Cloud Computing verlangt neue Führungskompetenzen

Cloud Computing verlangt neue Führungskompetenzen

Von Claudia Schwers, Partner bei Heidrick & Struggles.

Zürich – Um die Versprechen des Cloud Computing erfüllen zu können, benötigen sowohl Cloud-Services-Anbieter als auch Chief Information Officer Bereiche neue, andere  Kompetenzen und spezifische Leadership-Eigenschaften. Firmen tun daher gut daran, sorgfältige Einstellungsprozesse durchzuführen und auf die richtigen Kernkompetenzen zu setzen. Heidrick & Struggles führte diverse Gespräche mit Führungskräften aus der Cloud-Computing-Anbieter und Anwender- Industrie und analysierte die neuen Anforderungen.

Investitionen in Cloud Computing wachsen laut der International Data Corporation fünfmal so rasch wie Investitionen in traditionelle Unternehmenstechnologien. Unternehmen setzen verstärkt auf Cloud Computing, um ihre Effizienz zu steigern, Kosten zu optmieren und Prozesse zu vereinfachen. 149 Mrd. USD soll der Markt im 2014 laut einer Prognose von Gartner Group umsetzen. In diesem Umfeld lassen sich viele Businessmodelle verwirklichen. Dabei vergessen Firmen aber oft, dass das Anbieten und Anwenden von neuen Technologien auch neue Führungseigenschaften und Skills erfordert.

Interviews mit Exponenten von Cloud-Services-Anbietern zeigten, dass die neue Technologie auf alle Führungsbereiche einen Einfluss hat. Für CEO’s im Service Provider Umfeld bringt das Wachstum von Cloud Computing beispielsweise zwei Veränderungen. Erstens muss der CEO eine klare Businessstrategie für diesen Industriezweig aufzeigen können und zweitens wird das Erkennen und Einstellen der richtigen Talente zur Unterstützung und Umsetzung der Strategie noch wichtiger.

Einfluss auf alle Führungskräfte bei Cloud Services Anbietern
Auf Service Provider Seite muss im Vertrieb von Cloud Computing Angeboten neu längerfristig und in Perioden geplant werden. Es wird nicht mehr nur eine Komplettlösung verkauft oder eine Software implementiert. Stattdessen wird eine erste kleine Division installiert und darauf aufbauend weitere Lösungen in längeren Vertriebszyklen eruiert. Es gibt keine einzelnen Big-Deals mehr sondern zahlreiche kleinere Projekte. Führungskräfte im Sales müssen deshalb verstärkt Personal rekrutieren, das bereit ist, die höhere Anzahl an kleineren Deals zu managen. Der sogenannte „consultative selling“ Ansatz wird wichtiger. Der Vertriebsleiter wird sein Team neu ausrichten und auch neue Vertriebswege überdenken und implementieren müssen. „Direktvertrieb und/oder Telefonvertrieb und/oder Partnervertrieb“ dürfte dabei eine neue  Rolle spielen, wie auch die Incentivierungsmechanismen und die Verrechnungsmodelle. Dies setzt wiederum unterschiedliche Anforderungen an die Skills in den Vertriebs- und Vertriebscontrolling-Bereichen und in der Führung dieser Bereiche voraus.

Die im Kundenkontakt eingesetzten Marketinginstrumente werden zunehmend zu einem Bildungstool. Die Geschichte des Services muss erzählt und verkauft, die Komplexität dabei reduziert werden. Es werden vermehrt Marketingfachleute nachgefragt, die es verstehen, in einer klaren und simplen Sprache, die Vorteile von Cloud Computing empfängergezielt zu kommunizieren, die Kundenbedürfnisse abzuholen und so neue Businessmodelle und Absatzmärkte zu erschliessen.

Neue Talentanforderungen im Entwicklungsbereich
Im Bereich „Entwicklung“ wird der Ruf nach Experten lauter, welche die Finessen der neuen Technologie verstehen und auch umzusetzen vermögen. Ein sophistiziertes Cloud-Computing-System ist ein äusserst kompliziertes Konstrukt. Dies zu designen und die Architektur festzulegen wird zunehmend komplexer und die notwendigen Anforderungen an die Entwicklungsbereiche werden einer reduzierten Anzahl an kompeteten Lösungsarchitekten gegenüber stehen. Zudem sind die kürzeren Entwicklungsphasen im Cloud Computing eine grosse Herausforderung und Belastung, der Führungskräfte gewachsen sein müssen.

Ein weiteres Problem stellen die grösseren Anforderungen an den Kundenservice dar. Vor der Ära der Cloud-Service-Leistungen haben viele Firmen kaum Servicevereinbarungen festgehalten. Bei 24/7 Kundenservice oder Servicelevel Agreements gibt es nun oftmals Probleme. Um hier nicht zu viele Ressourcen investieren zu müssen, braucht es qualitativ hochstehende Lösungen. Fehlerlose Lösungen sorgen für weniger Serviceaufwand und vor allem für zufriedene Kunden. Dies ist umso wichtiger, als dass im Cloud-Bereich oftmals kurzfristige Kontrakte vereinbart werden und die Kunden einfach zu einem anderen Anbieter wechseln können. Es geht darum, den Kunden durch Topserviceleistungen zu binden, nur so wird man auf dem Markt bestehen und gleichzeitig wertvolle Einsparungen im Kundensupport tätigen können. Dieses Bewustsein muss im Leitungsteam verankert sein und intern entsprechend vermittelt werden können.

CIO als Key Player – Position wird immer wichtiger
Die wichtigste Veränderung durch Cloud Computing kommt auf Anwenderseite auf deren Chief Information Officer (CIO) zu. In den verganenen Jahren haben sich die Anforderungen an CIO‘s grundsätzlich geändert, indem die Position, zu Recht, immer mehr an Bedeutung gewinnt. So ist ein erfolgreicher CIO heute verstärkt ein Manager, der es verstehen muss, die Anforderungen der Businessbereiche in eine effiziente Prozess- und IT-Landschaft zu übersetzen. Dabei muss er wichtige Kriterien wie die Gleichgerichtetheit, gemeinsame Lösungsfindung und zeitnahe Lösungsumsetzung in einem kollaborativen Stil mit dem Business erzielen und erfüllen. Durch das Aufkommen von Cloud-Lösungen werden CIO‘s zusätzlich gefordert. Sie müssen das Potenzial für ihre Firmen erkennen und richtig einsetzen. Dabei nehmen sie intern die Rolle des CEO-Beraters ein und müssen sich mit allen Teilbereichen von Cloud Computing fachlich auskennen:

• Sicherheit
Der Sicherheitsaspekt wird überall als einer der kritischsten Bereiche betrachtet. Gerade die Finanzindustrie zeigt sich in Teilbereichen daher gegenüber Cloud-Lösungen eher noch zurückhaltend. Für CIO‘s ist System- und Datensicherheit daher einer der wichtigsten Entscheidungsfaktoren. Dabei stellt sich die Frage, welche und wie viele Inhalte das Unternehmen bereit ist, in externe Clouds zu stellen bzw. wo es private Clouds oder wo hybride Lösungen einsetzen will. Bei der Entscheidungsfindung spielen auch positive Sicherheitsaspekte eine Rolle. Der Aufwand bei Datentransfers oder Wiederaufbau bei Datenverlusten kann durch Cloud-Lösungen von Wochen auf Tage verringert werden.

• Serviceintegration
Technische Abteilungen sind gefordert, die externen Provider so zu managen und zu integrieren, dass der Betrieb innerhalb der Organisation nicht beeinträchtigt wird. Dabei braucht der CIO nicht nur technisches und operatives Verständnis. Er braucht auch die Fähigkeit, effizient durch die ganze Organisation hindurch kommunizieren zu können.

• Technisches Talent
Die Nachfrage nach CIO‘s, die das richtige technische Talent mitbringen, steigt nachweislich. Sie müssen nicht nur Offenheit für neue Technologien mitbringen, sondern auch die Bereitschaft, kalkulierbare Risiken bei Innovationen einzugehen. Dies setzt allerdings ein komplexes technisches Grundwissen voraus und das Verständnis der Architektur des Speicherumfelds, Server Virtualisierung, Middleware oder spezifischen Dienstleistern wie z.B. VMWare, Salesforce.com, Citrix, F5 oder Savvis.

• Legal / Compliance / Privatsphäre
Besonders in stark regulierten Industrien muss sich ein CIO mit den Risiken und komplexen Themen auseinandersetzen, dies in Zusammenarbeit mit den entsprechenden Rechts- und Compliance-Abteilungen. In kleineren Firmen heisst dies oft, auch externe Beratungsleistungen in Anspruch zu nehmen. CIO‘s sollten daher befähigt sein, mit Sicherheits-, Legal- und Compliance-Modellen zu arbeiten.

• Anbieter-Management
Die Auseinandersetzung mit dem Anbieter ist für CIO‘s bei Cloud-Computing-Lösungen viel intensiver als bei herkömmlichen Software-Angeboten. Das System ist wie eine Art Outsourcing eines Teilbereichs der Firma. Hier stehen die Fähigkeiten eines Anforderungs- und Qualitätssicherungsmanagments an den  CIO ebenso im Vordergrund wie die Durchsetzungsfähigkeit individualisierte Lösungen dort anzustreben, wo Cloud Computing Standardlösungen nicht den gewollten Vorteil für das Business oder die internen Kunden bieten.

Die Evolution der Technologiebranche in Richtung Cloud-Computing-Lösungen hat für Anbieter und Konsumenten wichtige Konsequenzen. Bei der Nomination von Führungskräften sollten die neuen Anforderungen daher zwingend in den Auswahlprozess miteinfliessen. Nur so wird Cloud Computing für die Firma zur Chance. (Heidrick & Struggles/mc/ps)

Über Heidrick & Struggles
Heidrick & Struggles ist ein weltweit tätiges und auf Vermittlung und Beratung von Führungskräften spezialisiertes Unternehmen mit Niederlassungen in Zürich und Genf.

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