Oliver Zwahlen, Country Manager Schweiz PIPM Group, im Interview

Von Helmuth Fuchs
Moneycab: Herr Zwahlen, während Sie sich mit der PIPM Group, auf den An- und Verkauf von Industrieanlagen und Maschinen spezialisiert haben, arbeiten Sie für Auktionen mit Dome Auctions zusammen. Was sind die Vorteile dieser Kooperation, wie sieht die Rollenverteilung zwischen PIPM und Dome Auctions aus?
Oliver Zwahlen: Unsere Kernkompetenz bei PIPM liegt in der professionellen Bewertung, Akquisition und Aufbereitung von Industrieanlagen und Maschinen über sämtliche Branchen hinweg. Dome Auctions ergänzt unser Angebot ideal durch eine moderne, digitale Auktionsplattform, welche die Reichweite, Transparenz und Effizienz beim Verkauf wesentlich erhöht. Während PIPM den gesamten Beschaffungs- und Vorbereitungsprozess übernimmt – von der Marktanalyse über das Projektmanagement bis zur technischen Dokumentation – ist Dome Auctions auf die Durchführung der Online-Auktionen spezialisiert. So entsteht eine Synergie, die Verkäufern wie Käufern gleichermassen zugutekommt.
«Wir sehen ein zunehmendes Interesse von Handwerksbetrieben, landwirtschaftlichen Unternehmen sowie ambitionierten Privatpersonen, die beispielsweise ihre eigene Werkstatt aufbauen möchten.» Oliver Zwahlen, Country Manager Schweiz PIPM Group
Wer ist das Zielpublikum für gebrauchte Industrieanlagen in der Schweiz, welche Branchen haben Sie im Fokus?
Unser Käuferkreis ist breit gefächert: Einerseits bedienen wir industrielle Unternehmen – vom mittelständischen Betrieb bis hin zu multinationalen Konzernen –, die gezielt nach hochwertigen gebrauchten Maschinen suchen. Andererseits sehen wir auch zunehmendes Interesse von Handwerksbetrieben, landwirtschaftlichen Unternehmen sowie ambitionierten Privatpersonen, die beispielsweise ihre eigene Werkstatt aufbauen möchten. Branchenübergreifend stehen dabei insbesondere die Metallbearbeitung, Bauindustrie, Textilindustrie, Pharmaindustrie, Lebensmittelverarbeitung sowie die Logistik im Fokus.
Die vier ersten Auktionen in der Schweiz finden bis Juni 2025 statt und sind vor allem für die Metallbaubranche. Wie sind die ersten Reaktionen, welche weiteren Pläne haben Sie für Auktionen in der Schweiz?
Die Resonanz auf unsere ersten Projekte ist sehr positiv. Die Qualität der Maschinenparks – insbesondere bei den Projekten aus der Metallbearbeitung – hat viele Interessenten auf nationaler wie internationaler Ebene angesprochen. Die Schweiz hat einen exzellenten Ruf für präzise und gepflegte Industrieanlagen, was sich in der Nachfrage widerspiegelt. Für die Zukunft planen wir, die Auktionsfrequenz zu erhöhen und weitere Branchen wie etwa die Agrarindustrie in unser Portfolio aufzunehmen.
Meistens kommen Sie wahrscheinlich bei Standortschliessungen oder Konkursen zum Zug. Aus welchen Branchen und Ländern kommen aktuell die meisten Anlagen und wohin gehen sie?
Tatsächlich sind Betriebsschliessungen, Restrukturierungen oder Insolvenzverfahren häufig der Anlass für eine Verwertung. Derzeit stammen viele Anlagen aus der DACH-Region, insbesondere aus der Schweiz und Süddeutschland. Die Käufer befinden sich überwiegend in Europa: Während hochwertige, jüngere Maschinen vor allem in Westeuropa Absatz finden – beispielsweise in Deutschland, Italien oder den Benelux-Ländern –, gehen ältere, aber funktionstüchtige Anlagen oft nach Osteuropa, etwa nach Polen, Rumänien oder Bulgarien. Auch die Nachfrage aus dem Nahen Osten und Nordafrika nimmt spürbar zu.
«Derzeit stammen viele Anlagen aus der DACH-Region, insbesondere aus der Schweiz und Süddeutschland. Die Käufer befinden sich überwiegend in Europa.»
Der Gründer von Dome Auctions, Wim Dieker, war zuvor Eigentümer von Troostwijk Auktionen, dem grössten Auktionshaus Europas für Industrie-Online-Auktionen. Sie selbst waren zuvor Geschäftsführer von Troostwijk in der Schweiz. Wie gross schätzen Sie den Markt für Industrie-Auktionen in der Schweiz, wie viele Anbieter können sich in diesem Markt profitabel etablieren?
Der Schweizer Markt ist verhältnismässig klein, aber qualitativ sehr anspruchsvoll. Das bedeutet, dass sich nur wenige Anbieter mit tiefem Marktverständnis, einem hochwertigen Netzwerk und exzellenter Abwicklung dauerhaft behaupten können. Ich schätze, dass sich mittelfristig maximal drei bis vier professionelle Akteure in der Schweiz profitabel etablieren können. Entscheidend wird sein, wer es schafft, technologische Innovationen, transparente Prozesse und persönliche Betreuung miteinander zu verbinden.
Welche Rolle spielt die Nachhaltigkeit in Ihrer Unternehmensstrategie? Gibt es messbare Ziele, wie beispielsweise CO₂-Reduktionen oder Materialeinsparungen durch den Erwerb von gebrauchten Anlagen gegenüber der Neuanschaffung?
Nachhaltigkeit ist für uns kein theoretisches Konzept, sondern gelebte Realität. Jede gebrauchte Maschine, die wir vermitteln, verlängert ihren Lebenszyklus und spart im Vergleich zur Neuproduktion erhebliche Mengen an Ressourcen und Energie – sei es durch die Einsparung von Rohstoffen oder durch reduzierte CO₂-Emissionen. Auch wenn wir aktuell noch keine exakten Kennzahlen ausweisen, ist die Weiterverwendung bestehender Industrieanlagen ein klarer Beitrag zur Kreislaufwirtschaft und zur Reduktion des ökologischen Fussabdrucks.
Die Schweizer Technologieindustrie zeigt derzeit eine verzögerte Erholung (z. B. Rückgang der Auftragseingänge um 3,3 % im Jahr 2024). Wie wirkt sich dies auf Ihr Geschäft aus?
Solche konjunkturellen Entwicklungen wirken sich bei uns auf zwei Ebenen aus: Einerseits erhöht sich das Angebot an Maschinen durch Betriebsverkleinerungen oder Investitionszurückhaltung – was unsere Einkaufsseite stärkt. Andererseits überlegen sich viele Unternehmen sehr genau, ob sie wirklich in Neuanlagen investieren wollen – und finden im Gebrauchtmaschinenmarkt eine wirtschaftlich attraktive Alternative. Das führt dazu, dass unsere Dienstleistungen in unsicheren Zeiten besonders gefragt sind.
Was sind Ihre langfristigen Visionen für PIPM Schweiz? Streben Sie eine Diversifikation des Geschäftsmodells an, beispielsweise durch den Einstieg in neue Branchen oder Märkte?
Unsere Vision ist es, PIPM als führenden Akteur im Bereich industrieller Verwertung zu etablieren – national wie international. Dabei schreiten wir bereits heute branchenübergreifend voran und kaufen Maschinenparks unter anderem aus der Bauindustrie, Energietechnik sowie aus dem Bereich Büro- und IT-Infrastruktur. Als nächstem strategischen Schritt prüfen wir zusätzliche Dienstleistungsmodelle wie etwa den Verkauf im Auftrag – beispielsweise auf Kommissionsbasis mit garantierter Erlössumme. Damit bieten wir unseren Kunden noch mehr Flexibilität und Planungssicherheit bei der Verwertung ihrer Anlagen.
«Als nächsten strategischen Schritt prüfen wir zusätzliche Dienstleistungsmodelle wie etwa den Verkauf im Auftrag – beispielsweise auf Kommissionsbasis mit garantierter Erlössumme.»
Die Digitalisierung und Künstliche Intelligenz beeinflussen die Entwicklung fast sämtlicher Industrien. Wie sieht es in Ihrer Branche aus, wo setzen Sie schon auf Künstliche Intelligenz?
Die Digitalisierung ist ein Schlüsselfaktor für unser Wachstum. Wir nutzen KI-gestützte Tools zur automatisierten Wertermittlung, für das Matching zwischen Käuferprofilen und Maschinen sowie zur Optimierung von Kampagnenperformance im Online-Marketing. Zukünftig wollen wir KI auch in der Analyse von Maschinendaten einsetzen, um potenziellen Käufern noch präzisere Informationen über Zustand, Laufleistung oder Wartungsbedarf zu liefern.
Zum Schluss des Interviews haben Sie zwei Wünsche frei, wie sehen die aus?
Erstens wünsche ich mir, dass mehr Unternehmen den Wert gebrauchter Maschinen nicht nur finanziell, sondern auch ökologisch erkennen – denn Wiederverwendung ist gelebte Nachhaltigkeit. Zweitens wünsche ich mir, dass wir weiterhin auf starke Partnerschaften und Vertrauen bauen dürfen – denn unser Geschäft basiert letztlich auf Menschen, nicht nur auf Maschinen.