Nicolas Vauclair, Geschäftsführer Genossenschaft Lenk Bergbahnen, im Interview

Nicolas Vauclair, Geschäftsführer Genossenschaft Lenk Bergbahnen, im Interview
Nicolas Vauclair, Geschäftsführer Genossenschaft Lenk Bergbahnen. (Foto: zvg)

von Bob Buchheit

Moneycab.com: Herr Vauclair, wie fühlten sich die ersten Wochen der Sommersaison in „Zeiten der Vorsicht“ an?

Nicolas Vauclair: Es tut gut, wieder fahren zu dürfen. Die abrupte Schliessung Mitte März hat weh getan, waren wir doch zu diesem Zeitpunkt unterwegs zu einem Spitzen-Winterergebnis. Die Mitarbeitenden sind froh, dass sie wieder Gäste, selbstredend unter Einhaltung unseres Schutzkonzeptes, begrüssen dürfen. Unsere Gondelbahnen ermöglichen, dass die Gäste faktisch pro Gruppe eine Kabine beanspruchen können. Selbst wenn es nur zwei Personen sind. Wir haben sogar den Personalbestand für den Betrieb erhöht, um die notwendigen Hygienemassnahmen einzuhalten. Dazu zählt auch die regelmässige Desinfektion der Kabinen.

Die Transportkapazitäten ermöglichen es also, dass niemand mit fremden Personen in die Gondel steigen muss. Wie sieht es aber bei der Gastronomie zu Stosszeiten über Mittag aus?

Die Lenk Bergbahnen betreiben selber keine Berghäuser. Diese sind seit Jahren an die Kappeler Gastro AG verpachtet. Auch wenn hoffentlich mehr Gäste als im vorherigen Sommer in die Berge kommen, erwarten wir keine grossen Probleme in der Berggastronomie. Die Häuser sind gross, bieten viel Platz – sowohl drinnen als draussen. Weiter müssen Gastronomiebetriebe ebenfalls Schutzkonzepte umsetzen. Dazu kommt, dass viele Sommergäste oft mit dem eigenen Picknick auf den Berg reisen und sich unterwegs während einer schönen Wanderung in unserer Region verpflegen.

«Wandern ist wieder im Trend, auch bei Jugendlichen. Naturnähe wird gesucht, Erholung und Entschleunigung.»
Nicolas Vauclair, Geschäftsführer Genossenschaft Lenk Bergbahnen

Im letzten Jahr kamen in den drei Sommermonaten zehn Prozent mehr Besucher. Hängt das auch mit den immer häufigeren Hitzewellen zusammen?

Aus meiner Sicht sind es diverse Faktoren, die zu einer Erhöhung der Gästezahlen am Berg führen. Das Wetter, sei es die Wärme während der Sommermonate in den Ballungszentren, als auch das schöne Wetter in den Bergen, sind sicher zwei davon. Wandern ist wieder im Trend, auch bei Jugendlichen. Naturnähe wird gesucht, Erholung und Entschleunigung. Wir erweitern auch jährlich die Angebote im Sommer, oft sind es noch kleine Schritte, aber sie gewinnen jährlich an Bedeutung und Attraktivität. Wir haben auch erfolgreiche Werbung für den Sommer, beispielsweise gezielt für den Gryden-Höhenweg, gemacht. Auch das Thema Bike wird immer präsenter.

Leider werden die bürokratischen Hürden für neue Konzepte immer höher, was aus meiner Sicht ein Widerspruch ist. Man wünscht sich eine Verstärkung des Bergbahnen-Geschäfts im Sommer, findet aber immer wieder neue Wege, Entwicklungen und Ideen zu bremsen oder zu verunmöglichen. Seit 2012 haben wir die Anzahl Sommer-Gäste fast verdoppelt. Hier wollen wir weitermachen. Nur schon diese neuen Gäste erwarten mehr als eine Bergfahrt und einen Wanderweg. Es sind neue Kunden mit anderen Bedürfnissen, die jetzt an die Lenk kommen.

Wird der Sommerertrag bald einem deutlich mehr als zehn Prozent vom gesamten Kuchen ausmachen?

Die aktuelle Strategie legt einen Zielwert für den Sommeranteil bei rund 15% vom gesamten Verkehrsertrag fest. Dabei wollen wir diese Zahl durch Erhöhung der Besucher im Sommer und nicht durch einen Einbruch der Wintergäste erreichen. Es ist eine Herausforderung, aber wir sind davon überzeugt, dass wir, zusammen mit unserem Bergbahnen-Partner in Adelboden (BAAG), alle Trumpfe in der Hand haben, um den Gästen ein genauso starkes Produkt in der warmen Jahreszeit bieten zu können, wie wir es mit unserem Winterprodukt „Adelboden-Lenk…dänk“ seit Jahren erfolgreich machen.

In letzter Zeit haben Sie sehr viel für die kleinen Gäste investiert. Zahlt sich das jetzt für Lenk als Familiendestination aus?

Der Betelberg an der Lenk hat sich als Familienberg das ganze Jahr erfolgreich positioniert. Die diversen Sommer-Trails und Themenwege sind sowohl thematisch als auch von der Schwierigkeit perfekt für Familien mit Kindern. Wir investieren auch weiter in Angebote für Familien mit Kindern. Diesen Sommer mit einer kompletten Neugestaltung vom (Winter-)Kinderland bei der Mittelstation Stoss. Als nächstes wollen wir beim im Bau befindlichen neuen Speichersee Leiterli eine Spiel- und Erholungszone für Familien umsetzen. Hier müssen noch diverse administrative Hürden gemeistert werden. Im ersten Anlauf wurde das Projekt durch die Behörde nicht bewilligt. Nun sind wir mit den Behörden in Kontakt um eine Lösung. Eine Investition in das Familiensegment, zahlt sich aus meiner Sicht immer aus, sind doch die Kleinen unsere Gäste von Morgen.

Investitionen in die Werthaltigkeit des Ausflugs sind Schlüssel zum Erfolg, von Trottibike-Abfahrten bis zu Höhenrundwegen. Wo liegen ab 2021 die Schwerpunkte?

Im Moment sind unsere Schwerpunkte beim Geschäftsfeld Sommererlebnis die Familienangebote mit Spielplatz am Speichersee Leiterli inklusive neue Murmelihöhle, die Erneuerung der Stationen des Murmeli-Trails. Bikeangebote wie die Flow-Trails Metsch und die Entwicklung vom „Mittelgebiet“ Metsch – Bühlberg – Hahnenmoos – Silleren zusammen mit den Bergbahnen Adelboden AG zu einem Sommererlebnisraum.

Wie sieht es bei all dem fröhlichen Bauen mit den ökologischen Fussabdruck aus?

Die Natur an sich bietet so viel: Flora, Fauna und Platz, damit „Abstand“, Ruhe und Erholung. Wir Bergbahnen ermöglichen einen mühelosen Zugang dazu. Ökologie und Nachhaltigkeit sind Themen die omnipräsent sind. Was ist nun ökologischer? Ferien in den Bergen, 100 Kilometer von zu Hause oder mit einem Flugzeug oder einem Kreuzfahrtschiff in die Ferne reisen? Die Lenk Bergbahnen beziehen Energie zu 100% aus zertifizierter CH-Wasserkraft. Wer die Natur liebt, soll Ferien in der Natur machen.

Rund 200 buchbare Ferienwohnungen stehen an der Lenk zur Verfügung. Die Lenk hat einen überdurchschnittlich hohen Zweitwohnungsanteil. Gibt es eine vernünftige Balance zwischen Hotellerie und Airbnb?

Ich glaube nicht, dass die Frage auf der richtigen Ebene liegt. Ob die Verhältnisse zwischen Hotellerie, Zweit- oder Ferienwohnungen in einer Balance untereinander liegen müssen, ist für mich nicht relevant. Es sind schlussendlich alles Betten, an der Lenk insgesamt um die 10‘000, die wir so gut wie möglich belegt haben wollen. Es liegt an uns, Bergbahnen, Gewerbe und übrigen Players im touristischen Umfeld, die entsprechenden Angebote und Produkte zu kreieren und zu bieten, damit genügend Wertschöpfung vor Ort generiert wird. Wenn wir einige starke Produkte richtig bewerben, dann kommen die Gäste. Mutig ist aber, sich im Bereich vom Marketing auf einige Lead-Produkte zu konzentrieren und diese ganz gezielt, stark zu vermarkten. Alle anderen Angebote sollen dann vor Ort präsentiert werden. Dank der vielen Zweitwohnungen können wir auf eine grosse Stammkundschaft zählen, die Jahr für Jahr eine Wintersaisonkarte kauft. Wenn diese Gäste weiterhin zu uns kommen, profitieren dann alle hier oben davon. Sporthändler, Detaillisten, Restaurants, Skischule, Landwirte…

«Die Verwaltung der Genossenschaft Lenk Bergbahnen hat zwei wichtige Kriterien für die Eigenkapitalquote festgelegt. Diese soll nicht unter 40 Prozent fallen und bis Ende 2026 zurück auf 70 Prozent sein.»

Ihre Eigenkapitalquote ist in den letzten Jahren immer gestiegen. Liegt sie jetzt im Zielkorridor?

Die Verwaltung der Genossenschaft Lenk Bergbahnen hat zwei wichtige Kriterien für die Eigenkapitalquote festgelegt. Diese soll nicht unter 40 Prozent fallen und bis Ende 2026 zurück auf 70 Prozent sein. Dies, da im Horizont 2028 – 2030 massive Erneuerungsinvestitionen in den Bahnen am Betelberg (Sesselbahnen Wallegg I & II sowie Gondelbahn Lenk – Stoss – Leiterli) fällig werden. Gleichzeitig wollen wir bis 2026 über 35 Millionen investieren. Dies verteilt in Beschneiung, Sommerangebote, Infrastrukturen/Fahrzeuge und Seilbahnen sowie Gastronomie.

In der „Strategie 2019-2026“ ist die Beschneiung mit rund 15 Millionen Franken der grösste Investitionsposten. Ist die Wasserversorgung langfristig durch den Bau des Speichersees Leiterli bombensicher?

Der Speichersee Leiterli ermöglicht 2/3 der beschneibaren Skipisten am Betelberg vollflächig zu beschneien. Somit können alle wichtigen Pisten als schneesicher betrachtet werden. Dazu verfügen wir über eine Wasserentnahmekonzession aus der Simme bis ins Jahr 2041. Mit dieser zusätzlichen Wassermenge, stellen wir die Beschneiung der übrigen Pisten und die Nachfüllung vom Speichersee am Betelberg ebenfalls sicher. Der Speichersee alleine ist noch lange keine Absicherung. Das Gesamtkonzept der Beschneiung am Betelberg ist für mich die langfristige Sicherheit für die Lenk als Skidestination. Ergänzt durch Wintererlebnisse und Sommererlebnisse ergibt das eine attraktive Palette an Angeboten, die auch mit den klimatischen Veränderungen in den nächsten Jahren zurechtkommen wird.

«Das Gesamtkonzept der Beschneiung am Betelberg ist für mich die langfristige Sicherheit für die Lenk als Skidestination.»

Aktuell werden Gespräche geführt, um das ÖV-inklusive Angebot auf das ganze Simmental, Saanenland und das Pay d’Enhaut auszuweiten. Wie ist da der Stand, und wie weit werden die Bergbahnen Lenk eingebunden sein?

Die Lenk Bergbahnen wurden über das Projekt und dessen Ziele informiert. Wir haben aber keine aktive Rolle dabei. Die Modellrechnungen wurden gemacht. Die involvierten Tourismusorganisationen und Standortgemeinden probieren nun, die notwendige Finanzierung zusammenzubringen.

Lenk Bergbahnen

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