Timo Steitz, CEO ShoeSize.Me

Timo Steitz, CEO ShoeSize.Me

Timo Steitz, CEO ShoeSize.Me

Von Helmuth Fuchs

Moneycab: Herr Steitz, Gratulation zum Titel „Best Swiss Internet Startup of the Year 2015“. Ihre Lösung bringt Ordnung in den Wirrwarr von unterschiedlichen Schuhgrössen in unterschiedlichen Ländern und von unterschiedlichen Herstellern. Wie sind Sie auf die Idee gekommen und wer setzt heute Ihre Lösung schon ein?

Timo Steitz: Vielen Dank! Ja, um genau zu sein können wir sogar für jedes Modell eine passende Grösse berechnen. Denn auch Modelle innerhalb einer Marke fallen unterschiedlich aus. Die Idee ist mir in meinem ersten Job nach dem Bachelor Studium gekommen. Ich habe bei einem Premium-Schuhhändler und Produzenten von massgefertigten Schuhen gearbeitet. Dort war ich jeden Tag mit dem „Schuhgrössenchaos“ konfrontiert und begann langsam über mögliche Lösungsansätze nachzudenken.

«Basierend auf einem Schuh, der bereits passt, findet ShoeSize.Me die passende Schuhgrösse für jedes gewünschte Modell.» Timo Steitz, CEO ShoeSize.Me

Heute sind wir in 10 Online Shops integriert und 10 weitere aus 5 verschiedenen Ländern folgen in Kürze. In der Schweiz sind die grössten und bekanntesten Kunden sicherlich LaRedoute und Vögele Shoes. Wir arbeiten aber auch direkt mit Schuhmarken, wie z.B. GNL Footwear oder rubirosa.com aus der Schweiz, zusammen.

Wie finden Sie die für mich richtige Schuhgrösse, jede Marke hat doch ihren eigenen Schnitt und online kann ich ja keine Schuhe anprobieren?

Das ist korrekt und genau diese beiden Herausforderungen des Online-Shoppings lösen wir. Über die letzten zwei Jahre haben wir erkannt, dass man die richtige Schuhgrösse aus den Erfahrungswerten von anderen Käufern bestimmen kann.

«Im Vergleich zur Konkurrenz setzen wir auf eine komplett datengetriebene Lösung anstatt auf klassische Messverfahren»

Mit diesem Konzept haben wir einen Algorithmus entwickelt: Basierend auf einem Schuh, der bereits passt, finden wir die passende Schuhgrösse für jedes gewünschte Modell. Als Online Shopper muss man also lediglich einen Schuh nennen, den man bereits besitzt und der gut passt. Die präzise Schuhgrössenempfehlung ersetzt somit das Anprobieren von Schuhen.

Gute Ideen werden schnell kopiert oder es entwickeln sich weltweit parallel verschiedene Lösungen. Wie sieht es aus mit der Konkurrenz, zum Beispiel vFit, wo haben Sie einen Entwicklungsvorsprung oder ein Alleinstellungsmerkmal?

Ich denke in jedem Geschäftsfeld, in dem ein klares Kundenbedürfnis vorherrscht, entwickeln sich mit der Zeit konkurrierende Lösungen.

«Neben den Grössenempfehlungen sehen wir auch ein grosses Potential in personalisierten Schuhempfehlungen.»

Im Vergleich zur Konkurrenz setzen wir auf eine komplett datengetriebene Lösung anstatt auf klassische Messverfahren. Weder die Webshops, welche unser Plug-In implementieren, noch deren Kunden müssen Schuhe oder Füsse vermessen. Unsere Lösung ist deshalb für beide Parteien mit deutlich weniger Aufwand verbunden als ähnliche Produkte.

Die Reduktion von Rücksendungen wegen unpassender Schuhgrössen dürfte für Online-Händler eine relevante logistische und finanzielle Grösse sein. Gibt es schon Erfahrungen, welche Einsparungen Ihre Lösung bringen kann?

Die Einsparungen bei Rücksendungen sind ein wichtiger Aspekt unseres Geschäftsmodells. Wir haben in den letzten Monaten am Markt jedoch auch gelernt, dass es einen weiteren sehr relevanten Gesichtspunkt gibt.

Die Unsicherheit bezüglich der zu wählenden Schuhgrösse ist einer der Hauptgründe, weshalb Kunden online ihren Kauf abbrechen oder erst gar nicht online kaufen. Unsere Kunden setzen unsere Lösung deshalb vermehrt dafür ein, die Kaufsicherheit der Besucher und damit die Verkaufszahlen zu steigern. Auch die Kundenzufriedenheit wird mit unserem Tool gefördert.

Wir führen ständig Qualitätskontrollen durch und konnten nachweisen, dass die Wahrscheinlichkeit eines Kaufs mit der Nutzung von ShoeSize.Me deutlich zunimmt und die Wahrscheinlichkeit einer Retoure deutlich abnimmt. Genaue Zahlen werden wir in Zukunft veröffentlichen.

Wie viele Ihrer Daten müssen Sie selbst erheben, welchen Anteil liefern Ihnen Kunden über Crowdsourcing?

Wir verwerten verschiedene Datenstreams aus verschiedenen Quellen, die in Ihrer Verknüpfung und mit der Anwendung des Algorithmus dann die Grössenempfehlung ergeben. Es kommt immer ein bisschen auf den Fall an, wieviele Daten des Shops durch uns aufbereitet und verwertet werden müssen.

Ihre Lösung liesse sich theoretisch gut auf weitere Bereiche, wie zum Beispiel Bekleidung, ausweiten. Wie beurteilen Sie die Chancen hierfür, welche weiteren Themen könnten Sie mit Ihrer Lösung angehen?

Grundsätzlich wollen wir unseren Lösungsansatz in Zukunft auch auf Kleidung übertragen – erste Kundenanfragen haben wir hierfür schon. In diesem Bereich sind sicherlich grosse Chancen vorhanden. Wir werden uns aber zunächst klar auf Schuhe fokussieren, da es hier eine hohe Nachfrage gibt und wir eine solide Kompetenz aufgebaut haben. Neben den Grössenempfehlungen sehen wir auch ein grosses Potential in personalisierten Schuhempfehlungen. Ausserdem möchten wir auch Schuhherstellern in Zukunft Indikationen und Auswertungen geben können, wie ihre Schuhe ausfallen, damit diese ihre Produktion optimieren können.

«Um die nächsten Wachstumsschritte zu finanzieren, werden wir von Investoren unterstützt. Aktuell führen wir hierzu gerade eine Finanzierungsrunde durch.»

Der Sitz Ihres Unternehmens ist in St. Gallen, Ihre Kunden dürften aber wohl eher grosse, internationale Retailer sein. Was heisst das für die Wachstumsphase, wo wird dieses stattfinden und wie wollen Sie das Wachstum finanzieren?

Im Geschäft mit digitalen Produkten hat man als Unternehmen natürlich den Vorteil, dass man von überall seine internationalen Kunden bedienen kann. Dies hat uns auch von Anfang an eine internationale Ausrichtung erlaubt. Wir sind momentan in den relevantesten europäischen eCommerce Märkten (DACH, Frankreich, Spanien, Benelux und Skandinavien) präsent. Dort bauen wir ein Kundennetzwerk beginnend mit kleinen Markenshops bishin zu grossen internationalen Retailern auf. Danach planen wir das Produkt auch weltweit – vorallem in den USA – zu platzieren. Um die nächsten Wachstumsschritte zu finanzieren, werden wir von Investoren unterstützt. Aktuell führen wir hierzu gerade eine Finanzierungsrunde durch.

Ihre Lösung bewegt sich an den Schnittstellen von Big Data, Analyse, Digitalisierung, Online und Offline. Wie und wo finden Sie für die Expansion die nötigen Spezialisten?

Auch hier setzen wir auf ein internationales Team: Gute Entwickler findet man meist im osteuropäischen Raum, gute Daten-Analysten in der Schweiz und im deutschsprachigen Raum und im Vertrieb setzten wir auf Landsfrauen und -männer aus den jeweiligen Ländern. Ich bin überzeugt, dass man heutzutage beim Aufbau eines Internet-Start-Ups auch viel mit dezentralen (remote) Teams arbeiten muss, um schnell, flexibel und mit den richtigen Leuten ans Ziel zu kommen.

Zum Schluss des Interviews haben Sei zwei Wünsche frei, wie sehen die aus?

Ich würde mir wünschen, dass wir in Europa offener und vielleicht auch etwas „riskikofreudiger“ werden gegenüber der Startup Kultur, jungen Firmen und neuen Ideen. Ausserdem wünsche ich mir, dass wir auf unseren bisherigen Erfolgen weiter aufbauen können.

Der Gesprächspartner:
Timo Steitz: geboren 1989 in München, deutsch/finnisch, Abitur in München, Bachelor in Business Administration University of St.Gallen; Management Erfahrung bei Ertl/Renz GmbH, München (Hersteller und Händler von Premiumsportbekleidung und massgefertigten Schuhen).

Master of Science in „Innovation & Entrepreneurship“ an ESADE Business School in Barcelona und parallel Master of Science „CEMS“ an der Aalto University in Helsinki.

Das Unternehmen:
ShoeSize.Me ist ein innovatives, aufstrebendes Unternehmen und widmet sich der Aufgabe, das Online-Shopping von Schuhen mit Hilfe von personalisierten Grössenempfehlungen zu vereinfachen. ShoeSize.Me wurde Ende 2012 ins Leben gerufen und hat in enger Zusammenarbeit mit Schuhhändlern, Online-Shops und Endverbrauchern eine intelligente und leistungsstarke Lösung für das Schuhgrössenchaos entwickelt. ShoeSize.Me ist mit mehreren Preisen ausgezeichnet worden und heute nutzen Online-Händler in 5 verschiedenen europäischen Ländern bereits die Technologie. Unsere Vision ist es, für jeden Schuh, der online verkauft wird, eine Schuhgrössenempfehlung bereitzustellen. https://shoesize.me/

Mitte April wurde das Unternehmen mit dem Titel „Best Swiss Internet Startup 2015“ ausgezeichnet. ShoeSize.me konnte eine dreiköpfige Fach-Jury im Startzentrum Zürich überzeugen und hat sich so an die Spitze von acht vielversprechenden Internet Startups gesetzt. Damit hat sich ShoeSize.Me für das Finale der Schweizer „Startup-Battle“ qualifiziert, das im Rahmen der Startupfair, der grössten nationalen Messe für die Startupbranche, am 2. Juli 2015 im Zürcher Kaufleuten stattfindet. www.startupfair.ch

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