zum Beispiel ein Medikament. Die Mikrokapseln, also das feine Pulver welches in der grossen Gelatinekapsel drin ist, beschützt den Wirkstoff, damit er nicht in der Magensäure abgebaut wird und transportiert es direkt in den Darm, wo die Freisetzung stattfindet.

«Es gibt sehr viele verschiedene Anwendungsmöglichkeiten und der Markt ist in etwa 14 Milliarden gross.»

In welchen weiteren Produkten kommen sie zum Einsatz?

In unglaublich vielen Produkten, die wir täglich konsumieren. Sei es in Medikamenten für orale Einnahmen oder Injektionen, in Kosmetika für Duftstoffe oder Anti-aging Produkte, im Foodbereich für Probiotika oder Aromastoffe. Ein sehr gut illustrierendes Beispiel ist Waschmittel: Es muss nicht während des Waschganges gut riechen. Der Duftstoff muss freigesetzt werden, sobald ich die Wäsche aus der Maschine herausnehme und die Mikrokapseln durch Reibung kaputt gehen. Wie sie sehen, es gibt sehr viele verschiedene Anwendungsmöglichkeiten und der Markt ist in etwa 14 Milliarden gross.

Was ermöglicht denn das von der Microcaps AG entwickelte Herstellungsverfahren, was bisher nicht möglich war?

Heutzutage werden all diese Mikrokapseln in riesigen Industriemaschinen mit groben Mix- und Schärprozessen hergestellt. Diese grobe Herstellung führt zu extrem unterschiedlichen Mikrokapsel-Grössen. Unterschiedliche Grössen bedeutet unterschiedliche Freisetzungsprofile. Als Beispiel: Ein Glas Wasser kann mit vielen kleinen Eiswürfel viel effektiver gekühlt werden als mit der gleichen Menge in einem einzigen Eisblock. Unsere Technologie erlaubt es, alle Mikrokapseln genau gleich gross herzustellen. Dadurch können wir genau bestimmen und vorhersagen, wann, wo und wie ein Wirkstoff freigesetzt wird. Dies ist jetzt nicht besonders wichtig für Waschmittel, jedoch äusserst wertvoll für Medikamente, aber auch Kosmetika und im Nahrungsmittelbereich.

«Unsere Technologie erlaubt es, alle Mikrokapseln genau gleich gross herzustellen. Dadurch können wir genau bestimmen und vorhersagen, wann, wo und wie ein Wirkstoff freigesetzt wird.»
Alessandro Ofner, CEO & Co-Founder Microcaps

Weltweit sind ja tausende Patente angemeldet, wie sich Stoffe auf Anforderung freisetzen und so gezielte Reaktionen ausgelöst werden können. Was macht die Microcaps-Lösung einzigartig?

Es gibt grundsätzlich zwei Arten wie man die Freisetzung kontrollieren kann: Durch a) ihre Grösse und b) die Formulierung, also das Material der Kapsel. Die Materialien zur Mikrokapselherstellung sind bekannt, was wir bei Microcaps fundamental ändern, ist die Herstellung. Wir implementieren einen neuen Goldstandard am Markt. Die Kombination von schweizerischer Präzision bei der Herstellung mit den bekannten Kapselmaterialien erlaubt es, komplett neuere Produkte zu designen oder Bisheriges massiv zu verbessern.

Welche Potenziale eröffnen sich dadurch?

Beispiele reichen von neuartigen Krebsmedikamenten mit einer mehrmonatig andauernden Freisetzung über Bakterienverkapselung mit perfektem Timing für die Freisetzung im Darm bis zu veganen Aromakapseln, welche überall im Nahrungsmittelbereich zum Einsatz kommen und zum Beispiel bei einer ganz bestimmten Temperatur das Aroma freisetzen.

Aus welchem Material sind diese Mikrokapseln eigentlich gefertigt?

Ein ganz wichtiger Punkt: Wir arbeiten immer mit biologisch-abbaubaren Materialien. Wir produzieren also ganz sicher keinen Mikroplastik. Als Platform-Technologie können wir für die verschiedenen Industrien verschiedene Materialien herstellen: Für die Pharmazie sind dies meist biologisch abbaubare Polymere, für den Nahrungsmittelbereich vegane Kapseln aus einem Algenextrakt, für die Kosmetikbranche sind es meistens feste Ölkapseln, welche sich mit dem Hautkontakt durch die Temperatur verflüssigen.

«Ein ganz wichtiger Punkt: Wir arbeiten immer mit biologisch-abbaubaren Materialien. Wir produzieren also ganz sicher keinen Mikroplastik.»

Wer sind ihre – vielleicht auch erst potenziellen – Kunden?

Wir sind ein einjähriges Unternehmen und arbeiten bereits mit mehr als 15 Kunden aus den Bereichen Pharma, Kosmetika, Food und Agrochemie zusammen. Das Interesse aus der Industrie ist riesig.

Wie kam es 2019 zur Gründung der Microcaps AG?

Wir arbeiten seit 2014 an unserer Technologie, die meiste Zeit an der ETH während meines Doktorates am Departement für Materialwissenschaften. Nachdem wir die grundsätzliche Technologie verstanden hatten, haben Maschineningenieur Michael Hagander und ich den ersten funktionierenden Prototypen gebaut. Michael und ich haben dann im März 2019 mit dem Beginn des ersten Kundenprojektes die Firma gegründet.

Startups sind von der COVID19-Pandemie und deren wirtschaftlichen Folgen besonders betroffen. Wie präsentiert sich die Situation aktuell für Sie? Wie sieht es mit der Finanzierung der weiteren Entwicklung aus?

Wir haben die Zeit genutzt um wichtige, aber nicht sonderlich dringende Aufgaben fertigzustellen und weiter an unserer Technologie zu arbeiten. Ich denke, wir sind ziemlich positiv durch den bisherigen Verlauf gekommen und haben zurzeit mehr Projekte, als wir eigentlich arbeiten können. Auch deshalb sind wir an einer Finanzierungsrunde, um unser Team weiter aufskalieren und eine erste Produktionsanlage verkaufen zu können.

Welche nächsten Schritte stehen an und wie wird sich das Unternehmen in den kommenden Jahren positionieren können?

Wir möchten uns als global tätiges Unternehmen etablieren und die Schweizer Präzision auf Mikrokapseln bringen.

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