Philipp Musshafen, CEO Hallenstadion, im Interview

Philipp Musshafen, CEO Hallenstadion, im Interview
Philipp Musshafen, CEO Hallenstadion. (Foto: zvg)

von Patrick Gunti

Moneycab.com: Herr Musshafen, von Helene Fischer über Ricky Gervais und Herbert Grönemeyer bis zu Andrea Bocelli bis hin zum Abschied von Elton John – welches war für Sie persönlich der Höhepunkt des Eventjahres 2023 im Hallenstadion?

Philipp Musshafen: Es gab sehr viele Höhepunkte, nur einen rauszupicken, wäre unfair allen anderen gegenüber. Neben den von Ihnen genannten waren für mich sicherlich der Auftritt von President Barack Obama, die immer wieder eindrücklichen Kompositionen von Hans Zimmer wie auch die akrobatischen Höchstleistungen der Cirque du Soleil-Artisten einige meiner Highlights. Zudem konnten wir auch im Corporate Bereich tolle Events mit sehr speziellen Eventkonzepten bei uns durchführen, was sehr erfreulich ist.

Wie viele Events wurden 2023 durchgeführt?

Alles in allem waren es gegen die 100 Eventtage.

Und wie viele Besuchende strömten in die Arena?

Wir haben uns über rund 800’000 Besuchende im Jahr 2023 bei uns im Hallenstadion gefreut.

Wie stark war der Nachholeffekt nach der Pandemie noch?

Der ist im Bereich der Public Events nun quasi verpufft. Es wurden alle «Nachholevents» durchgeführt. Und eine gewisse Normalität ist sowohl in der Vorlaufzeit wie auch in der Planung der Events zurückgekehrt. Bei Firmen- bzw. Kundenanlässen hingegen sieht es etwas anders aus. Persönlicher Austausch ist und bleibt wichtig, viele Firmen führen deshalb wieder vermehrt «Liveevents» durch.

«Teure Ticketpreise bei den Top-Acts gab es schon vor der Pandemie, die Nachfrage ist bei ihnen so gross, dass grosse Künstler sehr hohe Preise für Tickets verlangen können.»
Philipp Musshafen, CEO Hallenstadion

Die grossen Stars kompensieren mit ihren Touren die wegbrechenden Einnahmen von Tonträgern. Entsprechend sind die Ticketpreise so hoch wie nie. Wie stark sind die zum Teil exorbitanten Preise bei der Nachfrage spürbar?

Teure Ticketpreise bei den Top-Acts gab es schon vor der Pandemie, die Nachfrage ist bei ihnen so gross, dass grosse Künstler sehr hohe Preise für Tickets verlangen können. Generell sind die Preise für Konzerttickets gestiegen, aber das ist vermutlich – einige Ausnahmen bestätigen die Regel – mehr der geopolitischen Lage geschuldet mit Teuerungen, Fachkräftemangel, etc. Die Zulieferer hinter der Eventbranche kommen aus ganz normalen Branchen, die von der aktuellen Situation auf der Welt betroffen sind.

Im Gegensatz zu vor 10 Jahren verdienen grosse Stars durchaus wieder Geld dank den Streamingdiensten. Live-Events sind und bleiben jedoch der wichtigste Kanal, um mit den Fans zu interagieren und Begeisterungsmomente zu schaffen, weshalb Konzerte und Shows nach wie vor beliebt sind.

Nicht nur die Acts sind teurer geworden, auch die Hallenmieten, der Strom, das Material, die Gastronomie. Wie herausfordernd ist die Situation – zusammen mit dem allgegenwärtigen Fachkräftemangel?

Es ist extrem herausfordernd. Wir alle merken es selbst im täglichen Leben: in beinahe allen Bereichen sind die Preise in die Höhe geschnellt. Deshalb optimieren wir unsere Prozesse laufend, um Kosten einzusparen. Das geht aber auch nur bis zu einem gewissen Grad, denn wir wollen nicht, dass die Qualität leidet oder die Gäste zu kurz kommen. Bisher konnten wir grosse Umwälzungen der Kosten an die Veranstalter verhindern, wir haben im letzten Jahr lediglich eine sehr kleine Stromkostenpauschale erhoben. Und das, obwohl Zulieferer bis zu 30% teurer wurden. Dies wird sich in naher Zukunft wohl ändern, denn wir können nicht mehr alles selbst abfedern.

«Wir optimieren unsere Prozesse laufend, um Kosten einzusparen. Das geht aber auch nur bis zu einem gewissen Grad, denn wir wollen nicht, dass die Qualität leidet oder die Gäste zu kurz kommen.»

2023 war das erste Gesamtjahr für das Hallenstadion ohne die ZSC Lions. Welche positiven und negativen Folgen, die Umsatzeinbusse von 3 Mio Franken jährlich ausgenommen, hatte der Wegzug in die Swiss Life Arena?

Positiv für uns und unsere Kunden ist sicherlich die Verfügbarkeit des Hallenstadions, speziell auch für mehrtägige Events wie den Cirque du Soleil oder Musicals wie Les Miserables. Es wäre früher quasi undenkbar gewesen, einen solchen Event in den Spielplan der Eishockey-Liga einzubauen. Auch positiv ist, dass wir ohne eine feste Eisfläche doch einiges an Energie einsparen können. Als negativ kann man, wenn man den Umsatzverlust mal ausklammert, sagen, dass uns das Eishockey als Sport im Hallenstadion natürlich fehlt. Ein Hockeyspiel hat ganz spezielle Emotionen.

Anfang 2023 wurden als besonderes Besuchserlebnis die Studios eröffnet, dort wo früher Journalisten die Spiele der ZSC Lions mitverfolgten. Wovon profitieren die Besuchenden und wie gross war die Nachfrage?

Die Studios sind für uns so etwas wie das Einsteigerprodukt in den VIP-Bereich. Ich vergleiche das gerne mit der Economy Plus im Flugzeug. Die Besuchenden des Studios können den VIP-Eingang nutzen, haben ihr eigenes 12er Studio mit bester Sicht auf die Bühne, ein Getränkepaket ist bereits im Preis inkludiert, weitere Getränke und Food sind im Self-Service. Es handelt sich um ein lockeres aber doch gehobeneres Angebot. Grundsätzlich braucht es Zeit, bis sich ein solches Angebot für Gruppen ab 6 Personen rumgesprochen hat. Wir sind aber zufrieden mit der Nachfrage und eine Auslastung von rund 60% im ersten Jahr lässt sich gut sehen.

Wie gut sind die VIP-Logen gebucht?

Mit der Auslastung der VIP-Logen sind wir sehr zufrieden. Speziell die drei sogenannten «Designlogen» (Theo Jakob, de sede, noeline) sind teilweise sehr stark nachgefragt. Das sind die Logen, welche nicht in einer Dauermiete sind und pro Event gebucht werden können.

«Viele Firmen haben das Gefühl, dass man mit 500 oder 750 Personen nicht ins Hallenstadion kann, da es viel zu gross ist. Jedoch ist das ganz und gar nicht so.»

Im April fand im Hallenstadion die, wie wir mittlerweile wissen, letzte Generalversammlung der CS im Hallenstadion statt. Wie stand es generell um die Nachfrage von Firmenkunden in diesem Jahr?

Die Nachfrage von Firmenkunden ist gross. Jedoch ist es auch so, dass bei Events zwischen 500 – 1000 Personen die Konkurrenz im Raum Zürich extrem gross ist. Das ist toll für die Kunden, da sie ein grosses Angebot an Locations haben, aber für uns natürlich eine Herausforderung, welche wir aber gerne annehmen. Denn wir wissen, was wir für eine hohe Professionalität und Qualität mitbringen.

Ist das Hallenstadion für Corporate Events nicht eigentlich zu gross?

Nein! Jedoch haben wir immer noch mit dem Image «too big» zu kämpfen. Viele Firmen haben das Gefühl, dass man mit 500 oder 750 Personen nicht ins Hallenstadion kann, da es viel zu gross ist. Das ist auch nachvollziehbar, wenn man in den Medien von ausverkauften Konzerten mit 15’000 Besuchenden liest. Jedoch ist das ganz und gar nicht so. Durch unsere Multifunktionalität macht die Arena für Events ab 500 Personen durchaus Sinn und die Ränge – schön ausgeleuchtet – sind bereits eine kostenlose Dekoration. Früher hatte man das Gefühl, man müsse die Arena optisch verkleinern. Heute aber nutzt man diese Grösse als Inszenierungsfläche. Man kann bei uns mehr als 200 Screens mit eigenem Content bespielen, so dass das Hallenstadion quasi zur eigenen Firmen-Location wird. Dazu kommt unsere gute Anbindung an den ÖV, das Parkhaus, viel Platz für die Produktion um die Arena und das grosse Know-How unserer Mitarbeitenden. Und jede Firma möchte mit ihrem Event ja auch etwas aussagen. Und ein Firmenevent im Hallenstadion durchzuführen, hat durchaus eine gewisse Aussenwirkung für die Unternehmung.

Ein besonderes Augenmerk gilt auch Kongressen, wo Sie sich finanzielle Unterstützung von Stadt und Kanton erhoffen. Wie ist hier der Stand der Dinge?

Wir sprechen hier vor allem von internationalen Kongressen. Wir sind betreffend Unterstützung in sehr engem Austausch mit Zürich Tourismus und auch mit der Stadt und dem Kanton. Ein internationaler Grosskongress mit 3000 Besuchenden bringt der Region eine riesige Wertschöpfung. Das geht beispielsweise schnell gegen die 15’000 Logiernächte. Es werden erhöhte Umsätze im Detailhandel, in der Gastronomie und auch im Bereich ÖV gemacht und viele solcher Kongressteilnehmer verlängern ihren Aufenthalt dann privat noch um ein paar Tage. Daher sind solche Veranstaltungen äusserst lukrativ für eine Region. Genau das wissen auch die Veranstalter und erwarten daher finanzielle Unterstützungen für ihren Event.

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