Matthias Oppermann, CEO Von Roll

Matthias Oppermann, CEO Von Roll

Matthias Oppermann, CEO Von Roll.

von Bob Buchheit

Moneycab: Herr Oppermann, geht es nach der Börse, wo die Aktie der von Roll nach Publikation der Halbjahreszahlen zweistellig zulegte, hat Ihre Firma den Turnaround geschafft. Sehen Sie das auch so?

Matthias Oppermann: Wir freuen uns selbstverständlich über den Anstieg. Allerdings sind wir mit in die Zukunft gerichteten Aussagen vorsichtig. Von einem Turnaround wollen wir nach so kurzer Zeit noch nicht sprechen, denn der Markt ist derzeit sehr volatil. Unser Ziel ist es, dass der Aktienkurs künftig den Wert des Unternehmens widerspiegelt. Ich glaube persönlich an den Erfolg von Von Roll und arbeite mit meinem Management Team mit Hochdruck an der erfolgreichen Ausrichtung unseres Unternehmens.

«Künftig wird Von Roll vom Trend hin zu erneuerbaren Energien profitieren.»
Matthias Oppermann, CEO Von Roll.

Transformers hat als einziges Segment enttäuscht. Warum?

Das Geschäft mit Transformatoren ist geprägt von Grossprojekten. Aufgrund der typischen Lieferzeiten für Grosstransformatoren von sechs bis zu zwölf Monaten, machte sich im Umsatz des ersten Halbjahres 2011 der schwache Auftragseingang des ersten Halbjahres 2010 bemerkbar. Ausserdem wirkten sich der Produktmix und die negativen Währungseinflüsse auf das Transformatorengeschäft aus. Die damit verbundene geringe Kapazitätsauslastung sowie die gestiegenen Material- und Transportkosten hatten einen negativen Einfluss auf das EBIT dieses Geschäftsbereichs. Im zweiten Halbjahr 2010 und im ersten Halbjahr 2011 hat der Bestellungseingang im Bereich Transformers wieder angezogen.

Und sieht es jetzt immer noch positiv aus?

Der Anstieg hat sich auch in den ersten Monaten dieses zweiten Halbjahres 2011 fortgesetzt. Insbesondere aus dem Bereich der erneuerbaren Energien haben wir einige interessante Aufträge erhalten. Wir gehen daher davon aus, dass der Umsatz wieder steigen wird. In unserem Transformatorengeschäft legen wir den Fokus auf das zukunftsträchtige Geschäft mit Spezialtransformatoren, die speziell für die Industrie der erneuerbaren Energien entwickelt werden. Hier haben wir mit unseren Kunden, vorwiegend aus dem Bereich der Windenergie bereits gemeinsame Projekte gestartet. Künftig wird Von Roll vom Trend hin zu erneuerbaren Energien profitieren.

Sparsamer Umgang mit Energie wird für Jahrzehnte eines der wichtigsten Themen sein. Davon profitiert Von Roll überproportional, da sie die dafür benötigten Produkte herstellt. Wo setzt Von Roll da an?

Hier kann ich Beispiele aus unserem Geschäftsbereich Von Roll Insulation aufführen: Frequenzgesteuerte und damit energiesparsamere Motoren haben spezielle Anforderungen an Isolationsmaterialien. Von Roll kann auf spezielle Kundenanforderungen eingehen und entsprechend angepasste Isolationsmaterialien bereit stellen. So liefert Von Roll sehr dünne, aber leistungsfähige Isolationsmaterialien für Lokomotiven-Transformatoren. Je kompakter diese gebaut werden, desto effizienter laufen sie und desto geringer ist der Energieverlust.

«Vor allem in Nordamerika gab es in den letzten Jahren einen Investitionsstau und der Bedarf an neuer Ausrüstung ist gross.»

In unserem Geschäftsbereich Von Roll Transformers haben wir begonnen, den Nischenmarkt der erneuerbaren Energien zu erschliessen. Insbesondere Windkraftanlagen stehen im Fokus. Wir haben im Insulation und Composites Bereich bereits langjährige gute Kontakte zu namhaften Herstellern hergestellt. Von Roll hat innerhalb eines Jahres in enger Zusammenarbeit mit dem Kunden einen besonders kleinen und leistungsfähigen Spezialtranformator entwickelt, der direkt in die Säule des Windrads eingebaut wird und nicht mehr wie bisher, neben dem Windrad steht.

Der Bestelleingang wuchs um über 20 Prozent. Es braucht aber noch einiges, um die vor ein paar Jahren geweckten hohen Erwartungen zu erfüllen. Welches werden die wichtigsten Treiber sein?

Auf die vor Jahren von meinem Vorgänger geweckten Erwartungen möchte ich nicht eingehen. Vielmehr müssen jetzt harte Fakten geschaffen werden, auf Worte müssen auch Taten folgen. Wir überarbeiten derzeit unsere Unternehmensstrategie, daher können wir im Moment noch keine konkreten in die Zukunft gerichteten Aussagen machen. Die Energiebranche steckt derzeit im Umbruch. Der Trend geht hin zu neuen Energieformen, was auch neue Energieübertragungsleistung und neue Übertragungsnetze erfordert. An diesem Wandel können wir mit allen unseren Geschäftsfeldern teilhaben. Gemeinsam mit unseren Kunden entwickeln wir Produkte, die den neuen Anforderungen gerecht werden. Weitere Treiber sind einerseits der Aufbau einer zuverlässigen und leistungsfähigen Infrastruktur in den Emerging Markets und andererseits der Erneuerungsbedarf der Infrastruktur in den westlichen Industrieländern. Vor allem in Nordamerika gab es in den letzten Jahren einen Investitionsstau und der Bedarf an neuer Ausrüstung ist gross. In den USA sind beispielsweise die Transformatoren teilweise bis zu 40 Jahre alt, und das bei einer üblichen Lebensdauer von 30 bis 35 Jahre. Die neuen Transformatoren müssen kompakter, kleiner und trotzdem leiser sein. Wir haben Transformatoren entwickelt, die diese Anforderungen erfüllen.

Macht die Familie von Finck Druck, damit alles einen Zacken schneller geht? Schliesslich hat diese Investorengruppe beim letzen zwangsweisen Übernahmeangebot 8,33 Franken pro Aktie gezahlt, mehr als das doppelte des aktuellen Börsenkurses.

Unser Hauptaktionär steht voll und ganz hinter uns. Die Familie von Finck denkt langfristig, was ihre Investments betrifft. Wir stehen nicht unter Druck von aussen und nehmen uns die notwendige Zeit, um unsere Strategie fundiert und vernünftig auszuarbeiten. Mit einem Schnellschuss ist unserem Unternehmen nicht geholfen. Vielmehr erzeugen wir selbst den Druck und haben uns Meilensteine gesetzt, die wir nun nach und nach gemeinsam mit dem Operations Council abarbeiten. Idealerweise wird sich künftig der Wert unseres Unternehmens auch im Aktienkurs widerspiegeln.

Die Eigenkapitalquote ist mit 63,1 Prozent mehr als solide. Dennoch: Ist Ihnen die vor nicht allzu langer Zeit gegründete Bank Von Roll bei der Kapitalbeschaffung behilflich?

Die Bank Von Roll ist eine in jeder Hinsicht unabhängige Unternehmung, an der wir lediglich drei Prozent halten. Die Bank Von Roll ist uns bei der Kapitalbeschaffung nicht behilflich.

Trotz operativer Fortschritte sank der Reingewinn wegen der Währungsverluste um zwei Drittel auf 3,4 Millionen Franken. Wann kann Von Roll aufs volle Jahr gerechnet wieder mit 30 bis 40 Millionen Franken Reingewinn rechnen?

Mein Ziel ist es, Von Roll zu einem technologisch starken, stabil aufgestellten und Mitarbeiter motivierenden Unternehmen zu machen. Es ist noch zu früh, um eine Gewinnspanne zu nennen, solange wir die Planung unserer Unternehmensstrategie noch nicht vollständig abgeschlossen haben. Das würde nur zu falschen Spekulationen führen. Ich bitte Sie daher noch um etwas Geduld.

Was hat sich bezüglich Unternehmenskultur bei Von Roll geändert, seit Sie das Zepter von Thomas Limberger übernahmen?

Von Roll ist ein traditionsreicher Schweizer Industriekonzern mit einer über 200-jährigen Geschichte. Ich möchte erreichen, dass die Mitarbeiter wieder stolz darauf sind, bei Von Roll zu arbeiten. Die derzeit herrschende Unternehmenskultur nehme ich genau unter die Lupe und leite entsprechende Massnahmen daraus ab. Die sozialen Komponenten wie Mitarbeiter Identität und Vertrauen sind essentiell und können nur durch eine offene Kommunikation vermittelt werden. Ich lege grossen Wert auf Transparenz und versuche, die Mitarbeiter so gut es geht von Anfang an in Entscheidungen einzubinden. Das Feedback, das wir infolge der geänderten und transparenteren Kommunikation bislang von den Kollegen bekommen, ist durchaus positiv. Die Mitarbeiter erkennen an, nun mitreden zu können.

«Es muss in Zukunft ein besserer Technologietransfer von der Schweiz in die Wachstumsregion Asien erfolgen.»

Wie läuft die Rekrutierung von Führungspersönlichkeiten bei Ihnen ab?

Die Rekrutierung von Führungskräften läuft bei uns ähnlich ab wie bei den meisten internationalen Konzernen. Wir erstellen spezifische Anforderungsprofile, bewerten die Kandidaten und führen strukturierte Interviews mit unterschiedlichen geschulten Gesprächspartnern und Entscheidungsträgern aus unterschiedlichen Disziplinen. Bei besonderen Funktionen führen wir zudem Assessment Center durch.

Was halten Sie vom Schweizer Führungsnachwuchs generell?

Es ist schwierig, hier eine generell gültige Aussage zu machen. Im Allgemeinen ist der Schweizer Führungsnachwuchs meiner Meinung nach sehr gut ausgebildet, sehr interessiert und zudem gut international einsetzbar. Er kann im internationalen Wettbewerb gut mithalten.

Welche Rolle spielt das Management unterschiedlicher Kulturen bei Von Roll?

Als international aufgestelltes Unternehmen mit Standorten weltweit sind wir uns den Herausforderungen kultureller Unterschiede bewusst. Wir wissen, wie wir solche Herausforderungen meistern, ein Grossteil unseres Management Teams ist seit Jahrzenten im internationalen Geschäft tätig. Unsere neue Matrixorganisation erfordert zudem eine sehr enge Zusammenarbeit unserer Mitarbeiter über Grenzen hinweg.

Wie stark geht von Roll Asien an. Welchen Umsatzanteil sehen Sie dort in 2020?

Auch in diesem Zusammenhang bitte ich Sie noch um etwas Geduld. Nach der Verabschiedung unserer überarbeiteten Unternehmensstrategie kann ich mehr dazu sagen. Regional gesehen bieten uns alle Märkte Wachstumspotenzial. Natürlich spielt der Wachstumsmarkt Asien eine sehr wichtige Rolle. Es muss in Zukunft ein besserer Technologietransfer von der Schweiz in die Wachstumsregion Asien erfolgen. In der Region Asien erwarten wir ein weiterhin starkes Umsatzwachstum schwerpunktmässig der kurzzyklischen Produktbereiche des Kerngeschäfts. China und insbesondere Indien sind für uns wichtige Märkte, auf denen wir vor Ort präsent sind und unsere Präsenz auch weiter ausbauen.

Der Gesprächspartner:
Matthias Oppermann machte einen Universitätsabschluss als Diplomkaufmann an der Universität Hamburg, bevor er 1984 als Prüfungsleiter bei der Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft Arthur Andersen einstieg. Von 1990 bis 2003 war er Partner der Rechtsanwaltskanzlei Dr. Oppermann und Partner in Nürnberg und weiterhin Consultant für die Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft Arthur Andersen. 2003 bis 2004 war Oppermann Finanzvorstand und Vorstandsvorsitzender bei der Institut Fresenius AG in Taunusstein, Deutschland, von 2004 bis 2010 Managing Director der SGS Holding GmbH, Hamburg/Taunusstein. Seit Januar 2011 ist Matthias Oppermann CEO der Von Roll Holding AG.

Zum Unternehmen:
Das traditionsreiche Industrieunternehmen Von Roll hat sich nach mehrmaligen Restrukturierungen auf Produkte zur Energieerzeugung, -übertragung und –verteilung spezialisiert. Von Roll Insulation ist Weltmarktführer für Isolationsprodukte, -systeme und -services. Von Roll Composites stellt Verbundwerkstoffe her. Von Roll Transformers bietet Komplettlösungen für den stark expandierenden Markt der Hochleistungstransformatoren an. Von Roll Water stellt Lösungen für verfahrenstechnische Aufgaben in der Wasser- und Abwasseraufbereitung zur Verfügung. Von Roll Solar forscht an der Entwicklung einer Solarzelle der 3. Generation.

Symbolbild KF für CEO Interviews

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