Andreas Guggenbühl, CEO RealLook AG (Selfnation), im Interview

Andreas Guggenbühl, CEO RealLook AG (Selfnation), im Interview
Andreas Guggenbühl, CEO RealLook AG (Selfnation). (Foto: zvg)

von Patrick Gunti

Moneycab.com: Herr Guggenbühl, die RealLook AG mit seinem Label Selfnation gehört zu den 20 Top Startups des Landes (IFJ). 2013 gegründet, fertigt Selfnation heute Jeans, Chinos und Shorts im Premium-Segment für Frauen und Männer. Wie kamen Sie und Co-Gründer Michael Berli auf die Idee?

Andreas Guggenbühl: Wir waren mit drei Freundinnen shoppen hier in Zürich. Es war Samstagnachmittag und sie brauchten je noch eine Jeans. So gingen wir mit. Als mehrere Stunden vorbei waren und zwei Freundinnen noch immer keine Jeans fanden, die vom Stil und von der Form her passte und vom Stil passte, kam die Idee. Das Shoppen war frustrierend und lustig zugleich. Auch ich fand es stets mühsam, Jeans zu kaufen. So fragten wir uns, gibt es da nicht einen besseren Weg?

Bei der Fertigung der massgeschneiderten Beinkleider bringt Selfnation Technik und Mode zusammen. Sprechen wir zuerst über die Technik. Als potenzieller Käufer nehme ich an acht Stellen zwischen Bund und Knöchel Mass und gebe die Daten auf Ihrer Website ein. Wie werden diese Daten zu einem Schnittmuster verarbeitet?

Die Passform einer Jeans ist zentral, damit man sich wohlfühlt und die Jeans gut aussieht. Für die Produktion des Schnittmusters wurde ein spezieller Algorithmus entwickelt, welcher aus spezifischen Massen eines Kunden ein persönliches Schnittmuster erstellen kann. So können wir sicherstellen, dass unser Premium Stoff möglichst effizient verwendet wird.

Anschliessend werden die hochwertigen Materialien quasi auf meinen virtuellen Leib geschneidert. Wo findet diese Produktion statt?

Die Produktion findet in Neualbenreuth (Oberbayern, DE) und in Mendrisio (Tessin) statt.

Wo beziehen Sie den Stoff und die anderen benötigten Materialien?

Unseren Stoff beziehen wir von einer der exklusivsten Denimwebereien in der Nähe von Milano. Neben der sorgfältigen Verarbeitung wird bei der Produktion auf traditionell nachhaltige Prozesse geachtet. So ist unser Hersteller als erster Hersteller weltweit dem Greenpeace Detox Agreement beigetreten. All unsere Materialien sind von höchster Qualität und stammen aus traditionellen lokalen Produktionen. So stammt das Lederlabel aus einem kleinen italienischen Bergdorf und unserer Chino-Twill aus einer 175jährigen Stoff-Weberei.

«Für die Produktion des Schnittmusters wurde ein spezieller Algorithmus entwickelt, welcher aus spezifischen Massen eines Kunden ein persönliches Schnittmuster erstellen kann.»
Andreas Guggenbühl, CEO RealLook AG (Selfnation)

Die Mode entwickelt sich ständig. Wie fliessen Design und Lifestyle in Ihre Produkte ein?

Design ist, was ein Textil zu Kunst macht. Von Beginn an war uns wichtig, ein zeitloses Design mit aktuellen Akzenten zu verbinden. Denim ist ein wunderschönes Material zum Verarbeiten. Unser Design-Team in Berlin setzt sich intensiv mit Details, Farben, Schnitten und dem alltäglichen Umgang mit Jeans und Chinos auseinander.

Wie stark folgen Sie bei Farben und Formen aktuellen Trends?

Wir halten wenig von lauten Designelementen, welche spezifisch in einer Zeitperiode gesellschaftlich ästethischen Anklang findet. Wir stehen hinter einem zeitlosen durchdachten Design, der Liebe zum Detail, aber lassen an den richtigen Stellen auch Trendthemen zu.

Die Textilbranche geniesst hinsichtlich der Produktionsbedingungen und schadstoffbelasteten Materialien einen zweifelhaften Ruf. Wie wichtig ist Ihnen die nachhaltige Produktion?

Man sagt von uns, dass wir ein Unternehmen sind, das sich intensiv mit den verarbeiteten Materialien und Verarbeitungsprozessen auseinandersetzt. Das stimmt. Ich glaube Freude zum Produkt gründet auch in der Liebe, Zeit und Leidenschaft, welche bei der Fertigung zentral waren. Wir fertigen ausschliesslich in unseren lokalen Manufakturen in Bayern und im Tessin, mit Materialen aus traditionellen Betrieben aus Deutschland, der Schweiz und Italien. Traditionelle Fertigung heisst auch faire, nachhaltige und umweltverträgliche Fertigung.

Sie bewegen sich in einem enorm kompetitiven Markt. Wie viele Jeans und Chinos setzen Sie ab und in welche Länder liefert Selfnation?

Genau dieser kompetitive Markt hat in den letzten 50 Jahren sehr viel kaputt gemacht. Geld fliesst in Überseetransport, aufwändige Läden an teuren Strassen und verschwenderische Produktion auf Lager. Alles muss standardisiert werden, Menschen werden in Normgrössen eingeteilt, wo «Norm» nicht für Schönheit steht, sondern für Durchschnitt. Mit unserem Ansatz der Fertigung auf Mass, die technisch unterstützt wird, können wir unseren Kunden zu einem guten Preis ein wunderbares Produkt anbieten. Dafür ist besteht Nachfrage. Über Zahlen sprechen wir nicht, doch konnten wir den Absatz jährlich sehr stark steigern. Die Nachfrage reicht von Zürich bis nach Stockholm.

«Alles muss standardisiert werden, Menschen werden in Normgrössen eingeteilt, wo «Norm» nicht für Schönheit steht, sondern für Durchschnitt.»

Zuerst gab es die Jeans für Frauen, dann auch für Männer, wo das Angebot bereits ausgebaut worden ist. Planen Sie eine Ausweitung der Produktion auf weitere Kleidungsstücke?

Dieses Jahr haben wir mit Chino Stoff Hosen ein sehr schönes Produkt für unsere männlichen Kunden geschaffen, in einer Woche (12.10.16) folgt der Start der Frauen Chino-Hosen. Weiter Produkte folgen, doch ich bin Freund von Kommunikation zur rechten Zeit.

Was würden Sie zum aktuellen Zeitpunkt als grösste Herausforderung für Selfnation bezeichnen?

Neben der intensiven Design-Produktentwicklung beschäftigen wir uns mit der Logistik. Wo werden die Pakete für welche Zielländer verpackt? Wie wird versteuert, so dass auch unser Kunde in Oslo rasch und bequem sein Paket erhält.

Wie schätzen Sie das Entwicklungspotenzial von Selfnation ein?

Wir möchten rund um den Globus mögliche Träger unserer Kleidungsstücke glücklich machen und die nachhaltige lokale Produktion revolutionieren. Wir wissen, dass noch viele da draussen uns nicht kennen, doch unser Produkt sehr schätzen würden. So bleiben wir unserer Leidenschaft für dieses Produkt treu und erschliessen Schritt für Schritt weitere Länder.

Herr Guggenbühl, besten Dank für das Interview

Zur Person:
Andreas Guggenbühl, Founder & CEO, entwickelt die Schnittechnik und leitet die Qualitätsprüfung und Produktion. Er hat an der ETH Maschinenbau studiert.

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