Stephan Rüdlinger, Geschäftsführer Raurica Wald AG, im Interview

Stephan Rüdlinger, Geschäftsführer Raurica Wald AG, im Interview
Stephan Rüdlinger, Geschäftsführer Raurica Wald AG.

von Bob Buchheit

Moneycab.com: Herr Rüdlinger, wieso bleiben Sie im zukünftigen Produktionsunternehmen im aargauischen Full in der Minderheit, obwohl Sie die Hälfte der Industrieparzelle doch zusammen mit der Firma Kuratle gekauft haben?

Stephan Rüdlinger: Beim Projekt in Full werden wir unsere Rolle als Waldvertreterin wahrnehmen und uns für das Projekt einsetzen, sodass wir es regional bestmöglich abstützen können. Dies gilt sowohl für die Versorgung mit Holz als auch für die Entsorgung des Holzes. Allerdings ist unsere Kernkompetenz nicht das Betreiben eines Holzindustriebetriebes, weshalb wir es auch nicht als entscheidend ansehen, über eine Mehrheit zu verfügen.

«Waldvertreterin», das klingt ja fast wie die gute Fee des Holzes?

Die Raurica Gruppe sieht sich in der Pflicht, gemäss unseren statutarischen Aufträgen in Projekte zu investieren, welche die Nutzung des regionalen Holzes fördern. Das haben wir vor vielen Jahren mit der Beteiligung in das Holzkraftwerk Basel getan. Weiter haben wir in eine Altholzaufbereitung investiert, um die Versorgungssicherheit der Werke zu erhöhen und den Waldholzabsatz zu sichern.

Mit der Beteiligung in die Fagus Suisse SA haben wir eine völlig neue Verarbeitung von Buchenholz initiieren können. Auch dort sind wir nur – in Anführungsstrichen – minderheitsbeteiligt, allerdings von erster Stunde an als eine treibende Kraft, um das Projekt voranzubringen.

Hat das neue Kind schon einen Namen?

Nein, dies wird ein Teil der Projektarbeit sein: einen guten Namen für die Firma zu finden.

Was ist das Besondere der 66’000 m2 Land in Full-Reuenthal, 50 Kilometer östlich von Basel?

Die Parzelle ist für uns verkehrstechnisch gut gelegen. Wir werden dort in der Lage sein, sowohl die Anlieferung als auch die Auslieferung per Bahn und LKW zu machen. Zudem ist es ein Standort, welcher gut bebaut werden kann und an welchem wir ein intelligentes Layout realisieren können.

«Wir werden mit der neuen Industrieparzelle in der Lage sein, sowohl die Anlieferung als auch die Auslieferung per Bahn und LKW zu machen.»
Stephan Rüdlinger, Geschäftsführer Raurica Wald AG

Welche Herausforderungen sind betreffend Logistik da zu stemmen?

Wir sind als Raurica bereits jetzt in dieser Region tätig. Insbesondere durch die grossen Absatzmengen an Energieholz, welche wir für unsere Kunden bereitstellen dürfen, ist die Region im Aargau für uns kein unbekanntes Gebiet.

Die ohnehin grosse vertikale Integration der Raurica Wald AG nimmt mit der Full Property AG noch zu. Gibt es bald irgendetwas, was Sie in Ihrem Unternehmen in der Wertschöpfungskette nicht abdecken?

Wir werden uns stets an unserem Leitbild orientieren, welches sich wiederum an die erwähnten Statuten anlehnt. Dabei geht es darum, die Wertschöpfungskette so zu gestalten, dass für den Wald ein fairer Preis übrigbleibt, welcher aber auch langfristig Bestand haben kann. Nach diesen Grundsätzen entscheiden wir jeweils, wo eine Investition für uns sinnvoll sein kann und wo nicht. Zudem müssen wir schauen, dass wir unsere Möglichkeiten nicht überschätzen, denn wir sind noch immer eine kleine Firmengruppe.

Sie wollen sicherlich den nötigen Fremdfinanzierungsanteil zu guten Konditionen zu erreichen. Ist das bei den jetzt angespannteren Marktkonditionen ein Problem?

Die mögliche Finanzierung ist eine der Hauptaufgaben in den nächsten Monaten. Gemeinsam mit der Kuratle Group sind wir aber sehr optimistisch, dass wir eine gute Eigenkapitalbasis haben werden, welche die Fremdkapitalbeschaffung vereinfachen wird.

Mit der Energiekrise ist Heiz- und Stromholz im Aufwind. Was sind die Vor- und Nachteile?

Ein sehr grosser Vorteil ist sicherlich, dass Holz einen höheren Wert erhält, was dringend nötig ist für die Waldbesitzer in der Schweiz. Wenn die energetische Nutzung jedoch zu einer direkten Konkurrenz zur stofflichen Nutzung wird, sollte man Vorsicht walten lassen. Aus unserer Sicht ist die Kaskadennutzung immer in den Vordergrund zu stellen. Abgesehen davon wird die energetische Nutzung von Holz auch immer im Wettbewerb zu anderen Technologien stehen. Die Investition und der Betrieb eines Holzheizkraftwerks sind relativ aufwändig. Wenn die Holzpreise in einem solchen System nicht eine gewisse preisliche Stabilität haben, gefährdet dies die Realisierung gewisser Projekte. Fakt ist, dass Biomasse nicht unendlich verfügbar ist für die energetische Nutzung.

«Wenn die energetische Nutzung zu einer direkten Konkurrenz zur stofflichen Nutzung wird, sollte man Vorsicht walten lassen.»

Auf dem Firmengelände in Muttenz steht die bereits erwähnte Anlage zur Aufbereitung von Altholz aus Möbeln, Neu- oder Rückbauten. Wie läuft die Aussortierung von unbrauchbaren Bestandteilen technisch ab?

Eine erste Sortierung erfolgt bereits bei der Anlieferung. Heikle Sortimente, wie beispielsweise druckimprägniertes Holz, werden bereits von unseren Partnern vorsortiert angeliefert und unser Personal achtet tagtäglich sehr gut darauf, dass es da keine Vermischung gibt.

Eine zweite Grobsortierung findet bei der Beschickung der Schredder statt. Wenn der Baggerführer relevante Fremdstoffe feststellt, sortiert er diese aus. In der Anlage werden nach der ersten Schredderstufe zuerst grobe Metallteile mittels eines Magneten aussortiert. Nach der zweiten Schredderstufe werden mit einem weiteren Magneten kleinere Metallteile aussortiert und mit einem Nichteisen-Abscheider werden nichtmagnetische Metalle ebenfalls aussortiert. Bei Bedarf können wir zudem den Feinanteil aus dem Material aussortieren und so kundenspezifische Sortimente herstellen.

Ist druckimprägniertes oder behandeltes Holz am anspruchsvollsten?

Druckimprägniertes Holz wie Bahnschwellen oder Telefonmasten dürfen in Anlagen wie der unsrigen nicht verarbeitet werden. Sie werden unverarbeitet wieder weitergegeben, damit sie in geeigneten Anlagen entweder verarbeitet oder direkt verbrannt werden können.

Wird die betriebliche Expansion etwas an Ihrer Dividendenpolitik ändern?

Unsere Dividendenziele bleiben vorerst unangetastet. Im Endeffekt hat aber die Generalversammlung zu entscheiden, ob mehr Kapital für Investitionen oder für die Dividende verwendet werden soll. Eine Dividende ist für uns ein wichtiges Werkzeug, um einen Teil des Erfolges an die Waldbesitzer zurückgeben zu können, welche bei uns grossmehrheitlich die Aktionäre stellen.

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