digitalswitzerland: Der Wert von richtigen und sicheren Daten wird unterschätzt

digitalswitzerland: Der Wert von richtigen und sicheren Daten wird unterschätzt
Swiss Data Space Forum an der HSLU in Rotkreuz. (Foto: zvg)

Zürich – In der Schweiz gibt es weit über 100 Plattformen und Projekte für die gemeinsame Nutzung von Daten durch Unternehmen, Verwaltungen und Forschungsinstitutionen. Dies ergibt eine erstmals durch die Berner Fachhochschule durchgeführte Studie «Data-Sharing-Initiativen und Datenräume in der Schweiz», welche im Rahmen des Swiss Data Space Forum an der HSLU in Rotkreuz vorgestellt wurde. Das grosse Potenzial solcher Dateninitiativen kann sich aber nur sehr beschränkt entfalten, da sie bisher wenig bekannt und untereinander kaum vernetzt sind.

Bemängelt wird vor allem die oftmals unzureichende Qualität der Daten aufgrund ungenügender Standards und Absprachen oder dass Informationen zur Qualität der zur Verfügung gestellten Daten gänzlich fehlen. Die Qualität und Verknüpfbarkeit der Daten sind entscheidend, um beispielsweise im Bereich der Gesundheit Leistungen gezielt zu verbessern und Kosten zu senken oder Verkehrsinfrastrukturen besser zu planen und auszunutzen. Gefordert werden gezielte Investitionen in digitale Kompetenzen und Dateninfrastrukturen.

Im Auftrag von digitalswitzerland und der Swiss Data Alliance führte die Berner Fachhochschule erstmals eine Erhebung und Analyse von «Data-Sharing-Initiativen und Datenräume in der Schweiz» durch. Fünf Faktoren fasst die Studie zusammen für die erfolgreiche Weiterentwicklung eines Schweizer Datenökosystems. Der Autor der Studie, Prof. Stephan Haller, bekräftigt: «Wir haben einen Wildwuchs vorgefunden und rechnen mit einer Vielzahl weiterer Initiativen. Auf der einen Seite ist es gut, dass sich etwas bewegt. Allerdings ist die Mitwirkung des privaten Sektors sowie der Austausch zwischen den Initiativen noch ungenügend. Andererseits fehlen Standards zur Beschreibung und Sicherung der Datenqualität.»

Am 2. September diskutierten rund 150 Fachleute in Rotkreuz die Anregungen u.a. aufgrund der Ausführungen von Prof. Dr. Georges-Simon Ulrich, Direktor des Bundesamts für Statistik, und von Daniel Markwalder, Delegierter des Bundesrates für Digitale Transformation und IKT-Lenkung. Folgende Punkte zeigten sich als zentral, insbesondere für den Bereich der Daten der öffentlichen Verwaltung:

  • Ein besseres gemeinsames Verständnis für die enorme Bedeutung der Daten in der breiten Bevölkerung, unter Parlamentariern und in der Regierung. Konkrete Anwendungsfälle sollen den praktischen Nutzen für Wirtschaft und Gesellschaft verdeutlichen.
  • Rechtliche Grundlagen, welche die Nutzung von Daten für Forschung, Entwicklung und Planung ermöglichen, beispielsweise für Städteplanung, Pharmaforschung, Simulation der Benutzung von Verkehrsinfrastrukturen für Logistik (sog. Sekundärnutzung von Daten).
  • Klärung von Verantwortlichkeiten und Aufbau statt Abbau von Kompetenzen von Data Stewards, die wie Schatzmeister darauf achten, dass alle Daten richtig, sauber und sicher und unter Beachtung des Datenschutzes nutzbar sind.
  • Die Verbindlichkeit von minimalen Standards, welche die Verknüpfung von Daten ermöglichen – horizontal unter Bundesämtern und vertikal zwischen Bund, Kantonen und Gemeinden.
  • Der Schutz der Privatsphäre und von Geschäftsgeheimnissen durch selbst auferlegte Regeln und wo notwendig eine übergeordnete Gesetzgebung.
  • Und die Entwicklungen bestehender Initiativen sollen weiter verfolgt und konstruktiv unterstützt werden.

Aus der Fülle der Anregungen werden in den nächsten Wochen einige priorisiert und konkretisiert, und zwar nach dem konkreten Wert für die Menschen in der Schweiz und den Wirtschafts- und Forschungsstandort. Dabei sollen, wo möglich, bestehende Initiativen unterstützt werden, wie insbesondere gesetzliche Grundlagen für die Sekundärnutzung von Daten oder den Verfassungsartikel, welcher es erlaubt, verbindlich minimale, interoperable Standards festzulegen.

Das riesige Potenzial von Data-Sharing-Initiativen wurde durch Logistik- und Pharmaunternehmen unterstrichen: So werden 97% der in Krankenhäusern erhobenen Daten nicht genutzt. Und durch aktuelle Daten können Fahrten vermieden, Verkehr reduziert und die Umwelt entlastet werden. Letzteres soll durch die Mobilitätsdateninfrastruktur (MODI) erreicht werden, welche unter der Leitung von Christa Hostettler, Direktorin des Bundesamts für Verkehr entwickelt wird.

Die parlamentarische Sicht fasst Ständerat Matthias Michel zusammen: «Die Schweiz braucht eine nationale Datenpolitik, die nahtlos in die Digitalpolitik eingebettet ist und über föderale Silos hinausgeht. Der nächste Schritt ist, gemeinsame Regeln und eine öffentliche Dateninfrastruktur zu schaffen, auf die sich alle verlassen können.»

Die Bedeutung der Zusammenarbeit von verschiedenen Akteuren betont André Golliez, Präsident der Swiss Data Alliance: «Die gemeinsame Nutzung von Daten über Organisationsgrenzen hinweg birgt ein enormes Potenzial. Wir möchten den Projekten, die das schon heute praktizieren, eine Stimme geben, damit ihre Anliegen auch politisch gehört werden».

Zukunftsgerichtete Investitionen in Dateninfrastruktur werden neben physischen Infrastrukturen wie Schienen, Tunnels oder Strassen komplett unterschätzt. Andreas Meyer, Präsident von digitalswitzerland: «Qualitativ hochwertige Daten sind die zentrale Voraussetzung für den verantwortungsvollen Einsatz künstlicher Intelligenz. Sind diese unvollständig oder veraltet, wirkt sich das unmittelbar auf die Ergebnisse aus. Wie wenn KI wie eine Kuh mit schlechtem Futter genährt wird, muss man sich nicht wundern, wenn das Tier nicht gesund ist und keine gute Milch gibt.»

Die vollständige Studie finden Sie hier. (digitalswitzerland)

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