Marc Aeschlimann, CEO Schaffner, im Interview

Marc Aeschlimann, CEO Schaffner, im Interview
Marc Aeschlimann, CEO Schaffner Gruppe. (Foto: Schaffner)

von Bob Buchheit

Moneycab: Herr Aeschlimann, das erste Halbjahr 2020/21 war so ganz anders als ein Jahr zuvor. Gibt es überhaupt ein Wölkchen am Horizont?

Marc Aeschlimann: Das erste Halbjahr 2020/21 war geprägt durch eine gute Erholung in den Kernmärkten der Schaffner Gruppe. Die aufkommende Zuversicht bezüglich einer Entspannung der Covid-19-Situation sowie ein gewisser Nachholbedarf sorgten für eine robuste Nachfrage. Dank der guten Stellung in ihren Kernmärkten konnte die Schaffner Gruppe davon profitieren. Unser Auftragseingang aus den Industriemärken erfuhr eine kontinuierliche Steigerung, die sich in den letzten Monaten nochmals akzentuiert hat. Im Automobilbereich folgte auf die Covid-19-bedingte Abkühlung eine rasche Erholung ab Herbst 2020, getrieben insbesondere durch die Elektromobilität. Die nächsten Monate werden zeigen, wie nachhaltig dieser Aufschwung ist. Einziges Wölkchen am Horizont sind die höheren Material- und Logistikkosten, die einen Einfluss auf die Profitabilität haben werden.

Sind Sie denn mit dem Verkaufserlös des gesundeten Geschäftsbereich Power Magnetics zufrieden?

Mit dem erfolgreichen Turnaround konnten wir die Division Power Magnetics mit gutem Entwicklungspotenzial positionieren. Der Verkaufserlös widerspiegelt dies und entspricht einer fairen Bewertung des momentanen Unternehmenswerts. Gemessen am Buchwert resultiert für die Schaffner Gruppe ein kleiner Gewinn. Damit sind wir sicher zufrieden.

Was bedeutet der Verkauf für die Strategie von Schaffner?

Das Portfolio der Schaffner Gruppe ist künftig deutlich homogener hinsichtlich Produktangebot, Geschäfts- und Vertriebsmodell; es ist auf Wachstumsmärkte mit höherem Margenpotenzial ausgerichtet, und wir können die Komplexität der gesamten Organisation reduzieren. Das Potential des künftigen Portfolios zeigte sich bereits im ersten Halbjahr 2020/21, in dem das fortgeführte Geschäft den Bestellungseingang um über 20 Prozent und den Umsatz um 11 Prozent steigerte und eine EBIT-Marge von 9.9 Prozent erzielte.

«Das Portfolio der Schaffner Gruppe ist künftig deutlich homogener hinsichtlich Produktangebot, Geschäfts- und Vertriebsmodell; es ist auf Wachstumsmärkte mit höherem Margenpotenzial ausgerichtet, und wir können die Komplexität der gesamten Organisation reduzieren.»
Marc Aeschlimann, CEO Schaffner

Schaffners Fokussierungsstrategie scheint sich ja nach langer Dürre auszuzahlen. Welche Wachstumsraten erwarten Sie langfristig für Ihr Unternehmen im Sektor Elektromobilität?

Unser Mittelfristziel ist ein organisches Wachstum von über fünf Prozent für die gesamte Gruppe. Wir sind zuversichtlich, dass Schaffner dank der initiierten Wachstumsinitiativen dieses Wachstum in Zukunft zuverlässig erreichen kann. Die Elektromobilität wird sicherlich einen wichtigen Beitrag dazu leisten.

Das erste Halbjahr 2020/21 war vor allem ein Rekordsemester für die Automobilindustrie. Das schlug sich mit plus 33 Prozent beim Umsatz im Geschäftsbereich Automotive nieder. So wird es aber wohl nicht weitergehen?

Das erste Halbjahr 2020/21 brachte in der Tat einen starken Wachstumsschub im Automobilgeschäft. Allerdings muss man sehen, dass die Vorjahresbasis sehr schwach war. Für das zweiten Halbjahr erwarten wir, dass sich das Volumen in etwa auf dem gleichem Niveau halten wird – es sei denn, eine Verknappung bei gewissen Komponenten, insbesondere bei Halbleitern, bremst die Automobilindustrie noch stärker aus.

Dass die Rohstoffkosten weiter anziehen werden, war zu erwarten. Wieso aber gingen parallel die Logistikkosten hoch?

Die Covid-19-Pandemie führte zu einer Reduktion der Logistikkapazitäten. Beispielweise sind mit der Streichung von Passierflügen auch die entsprechenden Frachtkapazitäten weggefallen. Auch die Kapazität der Container-Schiffahrt ging zurück. Im Zuge des raschen wirtschaftlichen Aufschwungs traf diese reduzierte Logistikkapazität auf eine höhere Nachfrage, was zwingendermassen zu einer Preissteigerung führte.

Nach einem kurzen Taucher ist die Eigenkapitalquote wieder auf 44,7 Prozent gestiegen. Wie werden Sie den wiedergewonnenen finanziellen Spielraum nutzen?

Die Eigenkapitalquote der Schaffner Gruppe lag in den vergangenen Jahren zwischen 40 und 44 Prozent. Entsprechend war der finanzielle Spielraum nie wirklich eingeschränkt. Aber durch den Verkauf von Power Magnetics werden weitere Mittel zufliessen und die Eigenkapitalquote wird weiter ansteigen. Die Schaffner Gruppe wird diese Mittel in den konsequenten Ausbau des Kerngeschäfts EMV-Filterlösungen und magnetische Komponenten für zukunftsweisende Industriemärkte und für Elektromobilität investieren. Auch Akquisitionen in diesen Bereichen sind denkbar.

«Schaffner wird nach Abschluss des Verkaufs von Power Magnetics zum Ende des Geschäftsjahrs neue finanzielle Mittelfristziele kommunizieren.»

Könnten Sie das mittelfristige Margenziel von acht Prozent im vollen Geschäftsjahr erreichen?

Die Schaffner Gruppe hat bereits im ersten Halbjahr 2020/21 eine EBIT-Marge von 8,0 Prozent erreicht – nota bene nach einer Verbesserung um nicht weniger als 7,2 Prozentpunkte. Für das zweite Halbjahr erwarten wir eine zweistellige EBIT-Marge, wodurch sich die EBIT-Marge für das Gesamtjahr 2020/21 weiter verbessern und innerhalb des mittelfristigen Margenzielbands von 8 bis 10% liegen wird. Schaffner wird nach Abschluss des Verkaufs von Power Magnetics zum Ende des Geschäftsjahrs neue finanzielle Mittelfristziele kommunizieren.

Was kann das für die Dividende heissen, die ja zu Jahresanfang um 60% gesenkt wurde?

Schaffner verfolgt eine nachhaltige Dividendenpolitik, indem 40 bis 50 Prozent des Unternehmensergebnisses ausgeschüttet werden. Angesichts des deutlich verbesserten Ergebnisses, das für das Geschäftsjahr 2020/21 erwartet werden kann, dürfte sich somit auch die Dividende erhöhen. Der Dividendenvorschlag liegt aber natürlich in der Kompetenz des Verwaltungsrats.

«Angesichts des deutlich verbesserten Ergebnisses, das für das Geschäftsjahr 2020/21 erwartet werden kann, dürfte sich auch die Dividende erhöhen.»

Wer wird denn stärker wachsen: Elektromagnetische Verträglichkeit (EMV) oder Automotive?

Wir sehen sowohl in den Industriemärkten als auch in der Elektromobilität hervorragende Wachstumschancen. Unsere Zielgrösse für die gesamte Schaffner Gruppe ist ein organisches Wachstum von über fünf Prozent, und wir sind überzeugt, dass wir das auch über längere Zeit werden liefern können.

Filter und Drosseln sind die Hauptprodukte im Geschäftsbereich EMV. Gibt es da etwas fundamental technisch Neues?

Schaffner entwickelt ihre EMV-Filterlösungen laufend weiter, beispielsweise durch bessere Filterperformance oder die Ausrichtung auf spezifische Anwendungsgebiete. Wir erwarten, dass in den kommenden Jahren die Technologie der aktiven Filter wichtiger werden wird. Diese aktive Filtertechnologie wird neue Einsatzbereiche erschliessen oder in einigen bestehenden Anwendungsgebieten die konventionellen Filter ablösen. Schaffner strebt auch bei der aktiven Filtertechnologie an, sehr gut aufgestellt zu sein und davon profitieren zu können.

Gute Aussichten haben die Smart Grids: Zu den intelligenten Stromleitungen liefert Schaffner beispielsweise elektronische Komponenten. Werden Sie jetzt stark von den Infrastrukturmassnahmen in einigen Ländern der Welt profitieren?

Schaffner hat eine Lösung entwickelt, welche die korrekte Kommunikation zwischen dem Smart Meter und dem Datenzentrum des Elektrizitätswerks sicherstellt. Wir erwarten, dass wir – sobald unsere Produkte in den jeweiligen Märkten zugelassen sind – stark von diesem Wachstum profitieren.

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