Roland Leuenberger, CEO Repower, im Interview

Roland Leuenberger, CEO Repower, im Interview
Repower-CEO Roland Leuenberger. (Foto: zvg)

von Bob Buchheit

Moneycab.com: Herr Leuenberger, Ihr Standardstromprodukt Grischunpower wird für 2023 nur knapp 13 Prozent teurer. Das ist wenig im Vergleich zu den happigen Preisen, welche die Welschschweizer bald zahlen müssen und wird die Verbraucher freuen. Wie schafft Repower das?

Roland Leuenberger: Wir beliefern unsere Kundinnen und Kunden in der Grundversorgung hauptsächlich mit Strom aus unseren eigenen Wasserkraftwerken. Unser Energietarif orientiert sich also primär an den eigenen Gestehungskosten und nicht an den massiv gestiegenen Preisen an den Energiemärkten. Aus diesem Grund fällt die Tariferhöhung in der Grundversorgung für Repower-Kundinnen vergleichsweise moderat aus.

Gilt die moderate Erhöhung auch über alle Preiskomponenten hinweg für Ihre anderen ökologischen Stromprodukte?

Für Purepower (erneuerbare Energien hauptsächlich von unabhängigen Produzenten) und Solarpower (100 Prozent Sonnenenergie) steigen die Stromtarife über alle Preiskomponenten (Netztarif plus Energietarif) hinweg gegenüber dem Vorjahr um 11,5 Prozent beziehungsweise 11 Prozent, also sogar weniger stark als für das Standardprodukt Grischunpower.

«Unser Energietarif orientiert sich primär an den eigenen Gestehungskosten und nicht an den massiv gestiegenen Preisen an den Energiemärkten.»
Roland Leuenberger, CEO Repower

Als starker Eigenversorger dürften Sie wohl eher «verhalten gelassen» in diesen Winter gehen, oder?

Die Situation mit den extrem hohen Strompreisen verbunden mit einer hohen Volatilität ist aussergewöhnlich und Fehleinschätzungen können einschneidende Konsequenzen haben. Wichtiger denn je ist jetzt ein sorgfältiges Risikomanagement. Die Liquiditätsanforderungen für Handelsaktivitäten sind massiv gestiegen, und mit den hohen Preisen ist auch das Risiko grösser, dass Handelspartner der Repower in wirtschaftliche Notlagen geraten könnten. Repower beobachtet die Entwicklungen sorgfältig und trifft wann immer möglich geeignete Massnahmen, um Risiken so weit wie möglich abzuschwächen.

Was bedeuten die horrenden Erdgaspreise für Ihr Gaskombikraftwerk in Teverola?

Die hohen Preise für Gas beeinflussen natürlich auch den sogenannten Spark Spread, die Bruttomarge aus dem Verkauf von Strom und dem Einkauf von Gas. Beim Gaskombikraftwerk Teverola ist für uns aber ein anderer Aspekt noch wichtiger: die Nachfrage nach Regelenergie in Italien. Das Gaskombikraftwerk Teverola produzierte in der Vergangenheit vor allem Regelenergie, mit welcher das Stromnetz in der Region Centro-Sud stabil gehalten wurde. Die Nachfrage nach dieser Energie ist im laufenden Jahr in ganz Italien stark zurückgegangen.

«Die hohen Preise für Gas beeinflussen natürlich auch den sogenannten Spark Spread, die Bruttomarge aus dem Verkauf von Strom und dem Einkauf von Gas.»

Der EBIT-Beitrag des Segments «Markt Italien» ist im H1 stark gesunken. Wie sehen Sie da die nähere Zukunft?

Unser Geschäft in Italien steht auf drei soliden Pfeilern: Es gibt den Energieverkauf an KMU, die Produktion von erneuerbaren Energien vor allem mit Solar und Wind sowie das Gaskombikraftwerk Teverola. Die ersten beiden Pfeiler haben im ersten Halbjahr gute Ergebnisse erzielt. Das Gaskombikraftwerk Teverola jedoch hat nach einigen sehr starken Jahren aus den vorhin erwähnten Gründen im ersten Halbjahr 2022 ein vergleichsweise schwaches Ergebnis erzielt.

Repowers Stromproduktion aus den Wasserkraftwerken in der Schweiz fiel im ersten Halbjahr rund 30 Prozent tiefer aus als im Vorjahr – hauptsächlich wegen der geringeren Niederschläge. Sieht es jetzt wegen der doch deutlichen Schneeschmelze besser aus?

Die Niederschlagsmenge ist insbesondere in den Südtälern immer noch weit unterdurchschnittlich und auch die Schneeschmelze war im Frühling mit Blick auf die Stromproduktion ungünstig verlaufen. Leider war auch der Sommer sehr trocken. Was wir jetzt bräuchten, ist ein nasser Herbst mit viel Regen, damit wir mit gefüllten Speicherseen in den Winter gehen können.

Bei den Netzmanagementlösungen arbeiten Sie mit dem Elektrizitätswerk der Stadt Zürich ewz zusammen. Was sind Entwicklungs-Highlights?

Repower hatte zusammen mit weiteren Schweizer Energieunternehmen die EVUlution AG gegründet, welche innovative Soft- und Hardware-Lösungen für die Netzinfrastruktur entwickelt. Unter anderem entwickelte die EVUlution den bisher einzigen in der Schweiz offiziell zertifizierten Smart Manager. Mit ewz als neuen Mitaktionär hat die EVUlution AG diesen Sommer auch die Tätigkeit der ewz-Tochterfirma smart grid solutions AG übernommen und das Angebotsportfolio durch die Smartbox-Technologie zusätzlich erweitert. Wir sind durch diese starke Partnerschaft bestens gerüstet für die Weiterentwicklung zukunftsorientierter Netzmanagementlösungen.

«Wir sind bestens gerüstet für die Weiterentwicklung zukunftsorientierter Netzmanagementlösungen.»

Netto betrachtet musste Repower im ersten Halbjahr 132 Mio. CHF an Sicherheitsleistungen erbringen. Wofür?

Es handelt sich dabei um Sicherheitsleistungen gegenüber der Börse und Handelspartnern. Parallel zu den Strompreisen sind auch die mit dem Stromhandel verbundenen Sicherheitsleistungen gestiegen. Dadurch verschärfen sich für die Energieunternehmen auch die Liquiditätsrisiken.

Repower ist auch im internationalen Stromhandel tätig. In früheren Jahren hat die Schweiz damit netto Milliarden verdient. Wie sehen Sie die Gewinnchancen?

Der internationale Stromhandel ist für die Schweizer Stromversorgungssicherheit zentral. Unter anderem wegen des stark subventionierten Zubaus der Erneuerbaren in Deutschland entstanden für die Schweizer Marktteilnehmer in den letzten Jahren aber vor allem Milliardenverluste. Diese müssen nun zuerst einmal kompensiert werden, damit auch wieder Geld für dringende Investitionen in der Schweiz zur Verfügung steht. Der einheimische Zubau von erneuerbarer Stromproduktion würde auch zur Stromversorgungssicherheit in Europa beitragen. Doch leider werden die für den Handel notwendigen Grenzkapazitäten ab 2025 von der EU für die Schweiz um 70% reduziert.

Sie wollen nun das Projekt des Wasserkraftwerks Chlus im Prättigau wieder aufnehmen und forcieren. Gibt es schon einen detaillierteren Zeitplan?

In den nächsten vier Jahren wollen wir sowohl das Konzessionsgenehmigungsverfahren wie auch das Bauprojektverfahren zum Abschluss bringen können. Dafür werden wir nochmals einen zweistelligen Millionenbetrag in die Hand nehmen. Erst danach werden wir über einen allfälligen Bau definitiv entscheiden können. Wenn dem so wäre und alles perfekt klappen würde, würde das Wasserkraftwerk Chlus ab 2032 gut 230 GWh zusätzlichen Strom produzieren. Das sind knapp 10% des in der Energiestrategie 2050 vorgesehenen Zubaus von Wasserkraftstrom.

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