Beat Sigg, VR-Delegierter Victoria-Jungfrau Collection

Beat Sigg, VR-Delegierter Victoria-Jungfrau Collection

Beat Sigg, VR-Delegierter Victoria-Jungfrau Collection. (Foto: VJC)

von Patrick Gunti

Moneycab: Herr Sigg, die Hotels der Victoria-Jungfrau Collection verzeichneten  2012 8,5 Prozent mehr Übernachtungen als im Vorjahr, dennoch ging der Umsatz zurück (-4,1 %). Unter dem Strich resultierte ein Reinverlust von 2,2 Mio Franken. Was sind die Gründe?

Beat Sigg: Das Resultat wurde beeinflusst von den tieferen Durchschnittsraten in der Beherbergung und den leicht rückläufigen Erträgen in der Restauration. Zudem stiegen die Personalkosten aufgrund des neuen Gesamtarbeitsvertrag, der einen vollen 13. Monatslohn ab Eintritt und höhere Minimallöhne vorschreibt.

Während im Victoria Jungfrau in Interlaken, im Eden au Lac in Zürich und im Palace Luzern die Zahl der Übernachtungen gesteigert werden konnte, blieb sie im Bellevue Bern 18 % unter dem Vorjahreswert. Ist dafür einzig die neue Konkurrenz durch den Schweizerhof verantwortlich?

Es ist in der Tat so, dass der ohnehin schwierige Markt in der Bundeshauptstadt auf zwei Fünfsterne-Hotels aufgeteilt werden muss. Wobei anzumerken ist, dass Mitbewerber grundsätzlich das Geschäft beleben. Belastend kam im letzten Jahr der Ausblieb von Grossveranstaltungen hinzu. Im Jubiläumsjahr 2013 dürfte aber im Bellevue Palace mit einer Verbesserung zu rechnen sein.

In Zürich ist das Segment der Luxushotellerie am stärksten umkämpft. Was kennzeichnete das Geschäftsjahr des Eden au Lac, dessen Direktor Sie sind?

Das Eden au Lac konnte im Jahr 2012 eine erfreuliche Steigerung fast aller Schlüsselzahlen verbuchen. Ein Zeichen dafür, dass das Eden au Lac seine Stellung auf dem hoch kompetitiven Zürcher Markt gut behauptete.

Welche bedeutenden Investitionen wurden 2012 in den vier Hotels getätigt?

Im Victoria-Jungfrau Grand Hotel & Spa wurde rund 0.5 Mio. Schweizer Franken in den Ausbau der Terrasse investiert. In Bern wurden im  Bellevue Palace Zimmer für 1 Mio. Schweizer Franken neu gestaltet und die Terrasse komplett renoviert, die Investition betrug hier 1.6 Mio. Schweizer Franken. Weiter wurden 7 Mio. Schweizer Franken in die Aufwertung und Modernisierung von 42 Zimmern im Palace Luzern investiert.

Sie wollen die Qualität der Hotels weiter steigern. Wo setzen Sie die Schwerpunkte, wie sieht der derzeitige Investitionsbedarf in den Traditionshotels aus?

Alle vier Häuser der Victoria-Jungfrau Collection sind in einem sehr guten Zustand. Wir setzen aber auf die Zukunft und treiben unsere längerfristig orientierte Investitionspolitik konsequent voran, da wir das Potenzial der Gruppe auch im Interesse der Aktionäre, Gäste und Mitarbeitenden voll ausschöpfen wollen.

«Nachdem früher alle zentralen Bereiche in Interlaken geführt wurden, wurden sie nun an die Standorte verlegt, an denen sie am effizientesten agieren und wo wir ökonomische Synergien optimal nutzen können.»
Beat Sigg, VR-Delegierter Victoria-Jungfrau Collection

Wie autonom können Sie und Ihre Kollegen in Interlaken, Bern und Luzern die Hotels führen und welche Aufgaben sind zentralisiert?

Jedes Haus wird individuell geführt und wahrgenommen. Nachdem früher alle zentralen Bereiche in Interlaken geführt wurden, wurden sie nun an die Standorte verlegt, an denen sie am effizientesten agieren und wo wir ökonomische Synergien optimal nutzen können. Unsere Stabsstellen wie Finanzen, IT, HR, Schulung sowie Sales & Marketing und PR sind nebst Zürich in Interlaken, Bern und Luzern vertreten.

Deutschland ist nach wie vor der wichtigste ausländische Markt der Schweizer Hotellerie. Wie haben sich die Gästezahlen aus Deutschland in Ihren Hotels entwickelt?

Die Entwicklung der Gästezahlen in unseren vier Häusern war unterschiedlich. In zwei Häusern konnten wir eine Zunahme von bis über 20 Prozent verzeichnen. Grundsätzlich besteht aber überall durchaus noch Wachstumspotenzial.

Das Potenzial von Gästen aus den BRIC- und den Golf-Staaten, die sich Reisen nach Europa leisten können, ist gewaltig. Wie stark profitierte VJC davon?

Über den Daumen gepeilt verdoppelten sich in der Schweiz seit 2005 die Zimmernächte von Gästen aus Russland, Indien und Brasilien; die Zimmernächte von Chinesen vervierfachten sich. Ähnliche Tendenzen verzeichneten auch die Gästestatistik der VJC.

Immer mehr Reisen und Übernachtungen werden online gebucht. Ist dies auch im 5-Sterne-Segment der Fall?

Die Anzahl der über Internet getätigten Reservationen hat tatsächlich zugenommen. Die Online-Plattformen sind auch für uns wichtige Buchungskanäle. Allerdings stiegen auch die Annullierungen augrund der Vergleichbarkeit von Angeboten im Netz.

«Die schweizerischen Hotels werden weiterhin erheblichen Herausforderungen ausgesetzt, welche noch Jahre anhalten könnten.»

Die Aktien der Victoria-Jungfrau Collection werden im Spätherbst von der Schweizer und Berner Börse dekotiert. Was sind die Gründe?

Das Handelsvolumen an den Börsen SIX und BX war in den letzten Jahren sehr gering. Seit 2009 befinden wir uns in einem schwierigen wirtschaftlichen Umfeld, wir haben seither unseren Betrieb optimiert und so die Effizienz steigern können. Eine weitere Massnahme ist nun die Dekotierung, die eine Kostensenkung ermöglicht.

Verwaltungsratspräsident Peter Bratschi tritt an der Generalversammlung im Mai nach über einem Vierteljahrhundert im Amt zurück. Sie sind sein designierter Nachfolger. Könnte es in der Folge zu Veränderungen in der Führungsstruktur der VJC kommen?

Die Verantwortung für strategische und personelle Traktanden wird dem neu zusammengesetzten Verwaltungsrat obliegen. Allfällige Entscheide würden entsprechend, unter Berücksichtigung der Ad-hoc Publizität, kommuniziert.

Wie sehen Sie die Entwicklung der Luxushotellerie in der Schweiz in den nächsten Jahren?

Die schweizerischen Hotels werden weiterhin erheblichen Herausforderungen ausgesetzt, welche noch Jahre anhalten könnten. Die Häuser der Victoria-Jungfrau Collection sind aber gut aufgestellt und die Finanzierung mit Eigenmitteln von über 50% ist komfortabel.

Herr Sigg, besten Dank für das Interview.

Zur Person:

Beat R. Sigg – geb. 27. Juli 1953

Werdegang

  • 1982 Ecole Hotelière de Lausanne (EHL)
  • 4 Semester Jurastudium Universität Zürich
  • 1972 Gymnasium Zürich (FGZ) Matura Typ B
  • seit Mai 2010 Delegierter des Verwaltungsrats Victoria-Jungfrau Collection
  • seit August 2007 Mitglied VR & GL Victoria-Jungfrau Collection, Direktor Eden au Lac
  • 2001 – 2007 Dolder Hotel AG, Zürich, Chief Executive Officer
  • 1994 – 2001 Widder Hotel, Zürich / Voreröffnung und Eröffnung 1995, General Manager
  • 1990 – 1994 Sheraton Hotel and Resort Limassol, Zypern, General Manager
  • 1988 – 1990 Sheraton Hotel and Towers, Stockholm, Resident Manager
  • 1983 – 1988 Intercontinental Hotel Frankfurt, Deutschland, Food & Beverage Manager

Mitgliedschaften: 

  • Victoria-Jungfrau Collection AG, Vizepräsident des Verwaltungsrats
  • Kongresshaus Zürich, Verwaltungsrat
  • Zoo Zürich, Verwaltungsrat 
  • Stiftung Zürcher Kinder- und Jugendheime, Stiftungsrat

Weitere Verwaltungsrats- und Stiftungsratsmandate

  • Zunft zur Oberstrass
  • Rotary Club Zürich

Auszeichnungen:

  • Golden Award “the Best Hotel on the Island” 1991 (by Cypriana, Cyprus)
  • Gastgeber bei der Commonwealth Conference 1993 mit mehr als 40 Staatsoberhäuptern im Sheraton Limassol, Zypern  
  • Schweizer „Hotelier des Jahres“ 2001 (Bertelsmann-Verlag)

Zum Unternehmen:
Die Victoria-Jungfrau Collection vereint vier führende Fünfsternehotels in der Schweiz: Das Victoria-Jungfrau Grand Hotel & Spa in Interlaken, das Palace Luzern, das Eden au Lac in Zürich sowie das Bellevue Palace in Bern. Die individuell geführten historischen Häuser mit Schweizer Tradition bieten den Gästen luxuriöse Unterkunft, Kulinarik, Wellness sowie eine zeitgemässe Infrastruktur für Konferenzen, Seminare und Anlässe. Die Victoria-Jungfrau Collection mit Hauptsitz in Interlaken zählt jährlich 148’000 Logiernächte.

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