Suzanne Thoma, CEO BKW, im Interview

Suzanne Thoma, CEO BKW, im Interview
BKW-CEO Suzanne Thoma. (Foto: BKW)

von Patrick Gunti

Moneycab.com: Frau Thoma, die BKW blickt auf ein erfolgreiches Geschäftsjahr 2017 zurück. Der Umsatz stieg um 5,1%, das operative Betriebsergebnis um 9,6% und der Reingewinn sogar um 15,9% auf 271 Mio Franken. Die Strategie der Reduzierung der Abhängigkeit vom Strompreisniveau durch die Umwandlung der BKW in eine Gesamtdienstleisterin scheint aufzugehen.

Suzanne Thoma: Ja, wir sind erfreut darüber, dass die Transformation gelingt. Wir richten das Energiegeschäft konsequent auf die Zukunft aus, entwickeln die Netze weiter und wachsen mit dem Dienstleistungsgeschäft in attraktiven Märkten.

Der Umsatz im angesprochenen Dienstleistungsgeschäft stieg letztes Jahr um 30%. Welchen Anteil hat der Bereich mittlerweile an der Gesamtleistung?

Mittlerweile setzen wir schon mehr als jeden vierten Franken im Dienstleistungsgeschäft um. Was aber noch wichtiger ist als das Umsatzwachstum: Das Geschäft ist auch profitabel. Den Gewinn im Dienstleistungsbereich konnten wir um 46 Prozent verbessern.

Was macht den Bereich so interessant und welche langfristigen Ziele verfolgen Sie im Dienstleistungsgeschäft?

Wir sind in den Bereichen Engineering, Gebäudetechnik und im Netzinfrastrukturgeschäft tätig. Das sind alles sehr interessante Märkte. Der Bereich Gebäudetechnik wächst stark – einerseits technologiegetrieben, andererseits getrieben durch strengere Gebäudevorschriften. Die Infrastruktur ist vielerorts veraltet oder sanierungsbedürftig. Zudem sind die Anforderungen an Nachhaltigkeit und breitem Nutzen heute höher als früher. Hier können wir mit unseren Kompetenzen im Bereich Engineering oder auch im Bereich Netzinfrastrukturen unterstützen.

«Die Gebäudetechnik-Sparte von Alpiq war für uns nie ein ernsthaftes Thema.»
Suzanne Thoma, CEO BKW AG

Im vergangenen Jahr hat die BKW über 20 Firmen gekauft, die in der Gebäudetechnik, dem Ingenieurwesen im Infrastrukturbereich und in der Netzinfrastruktur tätig sind. Wird die BKW entsprechende Investitionen in ähnlichem Umfang fortführen?

Wir haben im vergangenen Jahr gut 150 Mio Franken in den Aufbau des Dienstleistungsgeschäfts investiert. Wir werden auch 2018 in ähnlichem Umfang wachsen. Allerdings ist Wachstum immer auch opportunitätsgetrieben. Es kann also gut auch mehr oder weniger sein.

Alpiq hat seine Gebäudetechnik-Sparte nach Frankreich verkauft. War dieser Kauf für BKW nie ein Thema?

Wir wachsen derzeit stark über Akquisitionen. Wir schauen aber darauf, dass eine einzelne Akquisition nicht so gross ist, dass die erfolgreiche Umsetzung der Strategie davon abhängen kann. Deshalb war es für uns nie ein ernsthaftes Thema.

«Es ist klar, dass wir die «low-hangig-fruits» bereits geerntet haben.»

Auch 2018 und 2019 werden die Strompreise die Rechnung belasten. Werden die Einbussen auch weiterhin auf ähnlichem Niveau zu kompensieren sein? Wo kann noch optimiert, wo noch mehr Effizienz erreicht werden?

Wir rechnen auch im laufenden Jahr mit negativen Strompreiseffekten, die wir kompensieren müssen. Durch die optimale Bewirtschaftung unserer flexiblen Produktionsanlagen sowie mit dem Handelsergebnis und dem weiterwachsenden Dienstleistungsgeschäft sollten wir die Effekte wieder kompensieren können. Es braucht natürlich auch weiterhin ein konsequentes Kostenmanagement. Hier lassen wir nichts unversucht. Aber es ist klar, dass wir die «low-hangig-fruits» bereits geerntet haben.

Der Kanton Bern bleibt auch künftig Mehrheitsaktionär der BKW. Sie hatten sich im vergangenen Jahr für einen Rückzug des Kantons ausgesprochen. Ihre Reaktion?

Für die BKW ändert sich mit dem Beteiligungsgesetz nichts. Bereits heute hält der Kanton Bern einen Anteil von 52.4% an der BKW. Die BKW hat übrigens ein sehr gutes Einvernehmen mit dem Kanton Bern als Aktionär und konnte sich in den letzten Jahren erfolgreich entwickeln. Der Kanton hat das unternehmerische Interesse der BKW immer sehr hoch gewichtet.

Die Kritik von KMUs im Kanton Bern, die sich an den Übernahmen der BKW im Gebäudetechnik-Bereich stören, wird mit dem Entscheid nicht leiser werden. Wie sehen Sie die Situation?

Nachdem das Kantonsparlament nun festgehalten hat, dass die Mehrheitsbeteiligung des Kantons bestehen bleibt, sehen wir das relativ entspannt.

«Mit unseren über 350’000 Kleinkunden erwirtschaften wir einen EBIT-Anteil von rund 20 Mio Franken. Damit saniert man ein Energiegeschäft nicht.»

Mit Monopolen bei der Stromversorgung und im Netzgeschäft hat die BKW letztes Jahr rund 90 Mio Franken verdient. Für die BKW sind das erfreuliche Einnahmen. Welche Nachteile hat das Monopol auf der anderen Seite?

Man müsste vielleicht sagen «nur» 90 Mio. Franken. Gemessen am investierten Kapital ist das ein sehr geringer «Gewinn». Alleine im Netz haben wir 1.8 bis 2 Mrd Franken investiertes Kapital. Mit der regulierten Kapitalverzinsung sind wir da in Grössenordnung von 70 Mio Franken Gewinn. Dieser ist zwar stabil, aber gering. Und mit unseren über 350’000 Kleinkunden erwirtschaften wir einen EBIT-Anteil von rund 20 Mio Franken. Damit saniert man ein Energiegeschäft nicht. Alleine im Dienstleistungsgeschäft erwirtschaften wir bereits mehr als das Doppelte.

Ende 2019 geht das Kernkraftwerk Mühleberg vom Netz. Wie weit ist die BKW mit den Vorbereitungen?

Das Projekt ist auf Kurs, die Vorbereitungen laufen. Wir rechnen damit, dass wir gegen Mitte des Jahres die Stilllegungsverfügung des BFE erhalten werden. Die sollte dann bis Ende 2019 rechtskräftig sein. Hier sind alle Ampeln auf Grün.

Wie schätzen Sie die Entwicklung in den einzelnen Bereichen des BKW-Geschäfts im laufenden Jahr ein?

Im Energiegeschäft nutzen wir die neuen Chancen des Strommarkts mit der immer volatileren Produktion. Natürlich ist das Geschäft auch weiter mit negativen Preiseffekten konfrontiert, aber die sollten wir erneut kompensieren können. Das Netzgeschäft bleibt stabil und das Dienstleistungsgeschäft wird auch 2018 weiterwachsen.

Die Dividende steigt um 20 Rappen auf 1,80 Franken je Titel. Dürfen die Anleger auch in den kommenden Jahren mit steigenden Ausschüttungen rechnen?

Dieser Entscheid liegt in der Kompetenz des Verwaltungsrates. Mit 1,80 Franken sind wir im Moment gut positioniert.

Frau Thoma, besten Dank für das Interview.

Zur Person:

Geb. 1962, Schweizerin
Dr. sc. techn., dipl. Chemieingenieurin ETH

Suzanne Thoma leitete ab 2010 den Geschäftsbereich Netze der BKW, bevor sie 2013 zur CEO ernannt wurde. Bis 2009 leitete sie die Division Automotive WICOR Group in Rapperswil. Zuvor führte sie als CEO die Rolic Technologies Ltd., ein High-Tech-Zulieferunternehmen der Elektroindustrie. Davor war sie während 12 Jahren für die Ciba Spezialitätenchemie AG in verschiedenen Funktionen und Ländern tätig.

Zum Unternehmen:

Die BKW Gruppe ist ein international tätiges Energie- und Infrastrukturunternehmen mit Sitz in Bern. Sie beschäftigt über 6’000 Mitarbeitende. Dank ihrem Netzwerk von Firmen und Kompetenzen bietet sie ihren Kundinnen und Kunden umfassende Gesamtlösungen an. So plant, baut und betreibt sie Energieproduktions- und Versorgungsinfrastrukturen für Unternehmen, Private sowie die öffentliche Hand und bietet digitale Geschäftsmodelle für erneuerbare Energien. Das Portfolio der BKW Gruppe reicht heute von der Planung und Beratung im Engineering für Energie-, Infrastruktur- und Umweltprojekte über integrierte Angebote im Bereich der Gebäudetechnik bis zum Bau, Service und Unterhalt von Energie-, Telekommunikations-, Verkehrs-, und Wassernetzen.

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